Völker Chinas

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Obwohl knapp 92 % der chinesischen Bevölkerung Han-Chinesen sind, gehören den 55 offiziell anerkannten ethnischen Minderheiten (insgesamt „56 Nationalitäten“) und ca. 15-20 nicht offiziell anerkannten ethnischen Gruppen (z. B. Sherpa) zusammen weit über 100 Millionen Menschen an. Ihr traditionelles Siedlungsgebiet erstreckt sich über mehr als 60 % des heutigen Staatsgebietes der Volksrepublik China. Nur 18 nationale Minderheiten überschreiten dabei jedoch die Millionengrenze.

Begriffe

Mauer mit Darstellung der 56 Völker Chinas in Peking

In der Volksrepublik China werden die „Nicht-Han“ summarisch mit dem Begriff shaoshu minzu (chinesisch 少數しょうすう民族みんぞく / 少数しょうすう民族みんぞく) bezeichnet, was mit „Minderheiten-Völker“, „Minderheiten-Nationalitäten“ oder „ethnische Minderheiten“ übersetzt werden kann.

Dabei stellen die „ethnischen Minderheiten“ jedoch vielerorts – lokal oder auch regional – die Mehrheit der Bevölkerung dar. In der Republik China hat sich (nur für Taiwan) inzwischen die Sammelbezeichnung yuanzhu min (chinesisch 原住民げんじゅうみん, dt. Ureinwohner) durchgesetzt. Früher waren Begriffe wie shandi tongbao (chinesisch 山地さんち同胞どうほう, Berglandsleute), tuzhu minzu (chinesisch ちょ民族みんぞく, dt. Eingeborenen-Völker), xianzhu min (chinesisch 先住民せんじゅうみん, dt. Ersteinwohner) oder auch gaoshan zu (chinesisch 高山たかやまぞく, dt. Völker der hohen Berge) üblich und verbreitet.

Im Gegenzug kann man die „Nicht-Han“ keineswegs generell mit dem Begriff „Ureinwohner“ oder gar „indigene Völker“ von den Han abgrenzen, da auch die Han fast überall in China „Ureinwohner" oder „Indigene“ sind. Taiwan ähnelt als Sonderfall der Situation in den USA und Australien, auch wenn die Anfänge der Besiedlung durch Han hier deutlich länger zurückliegen als die Besiedlung Nordamerikas und Australiens durch Europäer. Schon bei den Tibetern von „Ureinwohnern“ zu sprechen, wäre zwar im Wortsinne nicht falsch, hätte aber doch einen falschen Beiklang, da sie im größten Teil ihres traditionellen Siedlungsgebiets, insbesondere in Tibet, nach wie vor die überwältigende Bevölkerungsmehrheit stellen. Manche ethnischen Gruppen der Volksrepublik, zum Beispiel die Russen und die Salar, könnten (als Zuwanderer) überhaupt nicht, andere – zum Beispiel die Koreaner – nur sehr eingeschränkt als „Ureinwohner“ oder „Indigene“ bezeichnet werden. Auch ein Begriff wie „Randvölker“ trifft nicht auf alle zu, da die Siedlungsgebiete vieler Gruppen die Siedlungsgebiete der Han wie ein Flickenteppich durchziehen.

Eine Sonderrolle kommt den im Laufe der Geschichte mehrfach nach China zugewanderten Juden zu: Großteils sind sie durch ethnische Durchmischung und kulturelle Assimilation in der chinesischen Urbevölkerung aufgegangen. Der Rest wird von der chinesischen Staatsführung offiziell nicht als Minderheit anerkannt.

Zusammenleben der Völker in Geschichte und Gegenwart

Zweisprachiger Unterricht ist heute weit verbreitet, auch sind Angehörige nationaler Minderheiten offiziell von der 1-Kind-pro-Frau-Regel ausgenommen, ohne dass sie staatliche Sanktionen befürchten müssen. Allerdings waren die Minderheiten von den negativen Folgen der Zwangskollektivierung und Industrialisierung während des „Großen Sprungs nach vorn“ (1958/59) und der Kulturrevolution (1966-1976) stärker betroffen als die Mehrheitsbevölkerung.

