Gymnasium Blankenese

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Gymnasium Blankenese
Gebäude Oesterleystraße 27, Blick von Süden (2020)
Schulform Gymnasium
Schulnummer 137/5831[1]
Gründung 1892
Adresse

Oesterleystraße 27
22587 Hamburg

Ort Hamburg-Blankenese
Land Hamburg
Staat Deutschland
Koordinaten 53° 33′ 46″ N, 9° 48′ 29″ OKoordinaten: 53° 33′ 46″ N, 9° 48′ 29″ O
Träger Stadt Hamburg[2]
Schüler 921 (Schuljahr 2021/22[3])
Lehrkräfte etwa 90 (Stand 2018)
Leitung Michael Koops (Schulleiter)
Wiebke Schirrow (Stellv. Schulleiterin)
Website www.gymnasium-blankenese.de

Das heutige Gymnasium Blankenese wurde 1892 als Realschule für Jungen gegründet und ist heute ein staatliches neusprachliches Gymnasium für Jungen und Mädchen in Hamburg-Blankenese zwischen der Kirschtenstraße und der Oesterleystraße.

Geschichte

Schulgründung und Schulausbau

Das heutige Gymnasium Blankenese wurde am 22. April 1892 auf Anregung und mit Zustimmung von Propst Paulsen durch eine Art Bürgerinitiative der Gemeindevertreter von Blankenese und Dockenhuden als Höhere Lehranstalt für Knaben gegründet. Die Gründung der neuen Realschule wurde am 22. August durch das damals zuständige Provinzial-Kollegium in Schleswig genehmigt. Bereits am 10. Oktober 1892 wurde die neue „ Realschule Blankenese “ in einem provisorischen Gebäude in der damaligen Parkstraße (heute „Am Kiekeberg“) eröffnet. In drei Klassen (Vorschule, Sexta, und Quinta) betreuten drei Lehrer 75 Kinder. Als Leiter der Realschule fungierte zunächst|Propst Paulsen selbst.Bereits im Juli des Folgejahres 1893 wurde in der benachbarten Lindenstraße (heute Kirschtenstraße) der Grundstein zu einem neuen Schulgebäude gelegt. Der Neubau wurde im Juli 1894 bezogen, gleichzeitig mit dem Amtsbeginn von Walther Kirschten als dem neuen Direktor. [4]

Die Gründung neuer Realschulen im Deutschen Reich erfolgte in einer Zeit des Neuanfangs der deutschen Politik, als unter Kaiser Wilhelm II. der neue Reichskanzler Caprivi mit einer Politik des neuen Kurses den Agrarstaat Deutschland zu einem Industriestaat umgestalten sollte. Dabei sollten aber die bisherigen Machtstrukturen erhalten bleiben und die Rolle des Militärs gestärkt werden. Im Hinblick auf eine bessere Ausbildung von Jugendlichen musste also erreicht werden, dass sich auch schulisch gut ausgebildete Schüler weiterhin den bestehenden gesellschaftlichen Ordnungen anpassen würden. Auch in Hamburg und in seinen Vororten kam es 1892–1913 im Verlauf einer langen Phase der Hochkonjunktur zu einem wirtschaftliche Aufschwung. In den zusammengelegten Gemeinden Blankenese und Dockenhuden stieg die Bevölkerungszahl von ca. 2500 auf ca. 5541. Arbeitsplätze entstanden vorwiegend in neuen technischen Berufen und die Bewerber benötigten Kenntnisse in Realien, d. h. nützliche Kenntnisse für praktische Berufe, für den gewerblichen Mittelstand, für Handel und Schifffahrt. Diese Inhalte sollten statt Latein an den neu geplanten Realschulen gelehrt werden. Dabei war ein sozialer Aufstieg nicht das Ziel der Ausbildung. Jedoch mussten diese neuen Realschulen erst gegründet werden und die passenden Lehrkräfte gefunden werden.

Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs blieb die politische Lage im Deutschen Reich labil. Der weiterhin bestehende Landadel suchte Sicherheit und Beständigkeit beim überwiegend vom preußischen Adel geführten Militär. Auch das Bürgertum, das der wachsenden Industriearbeierschaft skeptisch gegenüberstand und auch die neuen industriellen Methoden und Produkte (in Blankenese z. B. neue eiserne FischKutter) noch nicht akzeptiert hatte oder nicht finanzieren konnte waren verunsichert. In der Folge entwickelte sich im Deutschen Reich eine unübersichtliche, labile Lage, in der eine strenge Erziehung der Jugend und und auch die Kontrolle der erwachsenen Bevölkerung angeraten waren. In Blankenese konnte Probst Paulsen als Pastor und als Leiter der neuen Realschule beides gewährleisten, zumal ihm in Blankenese auch Geldmittel, gestiftet von den reichen Blankeneser Kaufleuten, zur Verfügung standen. Die Finanzierung des Schulbaus und der Betrieb einer neuen Realschule für Knaben waren ohne größere Probleme gewährleistet, zumal nicht alle Kosten allein von der Gemeinde getragen werden mussten.[4]

1894 wurde als Neubau ein roter Backsteinbau an der Oesterleystraße bezogen. 1906 bezog auch die 1890 gegründete private Schule für höhere Töchter, an der die Gemeinde Blankenese als Schulträger seit 1904 auch beteiligt war, ein neu erbautes eigenes Gebäude etwas südlich abgetrennt von der Realschule für Knaben. Beide Schulen konnten ihre in traditioneller Architektur gehaltenen Schulgebäude über beide Weltkriege bewahren. Noch heute finden sich in Fluren und Treppenhäusern der heute baulich vereinigten Schulgebäude architektonische Mischformen aus wilhelminischem Backsteinhistorismus, Jugendstil und Nachkriesmoderne mit Buntglasfenstern, Stuckarbeiten Fliesen und Kacheln aus der Bauzeit, obwohl im Laufe der Jahre die Strukturen des Schulgebäudes nach mehrmals erfordlichen Umbauten den jweiligen neuen Bedürfnissen immer wieder angepasst werden mussten.[5]

1952 bekam die Schule dann sogar ein eigenes, vom Schulgelände nur 500 m entferntes Freibad mit Sprungturm, zur Nutzung als Schulschwimmbad[6] 1959 bezog das inzwischen verstaatlichte Oberlyzeum für Mädchen ein eigenes Schulgelände in Willhöden und nennt sich seitdem Marion-Dönhoff-Gymnasium.

Erst seit seit 1968 lernen im Gymnasium Blankenese Jungen und Mädchen gemeinsam[7] 1977 wurde ein Verbindungstrakt zwischen dem Hauptgebäude und dem nördlichen Nebengebäude des ehemaligen Lyzeums für Mädchen fertiggestellt.[8] Zwischen 2005 und 2006 wurden die Gebäude umfassend saniert.[9] Durch einen Erweiterungsbau auf dem Schulgelände wurde die Schule 2017 um vier Klassenräume erweitert.

2017 machte die Schule Schlagzeilen, als sie im Rahmen einer Neuberechnung der Schulflächen pro Schüler Gebäude an die zuständige Schulbau Hamburg zurückgeben musste. Im Fall des Gymnasiums Blankenese handelte es sich um ein Toilettenhäuschen.[10] Weitere Aufmerksamkeit erregte ein Eklat um den seit 2018 im Amt befindlichen Schulleiter der Schule Joachim Hagner. Gegen diesen wird aktuell wegen des Verdachts der Untreue ermittelt.[11] Bei einer Rechnungsprüfung des Schulvereins tauchten Unstimmigkeiten in Zusammenhang mit einem Barankauf einer privaten Bibliothek von einem Bekannten des Schulleiters auf.[12] Zudem wurde öffentlich, dass sich auch das Lehrerkollegium des Gymnasiums an die Schulbehörde wandte und um ein Schlichtungsgespräch mit dem Schulleiter bat.[13] Bisheriger Höhepunkt des Streits zwischen der Schulleitung und den Elternvertretern war ein von 200 Eltern unterzeichneter Beschwerdebrief an den Hamburger Senator Ties Rabe über die Amtsführung von Schulleiter Joachim Hagner.[14] Auslöser für die jüngste Eskalation war auch das durch die Schulleitung ausgesprochene Verbot einer Rede der Autorin Katharina Hagena auf der Abschlussfeier der Abiturienten.[15] Ende Juli 2021 trat Hagner von seinem Posten zurück; Nachfolger wurde Michael Koops.[16]

