Befehl Nr. 227

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Sowjetische Briefmarke (April 1945) mit dem Aufruf: „Keinen Schritt zurück!“

Der Befehl des Volkskommissars für Verteidigung der UdSSR vom 28. Juli 1942 № 227 („Nicht einen Schritt zurück!“, russisch Ни шагу назад!, transl. Ni schagu nasad) war ein Haltebefehl, der die Kapitulation im deutsch-sowjetischen Krieg mit der Todesstrafe belegte. Vorausgegangen war der Befehl Nr. 270 vom 16. August 1941.

Der Befehl Nr. 227 umfasste die Einrichtung von Sperrabteilungen

„a) Im Armeebereich sind 3 bis 5 gut bewaffnete Einheiten (bis 200 Mann) aufzustellen, die unmittelbar hinter unzuverlässigen Divisionen einzusetzen sind und die Aufgabe haben, im Falle eines ungeordneten Rückzugs der vor ihnen liegenden Divisionen jeden Flüchtenden und jeden Feigling zu erschießen und damit dem ehrlichen Kämpfer bei der Verteidigung seiner Heimat beizustehen.“

und Strafabteilungen

„b) Im Armeebereich sind 5 bis 10 Strafkompanien (150-200 Mann) aufzustellen. Diese aus nicht bewährten Unterführern und Rotarmisten bestehenden Kompanien sind in schwierigen Abschnitten der Armee einzusetzen, um den Teilnehmern Gelegenheit zu geben, ihre Schuld vor der Heimat zu sühnen.“

Laut dem amerikanischen Professor für sowjetische Sozial- und Militärgeschichte Roger R. Reese, waren diese Sperrabteilungen nur mit Pistolen und Gewehren bewaffnet und errichteten in der Praxis hauptsächlich Straßensperren und übergaben fliehende Soldaten dem Kriegsgericht bzw. schickten sie zu ihren Einheiten zurück. Erschießungen gab es nur bei Widerstand gegen die Festnahme. Sie hatten niemals den Blankoscheck Soldaten hinzurichten. Er bezeichnet die Vorstellung, dass die Sperrabteilungen fliehende Soldaten mit Maschinengewehren beschossen als Mythos.[1] Russia Beyond the Headlines meint das wenn die Sperrabteilungen „hinterrücks auf ihre eigenen Kräfte geschossen“ hätten, hätten sie „schnell selbst eine Kugel in die Stirn bekommen“.[2]

Folgen

Nach einer internen Aufstellung des NKWD vom Oktober 1942 wurden an der Stalingrader Front vom 1. August 1942 bis 15. Oktober 1942 15.649 Soldaten von den Sperrabteilungen aufgegriffen, die von der Frontlinie flüchteten. Davon wurden 244 Soldaten eingesperrt, 278 erschossen, 218 kamen in Strafkompanien, 42 in Strafbataillone und 14.833 kehrten zu ihren Einheiten zurück.[3]

Beim Unternehmen Wirbelwind am 11. August 1942 konnten unter diesem Befehl stehende sowjetische Truppen einen großen Abwehrerfolg erringen.

Quellen

  • Volltext in dt. Übersetzung (Memento vom 4. März 2014 im Internet Archive)

Einzelnachweise

  1. Roger R. Reese: Why Stalin's Soldiers Fought. University Press of Kansas 2011, S. 163 f.
  2. Boris Jegorow: The Last Frontier: Der wohl beste russische Film über den Zweiten Weltkrieg der letzten Jahre. Russia Beyond the Headlines vom 23. November 2020.
  3. Alexander Hill: The Great Patriotic War of the Soviet Union, 1941-45. A documentary reader. Abingdon 2009, S. 103.