Einkochen

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Eingemachtes: Gestapelte Gläser mit Einkochgut
Gefülltes Einmachglas, hier mit Schraubverschluss

Einkochen, Einmachen oder Eindünsten[1] ist eine physikalische Methode, Lebensmittel durch Erhitzen und hermetisches Abdichten zu konservieren.

Das zu konservierende Gut wird erhitzt oder gekocht und heiß abgefüllt oder es werden fertig abgefüllte Flaschen oder Gläser in Wasser eingestellt erhitzt oder gekocht. Die Deckel funktionieren dabei wie Ventile und schließen das Glas beim Abkühlen durch Unterdruck luftdicht ab. Dadurch können keine Bakterien oder Pilzsporen mehr hineingelangen, wenn deren maximale Überlebenstemperatur unterschritten wird.

Das Einmachen ist als Konservierungsmethode aufgrund der niedrigeren maximal erreichbaren Temperatur (100 °C, es herrscht nahezu Atmosphärendruck) während des Konservierungsvorganges zwar nicht so sicher wie das Haltbarmachen des Inhaltes von zum Beispiel Konservendosen in einem Autoklaven, kann dafür aber auch unter den Bedingungen eines Privathaushalts praktisch ausgeführt werden.

Das Synonym Einwecken ist von der Verwendung der ehemals patentierten Gläser des Unternehmers Johann Carl Weck abgeleitet; das vor allem in Österreich und Süddeutschland geläufige Synonym Einrexen von der beim Einwecken üblichen Verwendung von Einkochzubehör der ehemaligen Firma Rex-Konservenglas-Gesellschaft (1907–1925 in Bad Homburg vor der Höhe), deren Markenname und Patente 1926 an die Firma Weck in Öflingen verkauft wurden, die den Namen mit Tochterfirmen noch bis 1984 nutzte.[2] 2015 belebte ein österreichisches Unternehmen den Markennamen wieder.[3]

Methode

Weckglas mit Federklammern und Gummiring
Konservenglasöffner

Als Einkochgut eignen sich Obst, Gemüse, Pilze oder Fleisch bzw. daraus bestehende Gerichte, soweit sie nicht besonders hitzeempfindlich sind. Sogar Kuchen kann in Einmachgläsern (welche auch Einweck-, Rex-, Einkoch-, Konfi- oder Weckgläser genannt werden)[4] gebacken und zugleich haltbar gemacht werden (Glaskuchen).

Die einzukochenden Lebensmittel werden vorgekocht oder roh evtl. mit zusätzlichem Wasser in Einkochgläser gefüllt und mit einem Gummiring und einem gläsernen Deckel bzw. einer Verschlusskappe verschlossen. Der Deckel wird während des Einkochvorganges mit einem Bügel bzw. einer Klammer aus Federstahl angedrückt. Drahtbügel/Klammern und der mit Gummiring gedichtete Deckel funktionieren dabei wie ein Überdruckventil. Zum Einkochen werden die Gläser in der Regel in einem Wasserbad (im Einkochtopf) bis zum Erreichen der je nach Einkochgut unterschiedlich hohen Einkochtemperatur erhitzt. Die Temperatur muss so lange gehalten werden, bis der Inhalt durcherhitzt und vollständig sterilisiert ist. Hierzu bot Ratgeberliteratur Tabellen für wichtige Lebensmittel an. Tendenziell erfordern eiweißreiche Lebensmittel höhere Einkochtemperaturen, teilweise wurde zweimal in bestimmtem Zeitabstand erhitzt, falls resistente Entwicklungsstadien überlebten.

Statt in einem Wasserbad können die Einkochgläser auch im Backofen erhitzt werden, wegen der gegen trockene Hitze empfindlichen Gummiringe ist diese Methode aber weniger empfehlenswert. Außerdem lässt sich die ausreichende und gleichmäßige Erhitzung der Gläser im Ofen nur daran erkennen, dass Blasen im Glas aufsteigen. Dies geschieht jedoch erst bei 100 Grad, eine Temperatur, die für empfindliches Obst bereits zu hoch ist.[5] Auch das Einkochen im Schnellkochtopf ist möglich, hier kann jedoch nicht sichergestellt werden, dass das Einkochgut durcherhitzt wurde.

