Peter Hamm

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Peter Hamm (2017)

Peter Hamm (* 27. Februar 1937 in München; † 22. Juli 2019 in Tutzing[1]) war ein deutscher Lyriker, Schriftsteller, Literaturkritiker und Autor zahlreicher Dokumentarfilme, zu denen Porträts über Ingeborg Bachmann und Peter Handke gehören.

Leben

Peter Hamm wurde 1937 in München als Sohn eines Tierarztes geboren. 1940 starb seine Mutter, durch die krieg sbedingte Abwesenheit des Vaters wuchs er bei seinen Großeltern im oberschwäbischen Weingarten und in verschiedenen katholischen Internaten auf.[2] Mit 14 Jahren floh er aus dem Salvatorkolleg in Bad Wurzach und arbeitete zeitweise als Knecht in einem landwirtschaft lichen Betrieb. Danach begann er eine Buchhändlerlehre in Lindau, die er nach einem Jahr abbrach.

1954 veröffentlichte er erstmals Gedichte in der Literaturzeitschrift Akzente, später auch im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in verschiedenen Anthologien. 1956, während des Ungarischen Volksaufstands, hielt er seine erste Lesung bei der Gruppe 47 und machte dabei Bekanntschaft mit Martin Walser, Günter Grass, Günter Eich, Ilse Aichinger und Ingeborg Bachmann. 1958 begann er eine Brieffreundschaft mit Nelly Sachs und freundete sich mit Tomas Tranströmer an.

Ab 1959 war er mehrmals in der DDR und schloss Freundschaft mit dortigen Autoren wie Peter Huchel, Sarah Kirsch, Johannes Bobrowski und Volker Braun. In diesem Jahr besuchte er auch Paul Celan und Nathalie Sarraute in Paris.

1959 übernahm Hamm die Leitung der Pressestelle der damaligen Hochschule für Gestaltung in Ulm. Ab 1960 arbeitete er als freier Schriftsteller. Ab 1964 bis 2002 war er Kulturredakteur beim Bayerischen Rundfunk.

Hamm war Vizepräsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der er seit 1991 angehörte. Seit 1996 war er Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Zudem war er Jurymitglied des Hermann-Lenz-Preises und des Petrarca-Preises – am 28. Juni 2019 hatte Hamm noch die Laudatio in München gehalten[3] – sowie des Büchner-Preises und des Peter-Huchel-Preises.

Einem breiten Publikum bekannt war er aus dem Literaturclub, der einmal im Monat vom Schweizer Fernsehen ausgestrahlt wird und zu dessen festem Kritikerteam er von 1990 bis 2014 gehörte. Er war außerdem Jurymitglied bei der monatlichen SWR-Bestenliste.

Hamm erhielt 1978 den Sonderpreis des Kultusministers von Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Adolf-Grimme-Preises für die Sendung Die verbotene Schönheit.

Ab Mitte der 1970er Jahre war Peter Hamm der Lebensgefährte der Ärztin Marianne Koch.[4] Das Paar lebte in Tutzing.

Werke

Gedichtbände

  • Sieben Gedichte. (Umschlag: HAP Grieshaber). Stierstadt i.Ts. (Eremiten-Presse) 1958.
  • Ben Shahn. Ein Gedicht. München (Verlag Heino von Damnitz) 1963.
  • Der Balken. Gedichte. München-Wien (Carl Hanser Verlag) 1981.
  • Die verschwindende Welt. Gedichte. München-Wien (Carl Hanser Verlag) 1985.
  • Die verschwindende Welt. Gedichte. Frankfurt am Main (Fischer Taschenbuch Verlag) 1988.
  • Den Traum bewahren. Gedichte und Essays. Hg. Gisela Lindner. Friedrichshafen 1989.

Essaybände

  • Der Wille zur Ohnmacht. München-Wien (Edition Akzente, Carl Hanser Verlag) 1992.
  • Aus der Gegengeschichte / Lobreden und Liebeserklärungen. München-Wien (Edition Akzente Carl Hanser Verlag) 1997.
  • Die Kunst des Unmöglichen oder Jedes Ding hat (mindestens) drei Seiten. Aufsätze zur Literatur. München-Wien (Edition Akzente Carl Hanser Verlag) 2007.
  • Pessoas Traum oder: „Sei vielgestaltig wie das Weltall!“ Aufsätze zur Literatur. München-Wien (Edition Akzente Carl Hanser Verlag) 2012.
  • INS FREIE! Wege, Umwege und Irrwege in der modernen Schweizer Literatur. Zürich (Limmat Verlag) 2014.
  • Peter Handke und kein Ende. Stationen einer Annäherung. Wallstein, Göttingen 2017, ISBN 978-3-8353-3156-3.

