Immunglobulin G

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. November 2016 um 21:36 Uhr durch Ghilt (Diskussion | Beiträge) (→‎Funktion: Erst- und Zweitkontakt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
räumliche Darstellung eines IgG-Antikörpers

Immunglobulin G (IgG) oder Gammaglobulin sind die Antikörper (Immunglobuline) der Klasse G, die vor allem gegen Viren und Bakterien wirken. Die Bildung von Immunglobulinen ist Teil der humoralen Immunabwehr, also der nicht-zellgebundenen Immunabwehr durch im Blut lösliche Stoffe. Biochemisch handelt es sich um Glykoproteine. Sie werden von B-Lymphozyten oder Plasmazellen nach Kontakt mit einem Antigen produziert.

Neugeborene können zunächst keine eigenen IgG bilden und sind vorübergehend auf die Antikörper der Mutter angewiesen. Schon im fötalen Blut lässt sich teilweise IgG nachweisen. Es passiert die Plazenta mit Hilfe von bestimmten Transportrezeptoren.

Funktion

Immunglobuline vom Typ G dienen der Neutralisation, Opsonisierung, Komplementaktivierung und antikörperabhängigen zellvermittelten Zytotoxizität. Die Immunglobuline selbst können das entsprechende Ziel nicht zerstören, sie haben vielmehr die Aufgabe, die Ziele zu markieren und für weitere Abwehrsysteme besser angreifbar zu machen. Da ein IgG jedoch nur an ein einziges Antigen binden kann, gehört die Antikörperbildung zum spezifischen Anteil des Immunsystems. Bestimmte Plasmazellen bilden ganz bestimmte Antikörper, die gegen ein bestimmtes Antigen gerichtet sind. Man spricht daher auch von der Funktion der Plasmazelle als Gedächtniszelle. Da IgG erst nach einem Klassenwechsel und vornehmlich von B-Gedächtniszellen gebildet werden, gehören sie bei einem Erstkontakt mit einem Antigen zur sekundären humoralen Immunantwort. Bei einem erneuten Kontakt werden sie bereits nach 24 bis 48 Stunden nachweisbar. Im Rahmen einer Impfung kann die Antikörperbildung gegen ein bestimmtes Antigen von den Plasmazellen „gelernt“ werden und kann den Organismus in die Lage versetzen, bei erneutem Kontakt mit dem gleichen Antigen auch nach vielen Jahren rasch und in großer Zahl spezifisch wirkende Antikörper zu bilden.

In der Milz werden die Immunglobuline teilweise zerlegt, wobei das Gewebshormon Tuftsin (ein Tetrapeptid) freigesetzt wird.

Subtypen

Es gibt vier Subtypen von IgG, IgG1-4. IgG ist der häufigste Typ von Immunglobulinen im Blutkreislauf des Menschen.

Name Anteil an IgG Plazentagängigkeit Komplementaktivierung Bindung an Fc-Rezeptoren auf Phagozyten Plasmahalbwertszeit[1]
IgG1 66% Ja (1,47)* zweithöchste hohe Affinität 21 Tage
IgG2 23% Nein (0,8)* dritthöchste sehr niedrige Affinität 21 Tage
IgG3 7% Ja (1,17)* höchste hohe Affinität 7 Tage
IgG4 4% Ja (1,15)* keine mittlere Affinität 21 Tage
* Verhältnis der Konzentrationen von Nabelschnur- zu Mutterblut.[2]

Struktur

Aufbau eines typischen IgG-Antikörpers. 1 Fab-Abschnitt, 2 Fc-Abschnitt, 3 schwere Ketten, 4 leichte Ketten, 5 Antigenbindungsstelle (Paratop), 6 hinge-Region (dt. ‚Scharnier‘)

Der Antikörper besteht aus zwei langen („schweren“) und zwei kurzen („leichten“) Proteinketten und hat die Form eines „Y“. Die schweren Ketten haben eine Molekülmasse von 50.000 Dalton und sind beim "Immunglobulin G" stets der Klasse Gamma zuzuordnen, die leichten Ketten haben eine Molekülmasse von 25.000. Die gesamte Molare Masse beträgt rund 150.000 Dalton (2×50.000 + 2×25.000). An den kurzen Enden des Y befinden sich die Bindungsstellen, die an Antigene (Fremdkörper, zum Beispiel spezifische Oberflächenstrukturen von Bakterienzellen) oder Haptene binden können. Jeweils eine schwere und eine leichte Kette sind über eine Disulfidbrücke verbunden. Beide schwere Ketten sind über zwei Disulfidbrücken verbunden. Der antigenbindende Anteil der IgG (Fab-Fragment) ist sehr variabel. Es ist berechnet worden, dass etwa 106 bis 109 chemisch verschiedene Fab-Abschnitte möglich sind. Die entsprechenden Genabschnitte unterliegen während des Lebens den entsprechenden notwendigen Mutationen. Die Bindung an Oberflächenantigene löst weitere immunologische Reaktionen aus, die zur Vernichtung der betroffenen Zellen oder Antigen-präsentierenden Strukturen führen kann.