Gebäude, Ausstattung

Stolperstein für Bruno Nehmert

Das Gebäude an der Oesterleystraße entstand 1893–1894 nach einem Entwurf von Baurat Greve, es wurde 1904 und 1906 erweitert. 1925 folgte ein Umbau durch den Hamburger Architekten Walther Baedeker. Alle Gebäudeteile stehen heute unter Denkmalschutz.[17]

Vor dem Haupteingang der Schule liegt seit 2010 ein Stolperstein für Dr. Bruno Nehmert, der ein NS-kritischer Lehrer für Deutsch und Geschichte an der Schule war.[18] Nehmert, der als ein großer Spötter bekannt war und seine Abneigung des NS-Regimes nie verborgen hatte, wurde 1944 wegen staatsfeindlicher Äußerungen nach der Anzeige eines unbekannten Artztes aus seinem privaten Umfeld im November 1944 in das Konzentrationslager Fuhlsbüttel verbracht. Er starb im März 1945 bei der Überführung in das KZ Neuengamme.Sein Schicksal wurde von vier Schülerinnen und Schülern im Rahmen eines Geschichtswettbewerbs aufgeklärt.[4]

Schulprogramme

Das bei der Gründung einer lateinlosen Realschule in Blankenese von Probst Paulsen vorgesehene Schulprogamm umfasste Kenntnisse und Fertigkeiten, die von den Söhnen der Eltern im Einzugsgebiet der Schule erworben werden konnten, um für einen zukünftigen praktischen Beruf oder für Tätigkeiten in Handel, Gewerbe und Schiffahrt vorbereitet zu sein. Auch die Berechtigung zum nur Einjährigen Militärdienst sollte mit dem Abschluss erlangt werden können. Ddie Pflege der Muttersprache war vorgesehen, Kenntnisse von Fremdsprachen sollten aber nur beschränkt vermittelt werden, wenn dadurch die Schulung des Geistes gefördert wird, und wenn es berufsbedingt erforderlich war. Ein potentieller sozialer Aufstieg wurde von Paulsen mit seinem Programm nicht angestrebt. Paulsen schätzte die in Blankenese vorhandenen potentiellen Schüler, die Söhne stolzer und mutiger Seefahrer, die bisher, wenn überhaupt, nur Privatschulen besucht hatten, an denen vieles erlaubt war, was an einer öffentlichen Schule nicht gedultet werden konnte, als wilde Burschen ein, die schwer zu bändigen waren und deren Eigenwillen nur mit straffer Zucht zu brechen sei. Dafür sollte der von Paulsen als erster Direktor auserwählte Dr. Walther Kirschten sorgen. Die Bewertung des von Kirschten verfolgten Schulprogramms, lässt sich aus seiner Antrittsrede und aus den Lobreden ableiten, die zu seinem Abschied im Jahr 1922 gehalten wurden.

Preise / Auszeichnungen

  • Mit seinem „digitalen Roulette“, das mehr als 350 echte Zufallszahlen pro Sekunde generiert, die sich zum Beispiel für Verschlüsselungslösungen eignen, hat Fabian Höfer vom Gymnasium Blankenese den mit 1000 Euro dotierten VDE-Sonderpreis im „Jugend forscht“-Finale 2017 erhalten.[19]
  • In sämtlichen Altersgruppen gewann die Skilanglauf-Gruppe des Gymnasiums Blankenese 2018 den ersten Platz bei den Hamburger Meisterschaften in Finsterau.[20]

Bekannte Lehrer und Absolventen

  • Detlef Bückmann (* 1927), Zoologe, Rektor der Universität Ulm
  • Linda Schultz, Schriftstellerin, unterrichtete bis 2018 am Gymnasium Blankenese die Fächer Deutsch, Kunst und Geografie.[21][22] Der 2014 von ihr veröffentlichte Hamburg-Krimi Elbgut spielt in Blankenese.[23]
  • Oscar Algner, das älteste Mitglied des Hamburger SV, war ein Schüler des Gymnasiums Blankenese.[24]
  • Steven Gätjen, deutsch-amerikanischer Fernsehmoderator, Schauspieler, Reporter und mittlerweile auch Filmkritiker.
  • Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, Absolvent des Gymnasiums Blankenese
  • Michael Sachs, (* 1947), deutscher Politiker (SPD).
Wetterfahne (2015)

Literatur

  • Fabian Wehner (Red.): Die Verwandlung. Reiseführer Blankenese. Das moderne Blankenese als Spiegel des 19. Jahrhunderts. Ein Historischer Rundgang von Schülern für alle. Hamburg 2017, ISBN 978-3-945465-60-8.
  • Ingrid Herzberg (Hrsg.) unter Mitarbeit von Hans Jürgen Höhling, Fabian Weber): Kurskorrekturen. Geschichte und Gegenwart des Gymnasiums Blankenese 1892–2017., Festschrift und Chronik zum 125. Jubiläum (= Schriften zur norddeutschen Geschichte, Band 2.) Edition Fischerhaus, Hamburg 2017, ISBN 978-3-945465-66-0.

