Theater Thikwa

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Theater Thikwa ist ein freies Theater in Berlin-Kreuzberg. Thikwa ist hebräisch und heißt auf Deutsch Hoffnung. Bei Theater Thikwa machen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Theater und Kunst. Es wurde 1990 als Thikwa e. V. gegründet und betreibt seit 2006 zusammen mit dem English Theatre Berlin die Spielstätte F40 in den Mühlenhaupthöfen in Berlin-Kreuzberg.

In der Thikwa-Werkstatt für Theater und Kunst, als deren Träger der Theater Thikwa e. V. und die Nordberliner Werkgemeinschaft gGmbH kooperieren, werden alle künstlerischen Projekte, wie Theaterinszenierungen, Ausstellungen und Performances, grundsätzlich gemeinsam von Künstlern mit und ohne Behinderung erarbeitet.

Das Jubiläum „20 Jahre Thikwa“ wurde 2011 mit verschiedenen, über das ganze Jahr verteilten Veranstaltungen begangen.

Geschichte und Organisation

Gründung

1990 begann die Geschichte von Thikwa mit der Gründung des Thikwa e. V. mit der Zielsetzung, die gemeinsame künstlerische Arbeit von Menschen mit Behinderung und nicht behinderten Künstlern zu fördern. Initiiert von Christine Vogt waren maßgebliche Gründungsmitglieder Hanna Näter, Gerlinde Altenmüller und Matthias Maedebach sowie Freunde und Mitarbeiter des Werkheims Zehlendorf. Seit der ersten Produktion war Klaus Altenmüller verantwortlich für die Theatertechnik. 1991 erhielt Christine Vogt den Förderpreis der Karl Hofer Gesellschaft für die Initiative Thikwa.

1990 bis 1993 entstanden die ersten vier Inszenierungen als Freizeitprojekte. Ab 1994 begannen die Bemühungen um Professionalisierung der künstlerischen Arbeit von Menschen mit Behinderung.

Von 1990 bis 2001 teilten sich Christine Vogt, Gerlinde Altenmüller und Matthias Maedebach die künstlerische Leitung von Theater Thikwa. Von 2002 bis zu ihrem Tod im Mai 2012 war Gerlinde Altenmüller allein für die künstlerische Leitung verantwortlich. Seitdem wird Theater Thikwa von Nicole Hummel und Gerd Hartmann geleitet.

Kooperation

Hanna Näter, langjähriges Mitglied der Lebenshilfe, vermittelte den Kontakt zu Helmut Forner, dem inzwischen ehemaligen Geschäftsführer der Nordberliner Werkgemeinschaft, einer großen Berliner Werkstatt für Menschen mit Behinderung.

1995 erfolgte die Gründung der Theater-Werkstatt Thikwa, die seitdem in Kooperation mit der NBW betrieben wird.

Werkstatt

1995 bis 1997 ist die Thikwa-Werkstatt für Theater und Kunst als Modellprojekt gestartet. Finanziert vom Bundesministerium für Gesundheit, war dieser Modellversuch das erste derartige Pilotprojekt in Deutschland. In der Werkstatt wurde ganztägig, 35 Stunden pro Woche ausschließlich Kunst produziert. Damit grenzte sie sich von der damals oft üblichen Praxis ab, künstlerische Arbeit als begleitendes Angebot zum Ausgleich für überwiegend repetitive Tätigkeiten anzubieten. Die Theaterwerkstatt Thikwa bot in der Oranienstraße in Berlin-Kreuzberg zunächst für 12 Beschäftigte mit Behinderungen Arbeitsplätze im künstlerischen Bereich an. Diese Zahl wurde bis zum Jahr 2010 auf 20 Arbeitsplätze erhöht. Im Oktober 2011 zog die Werkstatt in größere Räume in der Fidicinstraße 3, in unmittelbare Nähe der Spielstätte F40, Fidicinstraße 40, um. Das ermöglichte die nächste Kapazitätserweiterung der Werkstatt für bis zu 40 Mitarbeiter. Sie nennt sich jetzt Thikwa-Werkstatt für Theater und Kunst und ist weiterhin das künstlerische Zentrum für alle Inszenierungen von Theater Thikwa.

