Hohlleiter
Ein Hohlleiter ist ein Wellenleiter für elektromagnetische Wellen vorwiegend im Zentimeter-Wellenbereich (3 GHz bis 30 GHz). Hohlleiter sind Metallrohre mit meist rechteckigem, kreisförmigem oder elliptischem Querschnitt, in denen sich derart hohe Frequenzen im Gegensatz zu Kabeln sehr verlustarm übertragen lassen.
Physikalischer Hintergrund
Trifft eine elektromagnetische Welle senkrecht auf eine gut leitende Grenzfläche, wird sie in sich selbst reflektiert. Bei geeignetem Abstand einer parallelen zweiten Grenzfläche kann es zur Ausbildung einer stehenden Welle kommen. Weitere Wände bilden einen Hohlraumresonator. Die elektromagnetischen Wellen in dessen Innenraum sind jedoch stehende Wellen; es handelt sich um ein ortsfestes elektrisches und magnetisches Wechselfeld. Die möglichen Resonanzfrequenzen der stehenden Wellen hängen vom Abstand der Wände zueinander ab.
In einem Hohlleiter bewegt sich dagegen das elektrische und magnetische Wechselfeld fort:
Man stelle sich ein langes Rohr mit rechteckigem Querschnitt vor, in dem eine Welle zwischen den Schmalseiten hin und her reflektiert wird. Wird nun eine Welle mit kleinerer Frequenz verwendet, passen die (etwas größeren) Wellenlängen nur zwischen die Rohrwände, indem man sie sich im zick-zack in Rohr-Richtung verlaufend vorstellt. Auf diese Weise findet eine Wellenausbreitung statt. Die Mindestbreite eines Rechteckhohlleiters entspricht etwa der halben Wellenlänge der übertragenen Frequenz - genau dann passt nur ein einziger Schwingungsbauch in Querrichtung hinein. Man kann daher aus der Breite eines Rechteck-Hohlleiters auf die im zugehörigen Gerät verwendete niedrigste Frequenz schließen. Die dazugehörige Wellenlänge nennt man die kritische Wellenlänge
Ausbreitungsmodi
Die beschriebene Art der Ausbreitung kann so erfolgen, dass genau ein Wellenbauch (1/2 Wellenlänge) zwischen die Schmalseiten passt oder 2, 3, usw. Diese verschiedenen Ausbreitungsmodi bezeichnet man mit den Zahlen 1, 2, 3, etc. entsprechend den Vielfachen der Wellenlänge. (siehe auch: Schwingungsmode)
Bei höheren Frequenzen gesellen sich zu den horizontalen transversalen Modi noch die vertikalen zwischen Ober- und Unterseite des Rohrs, wo unabhängig wiederum verschiedene Modi auftreten. Deshalb ist zur Beschreibung eines Modus' im rechteckigen Hohlleiter jeweils die Angabe von 2 Zahlen notwendig: z.B. (2,3)-Modus. Dabei steht je eine der Zahlen für einen transversalen Modus in Richtung der elektrischen und der magnetischen Feldkomponente (E- und H-Richtung).
Vergleichbare Modi gibt es auch in runden Hohlleitern. Hier kommen jedoch noch Modi hinzu, die entlang des Rohrumfanges eine homogene Feldverteilung haben.
Die Ein- und Auskopplung der HF-Energie erfolgt durch Schlitze, Koppelschleifen, Stäbe, Trichter (Hornstrahler) oder Löcher - je nachdem, ob die Energie in einen anderen Hohlleiter, in ein Koaxialkabel oder ins Freie gelangen soll. Ort und Gestalt dieser Koppelelemente bestimmen die Ausbreitungsmodi und die Ausbreitungsrichtung der Wellen.
Hohlleiter-Frequenzbänder
Ein Hohlleiter mit bestimmten Abmessungen wird jeweils nur in einem bestimmten Frequenzbereich mit weniger als einer Oktave Bandbreite sinnvoll benutzt. Unterhalb der unteren Grenzfrequenz ist keine Ausbreitung möglich und die elektromagnetische Welle wird blindgedämpft, oberhalb der oberen Frequenzgrenze sind neben der gewünschten Grundmode unerwünschte höhere Moden ausbreitungsfähig. Handelsübliche Hohlleiter sind unter anderem für die folgenden Frequenzbereiche erhältlich:
Frequenzbereich Bandbezeichnung EIA-Bezeichnung Breite/mm Breite/Zoll 1,12...1,7 GHz L-Band WR-650 165,10 6,500 1,7...2,6 GHz LA-Band WR-430 109,22 4,300 2,2...3,3 GHz LS-Band WR-340 86,36 3,400 2,6...3,95 GHz S-Band WR-284 72,14 2,840 3,95...5,85 GHz G-Band WR-187 47,55 1,872 5,85...8,2 GHz J-Band WR-137 34,85 1,372 7,05...10,0 GHz H-Band WR-112 28,50 1,122 8,2...12,4 GHz X-Band WR-90 22,86 0,900 10,0...15,0 GHz M-Band WR-75 19,05 0,750 12,4...18,0 GHz P-Band WR-62 15,80 0,622 15,0...22,0 GHz N-Band WR-51 12,95 0,510 18,0...26,5 GHz K-Band WR-42 10,67 0,420 25,5...40,0 GHz R-Band WR-28 7,11 0,280 33,0...50,0 GHz Q-Band WR-22 5,69 0,224 40,0...60,0 GHz U-Band WR-19 4,78 0,188 50,0...75,0 GHz V-Band WR-15 3,76 0,148 75,0...110 GHz W-Band WR-10 2,54 0,100
Verschiedene Hohlleiter
Im Grunde beinhalten sämtliche Wellenleiter bzw. Hohlleiter dieselben Charakteristika. Einzig die Behandlung der verschiedenen Ausführungen weicht voneinander ab, insbesondere deren "Weiterleitung" der Wellen ( "cut-off Frequenz" ).
