Mann von Bernuthsfeld

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Der Mann von Bernuthsfeld ist eine aus dem späten 7. oder frühen 8. Jahrhundert stammende Moorleiche, die im Jahre 1907 im Moor Hogehahn bei Tannenhausen im Landkreis Aurich gefunden wurde. Eine Besonderheit dieses archäologischen Fundes ist die außerordentlich gut erhaltene wollene Bekleidung des Mannes.

Die Überreste des Mannes von Bernuthsfeld, mitsamt seiner Kleidung, werden im Ostfriesischen Landesmuseum in Emden gezeigt. Man nennt ihn kurz "Bernie".

Fundumstände

Die Brüder de Jonge aus Tannenhausen stießen am 24. Mai 1907 beim Torfstechen im Moor Hogehahn, einem Teil des Meerhuser Moores auf die eine Leiche, doch aus Furcht vergruben sie die Leiche wieder. Die Nachricht über ihren Fund verbreitete sich allerdings und ein zuständiger Polizist meldete den Fund an den Auricher Archivrat des Staatsarchivs Dr. Wachter. Dieser ließ den Fundplatz untersuchen und neben dem Skelett noch weitere Haare, Kleidungsteile, eine Messerscheide und einen Holzzweig bergen. Das von einem Amtsarzt rekonstruierte Skelett wurde zusammen mit den Beifunden der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer übergeben.


Befunde

Die erste wissenschaftliche Bearbeitung des Fundes erfolgte durch Hans Hahne, der seine Ergebnisse 1925 veröffentlichte.[1] Danach wurde der etwa 30 Jahre alte Mann durch einen Schlag auf die linke Schädelseite getötet. Nach Auskunft der beiden Finder war die Leiche jedoch in einer sorgfältig mit Moos ausgepolsterten Grabgrube in Nord-Süd Ausrichtung beigesetzt worden. Offen bleibt die Frage, warum der Mann nicht auf einem regulären Friedhof oder einem Gräberfeld beigesetzt wurde. Die außerordentlich gut erhaltene Kleidung des Mannes gibt Auskunft über Herstellung und Tragweise von Textilien im frühen Mittelalter. Als Oberbekleidung trug er einen oftmals geflickten, etwa knielangen und langärmligen Wollkittel mit einem seitlichen Halsausschnitt. Der stark abgetragene Kittel war aus 45 einzelnen Stofffetzen flickenteppichartig zusammengesetzt. Die Stofffetzen stammten aus 20 verschiedenen Geweben, in 9 unterschiedlichen Webmustern. Alle Nähte wurden aus den Kettfäden der Gewebe in einer einheitlichen Qualität ausgeführt und sämtliche Stoffe wurden in Zweitverwendung verarbeitet. Stärker verschlissene Stoffteile wurde zum Teil doppelt gelegt und vernäht. Die Stoffe wiesen unterschiedliche Färbungen und Muster auf, genaue Farbanalysen stehen allerdings noch aus.[2] Über dem Kittel trug er einen wolldeckenähnlichen Mantel und um die Beine Wickelgamaschen.

Eine 14C-Datierung mittels Beschleuniger-Massenspektrometrie (AMS) einiger Kopfhaare, aus dem Nachlass von Alfred Dieck, einer möglicherweise unsicheren Quelle[3], ergab einen Todeszeitpunkt etwa zwischen 680 und 775 n. Chr.[4]

Einzelnachweise

  1. Hahne, 1925
  2. Heidemarie Farke: Der Männerkittel aus Bernuthsfeld. Beobachtungen während einer Restaurierung. In: Bender Jørgensen, Rinaldo (Hrsg.): Textiles in European Archaeology: Report from the 6th NESAT Symposium, 7-11th May 1996 in Borås. University Department of Archaeology, Göteborg 1998, ISBN 1-84217-162-3.
  3. Wijnand van der Sanden: C14-Datierungen von Moorleichen aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein. In: Niedersächsischer Landesverein für Urgeschichte (Hrsg.): Die Kunde N.F. Nr. 46, 1995, ISSN 0342-0736, S. 137–155.
  4. Johannes van der Plicht, Wijnand van der Sanden, A. T. Aerts, H. J. Streurman: Dating bog bodies by means of 14C-AMS. In: Journal of Archaeological Science. Band 31, Nr. 4, April 2004, ISSN 0305-4403, S. 471–491, doi:10.1016/j.jas.2003.09.012 (englisch, ub.rug.nl [PDF; 388 kB; abgerufen am 2. Juni 2010]).

Literatur

  • Hans Hahne: Die Moorleiche aus dem Hochmoor "Hogehahn" bei Bernuthsfeld, Kr. Aurich. In: Provinzialmuseum Hannover (Hrsg.): Vorzeitfunde aus Niedersachsen Teil B - Moorleichenfunde aus Niedersachsen. Lax, Hildesheim 1925, S. 49 ff.

Koordinaten: 53° 32′ 15,88″ N, 7° 28′ 11,42″ O