Einzelne Essays

  • Auf der Flucht – Allein mit der Sprache. Nelly Sachs als Übersetzerin schwedischer Lyrik. Enthalten in: Nelly Sachs zu Ehren. Frankfurt am Main (Suhrkamp Verlag) 1961.
  • Opposition – am Beispiel H. M. Enzensberger. Enthalten in: Über Hans Magnus Enzensberger – Hrsg. Joachim Schickel. Frankfurt am Main (Suhrkamp Verlag) 1970.
  • Walsers Tendenz – Laudatio auf den Büchner-Preisträger 1981 Martin Walser. Enthalten in: Büchner-Preis-Reden 1972–1983. Stuttgart (Philipp Reclam jun.) 1984.
  • Der Künstler als Märtyrer – Über Ingeborg Bachmann. Enthalten in: DER SPIEGEL 5. Juni 1978. Wieder abgedruckt in: Über Ingeborg Bachmann. Hrsg.M.M.Schardt. Paderborn (Igel Verlag Wissenschaft) 1994.
  • Unglück und Glanz oder „Der ich unter Menschen nicht leben kann“. Rede in Klagenfurt zum 60. Geburtstag Ingeborg Bachmanns. Enthalten in: Einsam sind alle Brücken – Autoren schreiben über Ingeborg Bachmann. Hrsg. Reinhard Baumgart. München/Zürich (Piper Verlag) 1992.
  • Ich bin kein Literaturkritiker. Enthalten in: Gründlich verstehen – Literaturkritik heute. Hrsg. Franz Josef Görtz und Gert Ueding. Frankfurt am Main (Suhrkamp Verlag) 1985.
  • Gombrowicz und der Wandschirm – Über das Tagebuch von Witold Gombrowicz. Enthalten in: Witold Gombrowicz: Tagebuch. München/Wien (Carl Hanser Verlag) 1988.
  • Hermann Lenz und die Ambivalenz – Laudatio auf den Petrarca-Preisträger Hermann Lenz. Enthalten in Petrarca-Preis 1987/1988. München (Edition Petrarca) 1989.
  • Vom verlorenen und wiedergefundenen Mut – Laudatio auf die Nicolas-Born-Preisträgerin Barbara Honigmann. Enthalten in: Petrarca-Preis 1992–1995. München (Edition Petrarca) 1996.
  • Dort wäre ich gerne geblieben – Hermann Lenz und sein Stuttgart. Warmbronn (Verlag Ulrich Keicher) 2007.
  • Das Wunder der Wiederholung – Lobrede auf Gerhard Meier, den Heinrich-Böll-Preisträger 1999. Enthalten in Quarto – Zeitschrift des Schweizerischen Literaturarchivs. Bern 2000.
  • Untröstlichkeit und Trost – Laudatio auf den Herbert-von-Karajan-Preisträger Alfred Brendel. Enthalten in Alfred Brendel zu Ehren. Warmbronn (Verlag Ulrich Keicher) 2009. Ebenfalls enthalten in Alfred Brendel: Nach dem Schlussakkord. München (Carl Hanser Verlag) 2010.
  • Reich beschädigt oder Im Glorienschein der Armut. Laudatio auf den Joseph-Breitbach-Preisträger Wulf Kirsten. Mainz (Akademie der Wissenschaften und der Literatur) 2007.
  • Sieger im Scheitern – Fernando Pessoa und Robert Walser, zwei entfernte Verwandte. Enthalten in Fernando Pessoa: Algebra der Geheimnisse – Ein Lesebuch. Frankfurt am Main (Fischer Taschenbuch Verlag) 1990.
  • Der Geschichtsschreiber der Gegengeschichte – Laudatio auf den Schiller-Preisträger Peter Handke. Enthalten in: Burgtheater Wien 1995/96. Wien 1995.
  • Arnold Stadler oder Das übermütig vertuschte Glück. Laudatio auf den Büchner-Preisträger Arnold Stadler. Enthalten in: Arnold Stadler: Erbarmen mit dem Seziermesser – Über Literatur, Menschen und Orte. Köln (DuMont Buchverlag) 2000.
  • In zweistimmiger Einheit, Hermann Lenz und Peter Handke – eine Freundschaft. Enthalten in Berichterstatter des Tages – Biefwechsel Peter Handke – Hermann Lenz. Frankfurt am Main (Insel Verlag) 2006.
  • Menschwerdung musikalisch. Tagebuch einer Lebensgeschichte als Musikgeschichte. Enthalten in: Ein Traum von Musik – 46 Liebeserklärungen. Hrsg. Elke Heidenreich. München (C.Bertelsmann in der Verlagsgruppe Random House) 2010.
  • Etwas über Christine Lavant. Enthalten in: Drehe die Herzspindel weiter für mich – Christine Lavant zum 100. Hrsg. Klaus Amann, Fabjan Hafner und Doris Moser. Göttingen (Wallstein Verlag) 2015.