Spielstätten

Zeit ohne eigene Spielstätte

1990 bis 2005 war Theater Thikwa ausschließlich auf Gastspiele oder Einmietung in andere Spielstätten angewiesen. Gemäß seines Anspruchs ein gleichwertiger Bestandteil des Berliner Kulturlebens zu sein, fanden die Aufführungen von Anfang an in etablierten Spielstätten wie dem Studio des Maxim-Gorki-Theaters, der Akademie der Künste, dem Theater am Halleschen Ufer, dem Podewil und den Sophiensälen statt.

F40 und F40 Studiobühne

2005 bewilligte der Stiftungsrat der Deutschen Klassenlotterie Berlin den gemeinsamen Antrag von English Theatre Berlin (ETB) und Thikwa e. V. auf Mittel zum Ausbau einer gemeinsamen, für Publikum und Künstler barrierefreien Spielstätte. In den Mühlenhaupthöfen, Fidicinstraße 40, wurde eine große Lagerhalle angemietet, die jetzige Spielstätte F40. Dazu wurde am gleichen Ort ein kleineres Atelier gemietet, das sehr bald zur F40-Studiobühne umgebaut wurde. Neben dem wachsenden Spielbetrieb, zunächst in provisorischer Einrichtung, wurde der Umbau der großen Spielstätte, die bis zu 120 Zuschauer fasst, geplant und von Sommer 2007 bis Sommer 2008 durchgeführt. Am 28. August 2008 wurde die Spielstätte F40, große Bühne eingeweiht. Theater Thikwa führt im F 40 jährlich zwischen 10 und 12 verschiedene Produktionen in 70 - 90 Vorstellungen auf.

Sonstiges zu Theater Thikwa

Die wichtigsten Arbeitsgrundlagen

Das Prinzip von Theater Thikwa ist, dass unterschiedliche Menschen zusammenarbeiten – Menschen mit und ohne Behinderungen und aus verschiedenen künstlerischen Genres und Kulturen. Thikwa ist Pionier der Inklusion im künstlerischen Bereich. Es beobachtet die Entwicklung gesellschaftlicher und ästhetischer Fragestellungen und reagiert darauf mit Hilfe und im Rahmen der künstlerischen Arbeit. Die Produktionen in Schauspiel, Sprache, Musik, Tanz, Performance und Kunst bringen sowohl die Unterschiedlichkeit der teilnehmenden Personen als auch deren Gemeinsamkeiten zum Ausdruck. Thikwa kooperiert für die Inszenierungen im Theater und die künstlerische Ausbildung in der Thikwa-Werkstatt mit nicht behinderten Künstlern aller Genres. Thikwa-Schauspieler mit Behinderungen wurden für verschiedene externe Produktionen gecastet.

Die wichtigsten Arbeitsergebnisse

Theater Thikwa hat sich einen anerkannten Platz in der freien Theaterszene erarbeitet. Seit 1990 sind viele Inszenierungen und Performances entstanden, die in Berlin, im Inland und auch im Ausland gezeigt wurden. Thikwa wurde zu Festivals, Tagungen und Einzelauftritten eingeladen, zum Beispiel in Mainz, Moskau, Warschau, Zürich, Osaka, Kyoto u. a. Theater Thikwa hat seit 2006 eine eigene Spielstätte. Außerdem gab es zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen der Künstler der Thikwa-Werkstatt, auch gemeinsam mit Künstlern ohne Behinderung. Das Thikwa-Motto „Der Geist lässt sich nicht behindern“ wurde über die inhaltliche Arbeit von Thikwa gestellt. Unter diesem Motto nutzen die Beschäftigten der Thikwa-Werkstatt die künstlerischen Ausbildungs- und Übungsmöglichkeiten in den hier inhaltlich aufeinander bezogenen Bereichen Schauspiel und Tanz, Handwerk und Grafik, Malerei und Plastik. In Verbindung mit künstlerischen Arbeitsweisen und Arbeitsprozessen wurden neue Methoden der Qualifizierung, Förderung und Rehabilitation entwickelt und erprobt. Theater Thikwa ist ein künstlerisches Experiment mit behinderten und nicht behinderten Künstlern und ein gelungenes soziales Experiment.