Nach dem vollständigen Abkühlen der Gläser können Bügel bzw. Klammern entfernt werden. Während des Erhitzens hat sich die restliche Luft im Glas ausgedehnt und ist teilweise entwichen; beim Abkühlen entsteht dadurch ein starker Unterdruck, so dass der Deckel vom Luftdruck fest auf das Glas gepresst wird, falls Glasrand und Gummiring sauber sind. Kühl und dunkel gelagert bleibt Eingekochtes für mehrere Monate bis Jahre haltbar. Ein nach Lagerungszeit nur noch locker aufliegender Deckel kann ein Zeichen für das Verdorbensein des Eingemachten sein, da entweder ein undichter Verschluss zum Eindringen von Keimen führte oder Gärgase für den Verlust des im Glas bestehenden Unterdruckes verantwortlich sind.[6]

Geschichte

Zeitgenössische Werbung 1911
Einkochen (1954)

Ursprünglich war das Einkochen von Denis Papin erfunden worden, der schon um 1700 Experimente mit der Konservierung von Gelees und Kochfleisch in mit Kitt abgedichteten Kupfertöpfen machte. Offenbar hatte Papin aber die Bedeutung seiner Entdeckung nicht erkannt – es blieb bei Laborversuchen.

Die erneute Erfindung des Einkochens geht auf eine Initiative Napoleon Bonapartes zurück, der einen Preis von 12.000 Goldfranken für die Erfindung eines Verfahrens zur Konservierung von Lebensmitteln aussetzte, um seine Truppen auf Kriegszügen besser versorgen zu können. Den Preis gewann 1810 der französische Koch Nicolas Appert, der 1790 entdeckt hatte, dass Lebensmittel durch Erhitzen auf 100 °C in geschlossenen Behältern haltbar werden. In den 1880er Jahren entwickelte der Gelsenkirchener Chemiker Rudolf Rempel Gläser, deren Ränder glattgeschliffen waren und die mit Gummiringen und Blechdeckeln verschlossen wurden. Er konstruierte auch Apparate, um sie während des Einkochens geschlossen zu halten. Diese Erfindung ließ er sich 1892 patentieren. Zu seinen ersten Kunden gehörte Johann Carl Weck, der nach Rempels Tod 1893 das Patent und das Alleinverkaufsrecht an seinen Gläsern und Geräten erwarb. Mit dem Kaufmann Georg van Eyck gründete er 1900 in Öflingen die Firma J. Weck u. Co. Die sich daraufhin rasch im gesamten deutschen Sprachraum ausbreitende Wortschöpfung einwecken ist also auf den Namen Weck zurückzuführen. Bereits 1907 wurde das neue Wort in den Duden aufgenommenen. Das Verfahren erschien seinerzeit revolutionär, da es wesentlich sicherer war als frühere Konservierungsverfahren und die Beschaffenheit der Lebensmittel nicht wesentlich verändert wurde (wie z. B. beim Dörren von Obst). Außerdem eignete es sich für fast alle üblichen Lebensmittel, so dass z. B. auch übriggebliebene Speisereste eingekocht werden konnten.