Gespräche in Buchform

  • Peter Handke / Peter Hamm: Es leben die Illusionen – Gespräche in Chaville und anderswo. Göttingen (Wallstein Verlag) 2006.
    • Französische Ausgabe: P.H. / P.H. Vive les illusions! Entretiens. Traduit de l’allemand par Anne Weber. Paris (Christian Bourgois Éditeur) 2008.
    • Spanische Ausgabe: P.H. / P.H. Vivan las ilusiones – Conversaciones en Chaville Y en otros lugares. Traducción de Eustaquio Barjau. Valencia (De la Presente Edición : Pre-Textos) 2011.
  • Thomas Bernhard / Peter Hamm: Sind Sie gern böse ? Ein Nachtgespräch zwischen Thomas Bernhard und Peter Hamm im Hause Bernhard in Ohlsdorf. Frankfurt am Main (Suhrkamp-Verlag) 2011.
    • Spanische Ausgabe: Thomas Bernhard / Peter Hamm: ?Le gusta ser malvado? Trad. del alemán por Miguel Sáenz. Madrid (Alianza Editorial) 2013.
  • Peter Rühmkorf / Peter Hamm: Selbstanzeige – Schriftsteller im Gespräch. Hg. Werner Koch.
  • Frankfurt am Main (Fischer Taschenbuch Verlag) 1971.

Herausgaben und Nachworte

  • Licht hinterm Eis – Schwedische Lyrik von 1900–1957. Auswahl und Übersetzung gemeinsam mit Stig Schönberg von Peter Hamm. Stierstadt i. T. (Verlag Eremiten Presse) 1957.
  • Die Kornblumen und die Städte – Tschechische Poesie unseres Jahrhunderts. Herausgegeben und übertragen gemeinsam mit Elisabeth Borchers von Peter Hamm. Stierstadt i. T. (Verlag Eremiten Presse) 1962.
  • Aussichten – Junge Lyriker des deutschen Sprachraums – vorgestellt von Peter Hamm. München (Biederstein Verlag) 1966. (Die erste gesamtdeutsche Lyrikanthologie)
    • Italienische Ausgabe: Giovani poeti tedeschi – A cura di Roberto Fertonani. Torino (Giulio Einaudi Editore) 1969.
  • Welches Tier gehört zu dir? Eine poetische Arche Noah – errichtet von Peter Hamm. München / Wien (Carl Hanser Verlag) 1984.
  • Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn – Italien im deutschen Gedicht. Herausgegeben von Peter Hamm. Frankfurt am Main (Insel Verlag) 1987.
  • Kritik / von wem / für wen / wie – Eine Selbstdarstellung der Kritik. Herausgegeben von Peter Hamm. München (Carl Hanser Verlag) 1968. (Darin: P.H. Der Großkritiker, der Aufsatz, mit dem dieser Begriff geboren wurde)
    • Spanische Ausgabe: Critica de la Critica. Barcelona (Barral) 1971.
  • Artur Lundkvist Gedichte, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Peter Hamm. Köln – Berlin (Verlag Kiepenheuer & Witsch) 1963.
  • Christopher Caudwell – Bürgerliche Illusion und Wirklichkeit. Beiträge zur materialistischen Ästhetik. Herausgegeben von Peter Hamm. München (Carl Hanser Verlag) 1971.
  • Jesse Thoor: Gedichte. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Peter Hamm. Frankfurt am Main (Suhrkamp Verlag) 1975. Neuausgabe (ebd.) 2004.
  • Julien Green – Der Träumer mit dem zweiten Gesicht. Darin: Peter Hamm Tagebücher- Nachtbücher, zum 80. Geburtstag von Julien Green. München (Carl Hanser Verlag) 1986.
  • Robert Walser: Leben und Werk in Daten und Bildern – Mit einem Essay von Peter Hamm. Herausgegeben von Elio Fröhlich und Peter Hamm. Frankfurt am Main (Insel Verlag) 1980.
  • Jakob Schaffner: Johannes – Roman einer Jugend. Mit einem Nachwort von Peter Hamm. Herausgegeben von Peter von Matt. München (Nagel & Kimche im Carl Hanser Verlag) 2005.
  • Walter Gross: Werke und Briefe. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Peter Hamm. Zürich (Limmat Verlag) 2005.
  • Peter Handke / Hermann Lenz: Briefwechsel. Mit einem Essay von Peter Hamm. Frankfurt am Main (Insel Verlag) 2006.
  • Regina Ullmann: Die Landstraße – Erzählungen. Mit einem Nachwort von Peter Hamm. Herausgegeben von Peter von Matt. München (Nagel & Kimche im Carl Hanser Verlag) 2007.
  • Lillian Birnbaum: Peter Handke – Porträt des Dichters in seiner Abwesenheit. Darin: Peter Hamm: Ein Haus ist mehr als ein Haus oder Versuch über das Haus des Dichters. Salzburg 2011.
  • Ilja Ehrenburg: Das bewegte Leben des Lasik Roitschwantz. Mit einem Nachwort von Peter Hamm. Berlin (Verlag Die andere Bibliothek) 2016.
  • Peter Hacks: Marxistische Hinsichten. Politische Schriften 1955–2003. Eulenspiegel, Berlin 2018.