Produktionen von Theater Thikwa (Auswahl)

1990/91 Im Stehen sitzt es sich besser - Kaspar Hauser Resonanz; Regie: Robin Telfer / Christine Vogt
1992 Orpheus ohne Echo; Regie: Margot Gödrös
1993 Arche Noah; Regie: Christine Vogt
1993 Da hat der Topf ein Loch am Ende eine Liebesgeschichte; Regie: Gerd Hartmann
1996 Ein anderer Teil des Waldes; Regie: Peter Baer (Einladung Impulse-Festival 1996)
1997 Zimmer zwei, Kind sucht Bad; Regie: Peter Baer
1997 Kurz weil kurz - drei kompakte Stücke; Regie: Peter Baer, Gerd Hartmann, Casten Ludwig / Thomas Seyde
1998 Sneewittchen; Regie: Carsten Ludwig / Thomas Seyde
2000 verrichtungen; Regie: Martina Couturier
2001 Orlando; Regie: Martina Couturier (Einladung Festivals Okkupation! 2009, Zürich, Wildwuchs 2009, Basel)
2001 Kotchu Ichi Mannen Sai; Coproduktion mit Taihen Theater Troupe für das Osaka Theatre Festival ; Regie: Kim Manri, Gerd Hartmann;
2002 Ohne Titel IV oder 2002 - Odyssee im Weltraum 2002; Regie: Carsten Ludwig; siehe Tagesspiegel Berlin: Man wird euch nicht mehr verstehen können 2002 Bilder aus der Besenkammer; Regie:Olek Witt
2003 Stadtspuren/ORTungen; Regie: Werner Gerber, Gerd Hartmann, Christine Vogt
2004 Sehnsucht 420; Regie: Astrid Vähstedt
2004 Blut ist im Schuh; Regie: Gerd Hartmann (Einladung zum ProTeatr Festival, Moskau)
2005 Maison de Santé; Co-Produktion mit dem Theater zum westlichen Stadthirschen; Regie: Werner Gerber (Einladungen Festivals Community Arts 2006, Bern; Okkupation! 2007, Zürich)
2006 Alices Traum; Choreografie: Timothy Golliher
2007 Anwesend. Aufgehoben; Regie: Gerd Hartmann (Einladung Festivals ProTeatr 2010, Moskau; Theaterunruhen 2009, Warschau)
2007 Die Flieger; Co-Produktion mit dem Theater zum westlichen Stadthirschen; Regie Dominik Bender
2007 Feder, Meer und Nachtigall; Regie: Gerlinde Altenmüller, Bente Schmidt
2008 Brennendes Pferd; Regie: Elfie Mikesch
2008 Puppetina; Choreografie: Timothy Golliher, Ilene Winckler
2008 Kafka am Sprachrand; Co-Produktion mit dem Theater zum westlichen Stadthirschen; Regie: Dominik Bender (Einladung Festival Okkupation! 2011, Zürich)
2009 Umbra; Choreografie: Yuko Kaseki
2009 Missing Link; Regie: Lukas Matthaei
2010 Stabat Mater; Choreografie: Alessio Trevisani
2010 Kate; Choreografie: Linda Weißig
2010 Sturzflug; Regie: Gerd Hartmann
2009/12 The Thikwa plus Junkan Project; Leitung: Osamu Jareo (Einladung Kyoto Experiment Festival 2012)
2011 Protokoll Pankow; Regie: Dominik Bender
2011 Sommernachtstraum; Regie: Anke Rauthmann
2012 Verflucht das Herz - Shakespeares Sonette; Regie: Gerd Hartmann
2012 Kuuge - Himmelsblume; Choreografie: Yuko Kaseki
2012 Schippels Traum; Regie: Antje Siebers
2012 Dschingis Khan; Monster Truck / Theater Thikwa (Einladung Festivals Heidelberger Stückemarkt 2013, Wildwuchs 2013, Basel)
2013 Schillers Schreibtisch; Regie: Antje Siebers, Dominik Bender
2013 Der verborgene Garten des Kublai Khan; Choreografie: Alessio Trevisani
2013 Vogelfrei; Regie: Ruth Geiersberger
2014 Der diskrete Schwarm der Bourgeoisie; Leitung: Anne Tismer

Filme mit und über Theater Thikwa

Einzelnachweise