Neben den Gläsern und Deckeln entwickelte und produzierte die Firma Weck auch weiteres Zubehör: Außer den zwischen Deckel und Glas einzulegenden Gummiringen einen Einkochtopf, in dem die Gläser im Wasserbad erhitzt wurden, sowie einen Einsatz, auf dem die Gläser abgestellt wurden, um bequem zu mehreren in den Topf gestellt werden zu können. Zunächst diente dieser Einsatz auch zum Festhalten der Glasdeckel, die durch eingehängte Federklammern auf die Gläser gedrückt wurden. Da die Gläser aber bis zum völligen Abkühlen auf diesem Einsatz verbleiben mussten und dieser erst dann wieder verwendet werden konnte, ging man bald dazu über, jedes Glas mit einer eigenen Klammer zu verschließen. Mit Hilfe eines Thermometers, das durch den Deckel des Topfes gesteckt wurde, konnte man die Temperatur kontrollieren. Außer Gläsern für Obst, Gemüse und Fleisch wurden (und werden) auch Saftflaschen angeboten, zur Gewinnung von Saft aus Obst und Gemüse verkaufte die Firma Weck einen der ersten Dampfentsafter. Zusätzlich wurden Rezeptbücher und eine Zeitschrift („Die Frischhaltung“, erscheint bis heute unter dem Titel „Ratgeber Frau und Familie“) herausgebracht, die das neue Verfahren bekannt machen sollten.

Neben der Firma Weck traten bald weitere Hersteller von Einmachgläsern auf den Markt, bekannte Markennamen sind Gerrix, Rex, Frauenlob, Ruhrglas, Heye, Victoria, Kieffer und andere, denn nahezu jede Glasfabrik bot auch Einmachgläser an.

Im Laufe der Jahrzehnte wurden verschiedene Glastypen entwickelt, die sich durch die Form von Deckel und Rand unterscheiden (Flachrandglas, Massivrandglas, Rillenglas und Rundrandglas). Weitere Entwicklungen des Einkochens waren die Einführung von Zellglas (Cellophan), vor allem für Marmeladen, oder des Schraubverschlusses als Alternative zu den mit Gummiringen abgedichteten Weckglas-Deckeln. Es waren in Kombination mit mehrrilligen Deckeln Gummiringe zum Einmalgebrauch bekannt (Marke Inko/DDR), die beim Einkochen ausvulkanisierten. Weiterhin sind Aluminiumdeckel zum Einmalgebrauch bekannt, die wie Schraubdeckel eine Dichtung enthalten und mit einem Innenkonus um den Glasrand gebördelt werden.

Die Blütezeit des Einkochens war von Beginn des Ersten Weltkrieges bis in die 1960er Jahre. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges kochten ca. 90 Prozent aller deutschen Haushalte Obst, Gemüse, Fleisch und andere Lebensmittel ein. Seit Tiefkühltruhen und -fächer in den Haushalten weit verbreitet sind, hat Tiefkühlen das Einkochen weitgehend abgelöst. Auch die heute gegebene Verfügbarkeit fast aller Lebensmittel über das ganze Jahr hat dazu beigetragen, dass Einkochen in geringerem Maße praktiziert wird. Allerdings ist in den letzten Jahren wieder ein zunehmender Trend zum Einkochen zu verzeichnen, der unter anderem vom Wunsch nach biologisch einwandfreien Lebensmitteln und dem neuen Interesse am „Selbermachen“ verursacht wurde. Anders als früher ist Eingekochtes jedoch kein unverzichtbarer Bestandteil der Ernährung mehr.

Redewendung

Der Begriff Einkochen deutet ursprünglich den Gewichtsverlust und die dadurch bedingte Eindickung einer Nahrung durch Kochen an, zum Beispiel beim Einkochen einer Brühe infolge des durch Verdampfen bedingten Wasserverlustes.[7]

Die Redewendung „ans Eingemachte gehen“ bedeutet so viel wie jetzt geht's ums Wesentliche, an die Substanz gehen; die Reserven angreifen und ist darauf zurückzuführen, dass früher Nahrungsmittel speziell für den Winter oder für Notzeiten eingekocht und haltbar gemacht wurden und als wichtige Reserve galten.[8]

Die in der österreichischen Umgangssprache verwendete Redewendung „den muss ich mir einkochen“ oder „den hat sie sich eingekocht“ bedeutet eine partnerschaftliche Beziehung mit jemanden unter Zuhilfenahme von spezieller (weiblicher) Verführungskunst oder Kochkünsten herbeizuführen.