Quellen

  • Schularchiv des Gymnasiums Blankenese

Weblinks

Commons: Gymnasium Blankenese – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Schulnummern Gymnasien Hamburg (gymnasium-hamburg.net, abgerufen am 4. Oktober 2017)
  2. Hamburg, alle Schulen 2010 (ganztagsschulen.org, abgerufen am 4. Oktober 2017)
  3. Behörde für Schule und Berufsbildung zusammen mit dem Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ): Schulinfosystem SISy, Angaben zum Gymnasium Blankenese aus dem Schuljahr 2021/22. (Abgerufen im Januar 2022)
  4. a b c Jürgen Höhling, Fabian Weber |Titel: Kurskorrekturen, Geschichte und Gegenwart des Gymnasiums Blankenese 1892–2017. Verlag:Edition Fischerhaus, Schriften zur norddeutschen Geschichte Bd. 2. Ort: Hamburg Blankenese Datum: 2017. ISBN 978-3-945465-66-0. |Seiten 60–65, 113
  5. So fing alles an. In: abendblatt.de, 18. Juli 2017
  6. Der Neuanfang - Gymnasium Blankenese. Abgerufen am 19. Mai 2018.
  7. Die Swinging Sixties - Gymnasium Blankenese. Abgerufen am 19. Mai 2018.
  8. Die 70er, 80er, 90er - Gymnasium Blankenese. Abgerufen am 1. Juni 2018.
  9. Nach der Jahrtausendwende - Gymnasium Blankenese. Abgerufen am 1. Juni 2018.
  10. 17 Schulen müssen zum neuen Schuljahr Räume abgeben. In: abendblatt.de, 15. April 2016, abgerufen am 5. Oktober 2017
  11. Aufruhr am Gymnasium Blankenese
  12. Bananenkistenweise Ärger, In: Die Zeit, Ausgabe 18/2021, 29. April 2021 (online abgerufen am 29. April 2021).
  13. Revolte gegen Rektor Schulsenator setzt Friedensrichter ein
  14. Schlammschlacht um Schulleiter am Gymnasium Blankenese
  15. Die Abi-Rede, die am Anfang eines Hamburger Eklats stand
  16. Abendblatt.de: Paukenschlag am Gymnasium Blankenese: Schulleiter wirft hin. Abgerufen am 30. Juli 2021.
  17. Hamburg.de: Denkmalliste. Abgerufen am 29. Mai 2020. (PDF, 2,3 MB)
  18. Bruno Nehmert *1897 Oesterleystraße 27 (vor Schule) (Altona, Blankenese). In: Stolpersteine Hamburg. Abgerufen am 3. Oktober 2017.
  19. Gymnasiast entwickelt digitales Roulette für echte Zufallszahlen. In: elektronikpraxis.vogel.de, 16. Juni 2017, abgerufen am 5. Oktober 2017
  20. Offizielle Ergebnisse Hamburger Meisterschaft 2018. In: JtfO Skilanglauf Hamburg. 31. Januar 2018 (jtfoskilanglauf.de [abgerufen am 2. April 2018]).
  21. Kollegium 2016-17 (gymnasium-blankenese, abgerufen am 5. Oktober 2017)
  22. Wine & Crime: Edle Tropfen, spannende Story. In: abendblatt.de, 8. Juli 2015, abgerufen am 5. Oktober 2017
  23. Hamburg-Krimi "Elbgut": So gefährlich kann Blankenese sein. In: abendblatt.de, 2. Juni 2015, abgerufen am 5. Oktober 2017
  24. Das älteste HSV-Mitglied schwärmt vom "Messi der 30er Jahre". In: abendblatt.de, 28. Oktober 2015, abgerufen am 5. Oktober 2017