Während sich in einem Koaxialkabel TEM - Wellen ausbreiten, finden sich in einem "echten" Hohlleiter sogenannte H-Wellen, oder TE-Wellen.
Hohlleiter weisen ein Hochpassverhalten auf, mit als der Grenzfrequenz. Sowohl Rechteck- als auch Rundhohlleiter weisen unten genannte Grundwellentypen auf. Haben diese Grundwellen (bezogen auf H bzw. E Wellen) aufgrund der Abmessungen der Hohlleiter keine Möglichkeit sich auszubreiten, werden sich auch keine anderen Wellentypen ausbreiten. Siehe auch Hohlraumresonator.
Rechteckhohlleiter
Für einen Rechteckhohlleiter ist, wie vorangehend bereits erwähnt, die größte Abmessung ausschlaggebend (im Bild die Breite a). Das heißt, die Breite bestimmt die ausbreitungsfähigen Wellen in diesem Leiter.
Für die E-Welle in Ausbreitungsrichtung gilt:
Wobei m und n die Modenzahlen darstellen (m: x-Richtung (lateral) und n: y-Richtung (horizontal) bzgl. Darstellung Ausbreitungsmodi). a ist wiederum die maximale Abmessung des Hohlleiters (hier die Breite a). Siehe auch Maxwellsche Gleichungen.
Hieraus ergibt sich, dass der sogenannte Grundwellentyp der E-Wellen die Welle ist, da obige Gleichung mit den Werten m=0 oder n=0 ergibt, und somit keine E-Komponente in Ausbreitungsrichtung besteht. Somit müssen im Rechteckhohlleiter mindestens Wellen in Ausbreitungsrichtung entstehen können. Es können also keine oder Wellen existieren.
Rundhohlleiter
Da im Rundhohlleiter mit Zylinderkoordinaten gerechnet wird, ergeben sich die Besselfunktion und deren Ableitungen sowie Nullstellen, mit welchen die ausbreitungsfähigen H- und E-Wellen für den Rundhohlleiter bestimmt werden können. Nach Berechnungen mit den Besselfunktionen ergibt sich für den Rundhohlleiter der Grundwellentyp
Aufgrund einer höheren Wellendämpfung der Welle gegenüber der Welle, ist es oftmals wünschenswert die Ausbreitung des letzteren Wellentyps zu verbessern, bzw. ersterer zu verhindern. Aus diesem Grund werden die Innenseiten eines Rundhohlleiters oftmals mit Rillen versehen, welche die Ausbreitung der Welle stört, nicht jedoch die Welle (welche sich nur radial ausbreitet). Siehe Bild unten (Elliptischer Hohlleiter) .
Hohlleiter mit elliptischem Querschnitt
Neben Rechteckhohlleitern (siehe Feldlinienbild links oben: grau = metallische Außenkontur, violett = elektrische Feldlinien, grün = magnetische Feldlinien) finden auch Hohlleiter mit kreisrundem Querschnitt (Feldlinienbild rechts oben) oder elliptischem Querschnitt Verwendung. Mathematisch lassen sich runde Hohlleiter mit Hilfe der Besselfunktionen berechnen. Die Grenzwellenlänge entspricht auch bei den runden und den elliptischen Hohlleitern grob der doppelten Querabmessung (
Elliptische Hohlleiter lassen sich technisch günstig auch als flexible Leitungen gestalten (Bild). So können größere Längen davon in Rollen oder auf „Kabel“-trommeln aufbewahrt und transportiert werden. Auch lassen elliptische Hohlleiter kleinere Biegeradien zu als runde oder eckige.
Hohlleiter in der Praxis
Hohlleiter werden verwendet:
- im Mikrowellenofen (hier ist nur ein kurzes Stück zwischen Magnetron und Garraum vorhanden)
- an Richtfunkanlagen und Radioteleskopen zur Antennenspeisung
- in Satelliten zur Antennenspeisung und zur Speisung des Empfangsverstärkers
- im Plasmagenerator als Verbindung zwischen den Magnetrons und der Plasmakammer
- in RADAR-Geräten zur Übertragung der hohen Sendeimpulsleistung zur Antenne und des empfangenen Echos zurück in den Empfänger
- in Teilchenbeschleunigern zur Speisung der Beschleunigungskammern.