Die im Wiener Raum vorkommende Redensart „das kannst Du Dir (ein)rexen“ bedeutet etwa „etwas aus dem Spiel bringen“ oder „das kannst Du (wie Eingekochtes im Keller) vergessen“.

Abgrenzung

Das Einkochen ist eine von zahlreichen Methoden, Produkte haltbar zu machen, also gegen Verderb durch Mikroorganismen zu schützen.[9]

Weitere Methoden, die teilweise auch kombiniert angewendet werden, sind:

Insbesondere bei der Milchsäurevergärung wird das Einkochen als ergänzende Maßnahme gewählt.

Siehe auch

Literatur

  • Ruth Kirchmann: Einmachen in Deutschland. Bonn 2002.
  • Uwe Spiekermann: Zeitensprünge: Lebensmittelkonservierung zwischen Haushalt und Industrie 1880-1940, in: Ernährungskultur im Wandel der Zeiten, Katalyse e.V. und Buntstift e.V., Köln 1997, S. 31–39. online - PDF 4,5 MB, 68 Seiten.
  • WECK-Einkochbuch, 21., Auflage, Weck, Wehr-Öflingen, 2008, ISBN 978-3-921034-05-7.
  • Ingrid Pernkopf, Willi Haider, Kurt-Michael Westermann (Fotos): Die österreichische Vorratskammer: Die 450 besten Rezepte vom Einlegen bis zum Räuchern. Pichler, Wien 2009, ISBN 978-3-8543-1474-5.
  • Peter Nitsch: Das Einkochen von Fleisch- und Wurstwaren: eine Literaturstudie. Leipzig 1993, DNB 940573393 (Dissertation Universität Leipzig 1993, 114 Seiten).
Commons: Einmachgläser – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: einkochen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Katharina Prato: Die süddeutsche Küche, 53. Auflage, Wien, 1913
  2. Angelika Baeumerth, Matthias Kliem, Alexander Wächtershäuser (Hrsg.): Das Jahrhundert im Taunus. 3. Auflage. Societäts Verlag, 2000, ISBN 3-7973-0731-4, S. 67.
  3. https://www.muellerglas.at/ueber-mueller-glas-co.html.
  4. |Sprachwissenschaftliche Untersuchung des Lehrstuhls Germanistik der Universität Augsburg, abgerufen am 13. Januar 2010.
  5. Weck-Einkochbuch, Eigenverlag der Firma J. Weck GmbH u. Co, Wehr-Öflingen, S. 25.
  6. Weck-Einkochbuch, Eigenverlag der Firma J. Weck GmbH u. Co, Wehr-Öflingen, S. 17.
  7. Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Verlag Johann Gottlob Immanuel Breitkopf und Compagnie, Leipzig 1793–1801.
  8. https://www.openthesaurus.de/synonyme/edit/34630 Website Openthesaurus der Firma LanguageTooler GmbH zu „ans Eingemachte gehen“
  9. Karl Heinz Wallhäusser: Lebensmittel und Mikroorganismen: Frischware — Konservierungsmethoden. Hrsg.: Steinkopff. Darmstadt 1990, ISBN 3-7985-0823-2. S. 82 DNB 891737189
  10. Karl Heinz Wallhäusser: Lebensmittel und Mikroorganismen: Frischware — Konservierungsmethoden. Hrsg.: Steinkopff. Darmstadt 1990, ISBN 3-7985-0823-2. S. 97 DNB 891737189
  11. Karl Heinz Wallhäusser: Lebensmittel und Mikroorganismen: Frischware — Konservierungsmethoden. Hrsg.: Steinkopff. Darmstadt 1990, ISBN 3-7985-0823-2. S. 92 DNB 891737189
  12. Heribert Keweloh, Johann Hamdor, Maria Revermann: Mikroorganismen in Lebensmitteln : Theorie und Praxis der Lebensmittelhygiene. Hrsg.: Pfanneberg. Haan-Gruiten 2014, ISBN 978-3-8057-0696-4.DNB 1054623031