Fernsehfilme

  • Protest in der Kunst, eine Bestandsaufnahme. 2 × 60’ Buch und Regie, Radio Bremen 1969.
  • Alfred Brendel, Pianist. Ein Porträt. Buch und Regie, 45’. Radio Bremen 1973.
  • Alfred Brendel spielt Schubert. Dreizehnteilige Fernsehserie. Musik- und Bildregie. Radio Bremen/Studio Hamburg 1976–1977. Als fünfteilige DVD-Kassette erschienen unter dem Titel Alfred Brendel plays and introduces Schubert Piano Works. EuroArts Music Int. 2007.
  • Hanns Eisler. Zu früh? Zu spät? Ein Komponistenporträt. 60’. Buch und Regie. Hessischer Rundfunk 1972/73.
  • Heinrich Böll – Nobelpreisträger. Buch und Regie. 60’. Aus der Serie Nobelpreisträger Bavaria Produktionsgesellschaft 1974.
  • Die verbotene Schönheit – der Komponist Hans Werner Henze. Buch und Regie, 90’. Westdeutscher Rundfunk 1976. (Ausgezeichnet mit dem Grimme-Preis.)
  • „Der ich unter Menschen nicht leben kann“. Auf der Suche nach Ingeborg Bachmann. Buch und Regie, 120’. Westdeutscher Rundfunk/SWF 1980.
  • „Ich stehe immer noch vor der Tür des Lebens“. Robert Walser und die schöne Kunst des Unterliegens. Buch und Regie, 120’. SWF/WDR 1986.
  • Im Labyrinth des Ich. Fernando Pessoa und Portugal. Buch und Regie, 120’. Hessischer Rundfunk 1988.
  • „Wo haben Sie Ihr blondes Haar gestohlen?“ – Ilse Losa geb. Lieblich. Buch und Regie 60’. Hessischer Rundfunk 1992.
  • Der schwermütige Spieler – Peter Handke. Ein Porträt. Buch und Regie 90’. SWR/ARTE 2002.

Kinofilme

  • Die Moral der Ruth Halbfass. Drehbuch. Regie Volker Schlöndorff 1972.
  • Übernachtung in Tirol. Drehbuch. Regie Volker Schlöndorff 1973.

Einzelnachweise

  1. Peter Hamm, der kompromisslose Anwalt des Dichterischen, ist tot, br.de, erschienen und abgerufen am 22. Juli 2019
  2. Peter Hamm - Munzinger Biographie. Abgerufen am 27. Juli 2019.
  3. FOCUS Online: Der letzte öffentliche Auftritt von Peter Hamm beim Petrarca Sommer Treffen - Video. Abgerufen am 27. Juli 2019.
  4. „Ich bin im Vollstress!“: Marianne Koch wird 85. dpa-Meldung vom 13. August 2016, online abgerufen bei der Neuen Osnabrücker Zeitung am 14. August 2016