In den von Minderheiten dünn besiedelten Grenzregionen Tibet, Xinjiang und der Inneren Mongolei wird der Zuzug von Han-Chinesen teilweise heftig kritisiert, weil die Ethnien dadurch auch in ihren traditionellen Siedlungsgebieten in die Minderheit geraten. Die Volksrepublik begründet das Vorgehen mit der wirtschaftlichen Entwicklung ungenutzter Ressourcen, während vor allem Vertreter der Tibeter und Uiguren dahinter Maßnahmen gegen Unabhängigkeitsbestrebungen der Regionen vermuten. Vor allem die lamaistischen Tibeter beklagen, auch eine Einschränkung ihrer Religionsfreiheit. Trotzdem gibt es selbst in Peking lamaistische Tempel, die auch von Han-Chinesen besucht werden. Das Praktizieren der Religion ist offiziell nicht eingeschränkt, die Verehrung des Dalai Lamas als Oberhaupt aber untersagt, da ausländischen Institutionen keine Autorität innerhalb Chinas zugestanden wird. Ähnliche Probleme haben die Katholiken, die den Papst als höchste Instanz verehren.

Liste der Völker Chinas

Einige wichtige ethnische Minderheiten sind die

In der Reihenfolge der Bevölkerungszahl mit ihren offizielle Bezeichnungen nach GB/T 3304—1991 (中国ちゅうごくかく民族みんぞく名称めいしょうてき罗马字母じぼ拼写ほう和代かずよ, Zhōngguó gè mínzú míngchēng de Luómǎ zìmǔ pīnxiěfǎ hé dàimǎ) sind die 56 Völker:

offizielle Bezeichnung gebräuchlicher deutscher Namen und andere Bezeichnungen Chinesisch Pinyin Eigenbezeichnung Bevölkerung Verbreitung eigene Schriftsprache(n)
Han Han-Chinesen 汉族 Hànzú 汉族 1.137.386.112 ganz China, Südostasien Chinesische Sprachen
Zhuang Zhuang たけしぞく Zhuàngzú Bouxcuengh (Bouчcueŋь) 16.178.811 Guangxi, Yunnan, Guangdong Zhuang
Man Mandschu, Mandschuren 满族 Mǎnzú 满族 (Manju) 10.682.263 Liaoning, Hebei, Heilongjiang, Jilin nein
(Mandschurisch ist praktisch ausgestorben)
Hui Hui, Hui-Chinesen, chinesische Muslime; Dunganen かいぞく Huízú かいみん, かいぞく 9.816.805 Ningxia und ganz China nein
Miao Miao, Hmong; Vietnamesisch: Mèo, Hmông; Thai: แม้ว (Maew), ม้ง (Mong) なえぞく Miáozú 8.940.116 Guizhou, Hunan, Yunnan, Chongqing, Sichuan, Guangxi, Hubei, Hainan; Vietnam, Laos, Thailand offizielles, wenig verwendetes Alphabet in China, mehrere "inoffizielle" Schriftsysteme
Uygur Uiguren 维吾尔族 Wéiwú’ěrzú ئۇيغۇر (Uyƣur) 8.399.393 Xinjiang; Usbekistan, Kasachstan Uigurisch
Tujia Tujia 家族かぞく Tǔjiāzú 8.028.133 31,5% in Hunan, 31% in Hubei, 18,9% in Sichuan, 18% in Guizhou
Yi Yi, veraltet: Lolo, oder Nosu つねぞく Yízú ꆇꉙ (Nuoxhxop) 7.762.286 61,7% in Yunnan, 27,1% in Sichuan, 10,8% in Guizhou, einige Tausend in Guangxi Yi
Mongol Mongolen こうむぞく Měnggǔzú 5.813.947 70,2% in der Inneren Mongolei, 12,2% in Liaoning, 3,3% in Jilin, 2,9% in Heilongjiang, 2,9% in Xinjiang, 1,5% in Qinghai; Mongolei Mongolisch
Zang Tibeter ぞうぞく Zàngzú 5.416.021 45,6% in Tibet, 23,7% in Sichuan, 19,8% in Qinghai, 8% in Gansu, 2,4% in Yunnan Tibetisch
Buyei Bouyei ぬのぞく Bùyīzú Buxqyaix [pu ʔjai] 2.971.460 Guizhou Bouyei
Dong Dong, Kam 侗族 Dòngzú Gaeml [kɐm] 2.960.293 Guizhou, Hunan, Guangxi Dong
Yao Yao ようぞく Yáozú 2.637.421 62,1% in Guangxi, 21,5% in Hunan, 8,1% in Yunnan, 6,4% in Guangdong, 1,5% in Guizhou zwei Schriftsprachen: Mian und Bunu
Chosen Koreaner あさ鲜族 Cháoxiǎnzú 조선족 [ʧʰosɔnʤuk] 1.923.842 Jilin, Liaoning, Heilongjiang Koreanisch
Bai Bai しろぞく Báizú 1.858.063 84% in Yunnan, 7,7% in Guizhou, 7,2% in Hunan
Hani Hani, Akha 哈尼ぞく Hānízú Haqniq 1.439.673 Yunnan Hani
Kazak Kasachen 哈萨かつぞく Hāsàkèzú 1.250.458 Xinjiang, Gansu, Qinghai Kasachisch
Li Li はじむぞく 1.247.814 Hainan
Dai Dai 傣族 Dǎizú [tai] 1.158.989 Yunnan vier Schriftsprachen: Tai Lü, Tai Nüa, Tai Dam, Tai Pong
She She 畲族 Shēzú 709.592 55% in Fujian, 27,4% in Zhejiang, 12,1% in Jiangxi, 4,2% in Guangdong
Lisu Lisu 傈僳ぞく Lìsùzú 634.912 96,9% in Yunnan, 2,8% in Sichuan Lisu (Frazer-Schrift und "Neue Schrift")
Gelao Gelao 仡佬ぞく Gēlǎozú [klau] 579.357 Guizhou, Guangxi
Dongxiang Dongxiang 东乡ぞく Dōngxiāngzú 513.805 83,3% in Gansu, 15,1% in Xinjiang
Lahu Lahu, Kawzhawd, Kucong ひしげ祜族 Lāhùzú 453.705 Yunnan
Sui Sui みずぞく Shuǐzú --- 406.902 Guizhou
Va Va, Wa, Parauk 佤族 Wǎzú Ba rāog 396.610 Yunnan Va
Naxi Naxi, Nahsi, Nakhi 纳西ぞく Nàxīzú --- 308.839 95,6% in Yunnan, 3,1% in Sichuan
Qiang Qiang 羌族 Qiāngzú --- 306.072 Sichuan
Tu Tu, Monguor, Tsagaan Mongol ("Weiße Mongolen") ぞく Tǔzú [maŋɡuer], [moŋɡuer] 241.198 Qinghai, Gansu Lateinschrift im Versuchsstadium
Mulao Mulam 仫佬ぞく Mùlǎozú 207.352 Guangxi
Xibe Xibe, Sibe 锡伯ぞく Xíbózú 188.824 69,4% der Xibe leben in Liaoning, 19,1% in Xinjiang, 5,3% in Heilongjiang und 2% in Jilin ja
Kirgiz Kirgisen 柯尔かつつとむぞく Kē'ěrkèzīzú 160.823 Xinjiang ja
Daur Daur, Dahuren, Daghuren 达斡尔族 Dáwò’ěrzú Daor 132.394 Innere Mongolei, Heilongjiang, Xinjiang Lateinschrift im Versuchsstadium
Jingpo Jingpo, Tsaiva, Lechi; Kachin けい颇族 Jǐngpōzú 132.143 Yunnan ja
Maonan Maonan もう难族 Máonánzú 107.166 Guangxi
Salar Salar 撒拉ぞく Sālāzú [salar] 104.503 87,8% in Qinghai, 7,7% in Gansu, 4,2% in Xinjiang
Blang Blang, Bulang ぬのろうぞく Bùlǎngzú 91.882 Yunnan
Tajik Tadschiken とうよしかつぞく Tǎjíkèzú [tuʤik] 41.028 Xinjiang (nicht in China)
Achang Achang, Ngac’ang, Maingtha おもねあきらぞく Āchāngzú 33.936 Yunnan
Pumi Primi ひろしべいぞく Pǔmǐzú [phʐẽmi] 33.600 Yunnan
Ewenki Ewenken 鄂温かつぞく Èwēnkèzú 30.505 Innere Mongolei, Heilongjiang
Nu Nu いかぞく Nùzú 28.759 Yunnan
Gin Vietnamesen, Gin, Kinh きょうぞく Jīngzú 22.517 Guangxi ja, aber nicht in China
Jino Jino もと诺族 Jīnuòzú [tɕyno], [kino] 20.899 Yunnan
Deang De'ang, Palaung とくのぼるぞく Dé’ángzú 17.935 Yunnan
Bonan Bonan 保安ほあんぞく Bǎo’ānzú 16.505 90,6% in Gansu, 5% in Qinghai, 3,9% in Xinjiang
Russ Russen にわか罗斯ぞく Éluósīzú Русские 15.609 Xinjiang, Innere Mongolei ja
Yugur Yugur, Gelbe Uiguren ひろしかたぞく Yùgùzú 13.719 96% in Gansu, 2,3% in Xinjiang
Uzbek Usbeken; Ozbek 乌孜别克ぞく Wūzībiékèzú 12.370 Xinjiang ja
Monba Monba, Moinba 门巴ぞく Ménbāzú 8.923 Tibet
Oroqen Oroqen, Orotschonen 鄂伦はるぞく Èlúnchūnzú 8.196 51,5% in Heilongjiang, 44,5% in der Inneren Mongolei, 1,2% in Liaoning
Derung Derung, Drung どく龙族 Dúlóngzú [tɯɹɯŋ] 7.426 95,2% in Yunnan, 1,7% in Guizhou
Tatar Tataren とうとう尔族 Tǎtǎ’ěrzú 4.890 Xinjiang
Hezhen Hezhen, Golden, Nanai 赫哲ぞく Hèzhézú [xədʑən], [nanio], [kilən] 4.640 Heilongjiang
Gaoshan (Sammelbezeichnung der Ureinwohner Taiwans) 高山たかやまぞく Gāoshānzú --- 4.461 über alle Provinzen verteilt, überwiegend in Taiwan ---
Lhoba Lhoba 珞巴ぞく Luòbāzú 2.965 Tibet

