Wahrer Wert

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Der wahre Wert einer Größe kann unter verschiedenen Gesichtspunkten charakterisiert werden:

  • Der wahre Wert ist der Wert, den man in einer perfekten absolut fehlerfreien Messung erhalten würde.
  • Messtechniker beschreiben ihn nach DIN 1319-1 prozessorientiert als den Wert, den man durch Sammeln von Daten/Messwerten möglichst genau zu ermitteln versucht.
  • Die Kommission Metrologie im DIN hat es im VIM so formuliert: "Der Wert, der mit der Definition einer betrachteten speziellen Größe übereinstimmt".

Statistik/Datenanalyse

Die Bestimmung des wahren Werts einer Größe gehört zu den Aufgaben der Statistik/Datenanalyse..[1] Die Erhebung von Daten kann als Messvorgang aufgefasst werden. [2] Beispiele für die anschließende Reduktion und Darstellung der Daten.[3] findet man in der deskriptiven Datenanalyse und in der explorativen Datenanalyse.

Beispiele für unterschiedliche Problemfelder zur Bestimmung des wahren Wertes einer Größe:

  • Die inferenzielle Datenanalyse schließt von der erhobenen Stichprobe auf die Eigenschaften in der nicht erhobenen Grundgesamtheit. Beispiel: Die Einschaltquote für Fernsehsendungen.
  • Messung von Naturkonstanten. Beispiel: Der wahre Wert der Lichtgeschwindigkeit c.
  • Messung von Zusammenhängen. Beispiel: Der wahre Wert der an einer Schwingung einer Schraubenfeder beteiligten Masse, bestimmt aus dem Zusammenhang zwischen Schwingungsdauer der Schraubenfeder und der angehängten Masse.

Andere Methoden dienen der Überprüfung über die Art von Modellannahmen, zum Beispiel:

  • Ist die Annahme, die Daten seien normalverteilt, (in etwa) angemessen. (Quantile-Quantile-Plot, Wahrscheinlichkeitspapier)
  • oder über Symmetrien in der Verteilung und mögliche Ausreißer (Quantil-Plot[4]).
  • Die Analyse und Interpretation von Residuen in einer Regressionsanalyse, u.a. auf das Vorhandensein eines systematischen Fehlers und die Verteilung der zufälligen Fehler.
  • Die Analyse und Interpretation von Achsenabschnitten und Nullstellen eines aus Zusammenhängen ermittelten Funktionsgraphen, u.a. auch auf Hinweise über einen systematischen Fehler.

Physik und DIN-Norm 1319

Der wahre Wert einer physikalischen Größe ist der Wert, den man durch Auswertung von Messungen möglichst genau zu ermitteln versucht (DIN 1319-1).

Der wahre Wert unterscheidet sich von Messwerten um die systematischen und zufälligen Messabweichungen (frühere Bezeichnung: Messfehler). Es gilt also in der in der Mathematik üblichen additiven Schreibweise[5]

Wahrer Wert = Messwert + systematische Abweichung + zufällige Abweichung

Zufällige Abweichungen streuen in Betrag und Vorzeichen, eine systematische Abweichung kann sowohl positiv als auch negativ sein. Da jede Messung ungenau ist, weichen die Messwerte vom wahren Wert ab. Dieses Gedankenmodell beschreibt die Situation klar und präzise, ist aber in dieser Form für die Praxis untauglich; denn in der Praxis sind nur die Daten (die Messwerte sind Daten im Sinne der Statistik) und nicht der genaue Wert der anderen Größen bekannt.