Nicht anerkannte chinesische Minderheiten

Eine Reihe von Ethnien wurden in der VR China offiziell nicht als Minderheiten anerkannt. Zu dieser Gruppe gehören rund 730.000 Menschen. Rund 20 dieser Gruppen streben die Anerkennung als ethnische Minderheit derzeit an. Dabei gibt es diejenigen Gruppen, die gar nicht als nationale Minderheit anerkannt sind. Zu ihnen gehören beispielsweise die Khmu (chinesisch かつじん), die Sherpa (chinesisch なつ尔巴じん) oder die Juden in China (chinesisch 犹太, Pinyin Youtai). Zudem gibt es diejenigen Gruppen, die einer anderen ethnischen Minderheit zugerechnet werden. Zu ihnen gehören u.a. die Abdal (offiziell zu den Uiguren gerechnet), die Mosuo (zu den Naxi bzw. Mongolen gerechnet), die Shan (während ein Teil den Bouyi und ein Teil den Zhuang zugerechnet werden, bleibt ein dritter Teil unzugeordnet) oder die Tuwiner (offiziell werden sie der ethnischen Minderheit der Mongolen zugerechnet).

Indigene Bevölkerung Taiwans

Hauptartikel: Indigene Völker Taiwans

Siehe auch

Literatur

  • Dreyer, June Teufel: China’s forty millions. Minority nationalities and national integration in the People’s Republic of China (Cambridge, Harvard University Press 1976), ISBN 0-674-11964-9.
  • Eberhard, Wolfram: China's minorities. Yesterday and today (Belmont, Wadsworth 1982), ISBN 0-534-01080-6.
  • Fei Hsiao Tung [Fei Xiaotong]: Toward a people’s anthropology (Beijing, New World Press 1981).
  • Heberer, Thomas (Hg.): Ethnic minorities in China. Tradition and transformation (Aachen, Rader 1987), ISBN 3-922868-68-1.
  • Heberer, Thomas: Nationalitätenpolitik und Ethnologie in der Volksrepublik China (Bremen, Übersee-Museum 1982), ISBN 3-88299-035-X.
  • Heberer, Thomas: Nationalitätenpolitik und Entwicklungspolitik in den Gebieten nationaler Minderheiten in China (Universität Bremen 1984), ISBN 3-88722-087-0.
  • Ma Yin: Die nationalen Minderheiten in China (Beijing, Verlag für fremdsprachige Literatur 1990), ISBN 7-119-00010-1.
  • Mackerras, Colin: China's minorities. Integration and modernization in the twentieth century (Hong Kong etc., Oxford University Press 1994), ISBN 0-19-585988-X.
  • Ogawa Yoshikazu 小川おがわけいまん: Shakaishugi Chūgoku ni okeru shōsū minzoku kyōiku: "minzoku byōdō" rinen no tenkai 社会しゃかい主義しゅぎ中国ちゅうごくにおける少数しょうすう民族みんぞく教育きょういく:「民族みんぞく平等びょうどう理念りねん展開てんかい (Tōkyō, Tōshindō ひがししんどう 2001), ISBN 4-88713-384-7.
  • Tomson, Edgar: Die Volksrepublik China und das Recht nationaler Minderheiten (Metzner 1963).
  • Zhang Weiwen; Zeng Qingman: In search of China’s minorities (Beijing, New World Press 1993), ISBN 7-80005-176-5.
  • National minorities in new China (Beijing, Verlag für fremdsprachige Literatur 1954).