In der Praxis muss dieses Gedankenmodell modifiziert werden.[6] Aus den Daten wird ein Schätzwert (Prognosewert) für den wahren Wert bestimmt und danach die Unterschiede zwischen dem Schätzwert und den Daten berechnet, die in diesem Modell zur Unterscheidung von den Abweichungen Residuen genannt werden. Für Experimente gilt also

Schätzwert für den wahren Wert = Messwert + Residuum[7]

Residuen können sowohl positiv als auch negativ sein, je nachdem, ob der Messwert kleiner oder größer als der Schätzwert für den wahren Wert ist. Zwei besondere Schätzwerte seien erwähnt:

  • Der Median der Daten. Er ist robust gegenüber Ausreißern und minimiert die Summe der Abstände zwischen Schätzwert und Messwert.
  • Das arithmetische Mittel der Daten. Es reagiert empfindlich gegenüber Ausreißern, für diesen Schätzwert ist die Summe der Residuen Null und die Summe der Residuenquadrate minimal.

Eine Analyse und Interpretation der Residuen sowie andere oben genannte Methoden sollen Auskünfte über die Genauigkeit der Angabe über den wahren Wert sowie über die Angemessenheit von Modellannahmen erbringen. Am Ende der Rechnung wird ein Intervall angegeben, das durch seine Konstruktion möglichst oft den wahren Wert enthält. Eine Sicherheit, dass der wahre Wert in diesem Intervall liegt, gibt es jedoch nicht.

Die Theoriengebäude der klassischen Physik erlauben eine sinnvolle Auffassung vom wahren Wert einer Messgröße, im Bereich der Atome und subatomaren Teilchen muss dagegen die Quantenmechanik angewandt werden. In dieser Theorie hängt die Annahme oder Ablehnung der Existenz von wahren Werten von der gewählten Interpretation bzw. Formulierung ab (siehe Interpretationen der Quantenmechanik).

Im Allgemeinen ist der wahre Wert ein Wert, der aus einer Theorie oder einem Modell folgt: Die die physikalischen Zusammenhänge beschreibenden mathematischen Formeln arbeiten mit den wahren Werten der Größen.

Beispiel Fallgesetz
Die mathematische Formulierung setzt für den Weg s, die Fallbeschleunigung g und die Zeit t wahre, d. h. fehlerfreie Werte voraus. In Messwerten gelesen wäre die Beziehung nicht exakt erfüllt. Aber aus Messwerten/Daten lässt sich der wahre Wert der Fallbeschleunigung g annähern und genau das macht diese Gleichung und die Auswertungsverfahren in diesem Zusammenhang interessant.

Naturgesetze werden in der Regel zunächst erst einmal versuchsweise formuliert und daraufhin mit Hilfe von Experimenten geprüft.

Da wahre Werte nicht messbar, sondern lediglich mit Hilfe von Intervallen eingrenzbar oder „lokalisierbar“ sind, gestaltet sich das Überprüfen schwierig. Eine Bestätigung von Naturgesetzen ist demzufolge immer nur im Rahmen der Messunsicherheit möglich. Die Metrologie weist der Analyse und Verarbeitung von Messabweichungen zentrale Bedeutung zu.

Der wahre Wert sollte nicht mit dem Istwert einer Regelgröße verwechselt werden.

Einzelnachweise

  1. P. Zöfel:Statistik in der Praxis, Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1992, ISBN 3-8252-1293-9, S. 73ff.
  2. J. Bortz: Statistik für Sozialwissenschaftler, Springer Verlag Berlin 1999, S. 17ff.
  3. A.Büchter/W.Henn: Elementare Stochastik;Springer Verlag Berlin 2005, S.23ff.
  4. ILMES - Internet-Lexikon der Methoden der empirischen Sozialforschung
  5. M.Borovcnik/G.Ossimitz:Materialien zur Beschreibenden Statistik und Explorativen Datenanalyse, Hölder-Pichler-Tempsky Wien 1987, ISBN 3-209-00681-4
  6. M. Stockhausen:Mathematische Behandlung naturwissenschaftlicher Phänomene Band 1 Behandlung von Messwerten, UTB Steinkopff Darmstadt, ISBN 3-7985-0549-7
  7. M. Borovcnik/G.Ossimitz: Materialien zur Beschreibenden Statistik und Explorativen Datenanalyse, Hölder-Pichler-Tempsky Wien 1987, S. 97

Siehe auch