Die schweren Ketten der Immunglobuline der Klasse G (Gamma) werden in vier isotypische Subklassen (Gamma 1-4) unterteilt. Die leichten Ketten kommen in zwei Arten (kappa und lambda) vor.

Durch bestimmte Enzyme (z. B. Papain oder Pepsin) lassen sich die IgG-Antikörper in zwei Fragmentarten aufspalten. Die drei Fragmente, die man nach dem Schneiden mit Papain erhält, sind:

  • Fab: Zwei Fragmente, welche eine einwertige Antigenbindungsstelle enthalten (engl. fragment, antigen binding).
  • Fc: Ein Fragment, das an Komplementproteine oder zelluläre Fc-Rezeptoren binden kann (engl. fragment, cristallizable).

Wenn man das Immunglobulin mit Pepsin schneidet, dann erhält man:

  • F[ab]2: Ein Fragment, welches eine zweiwertige Antigenbindungsstelle enthält und durch die Disulfidbrücken unter der Gelenkregion zusammengehalten wird
  • Fc: Es entsteht kein Fc-Fragment, da das Heterodimer nicht mehr durch die Disulfidbrücken unter der Gelenkregion zusammengehalten wird. Das Resultat sind zwei Polypeptidketten

Wenn man das Immunglobulin mit Plasmin schneidet, erhält man:

  • Facb: Ein Fragment, welches eine zweiwertige Antigenbindungsstelle (Paratop) enthält und weiterhin durch die Polysaccharidkomponente und Disulfidbrücken im Fc-Teil zusammengehalten wird
  • pFc: Zwei Polypeptidketten, die nicht durch Bindungen zusammengehalten werden.

Pathologie

Körpereigene Antigene werden im Rahmen der Selbsttoleranz als „eigen“ betrachtet und führen normalerweise nicht zu einer spezifischen Antikörperbildung gegen diese Antigene. Bei Autoimmunerkrankungen kann es jedoch zu einer Bildung von Antikörpern gegen körpereigene Strukturen kommen, die einen Krankheitswert haben.

Störungen der Antikörper-IgG-Bildung werden als Gammopathien bezeichnet. Die Hypogammaglobulinämie bezeichnet eine krankhaft zu geringe Produktion an IgG-Antikörpern. Die Agammaglobulinämie bezeichnet den Ausfall der Antikörperbildung. Schwerer Eiweißmangel (Inanition, lange Hungerzeiten) oder schwere Nierenerkrankungen (nephrotisches Syndrom) können die Antikörperbildung beeinträchtigen. Eine Herabsetzung der IgG-Bildung führt zu teilweise schweren Infektionskrankheiten. IgG sind an manchen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen beteiligt.[3]

Labor

Die Immunglobuline G sind in der Elektrophorese gut im Bereich Gamma 1-2 als eigenständiger Peak zu erkennen. In der Immunelektrophorese sind sie ebenfalls identifizierbar. Im Blut des Menschen sind etwa 8 Gramm IgG pro Liter enthalten und stellen 11-18 % des Gesamteiweißes im Blut dar.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. F. A. Bonilla: Pharmacokinetics of immunoglobulin administered via intravenous or subcutaneous routes. In: Immunology and allergy clinics of North America. Band 28, Nummer 4, November 2008, S. 803–19, ix, doi:10.1016/j.iac.2008.06.006, PMID 18940575.
  2. Hashira S, Okitsu-Negishi S, Yoshino K: Placental transfer of IgG subclasses in a Japanese population. In: Pediatr Int. 42. Jahrgang, Nr. 4, August 2000, S. 337–42, doi:10.1046/j.1442-200x.2000.01245.x, PMID 10986861.
  3. C. Cai, J. Shen, D. Zhao, Y. Qiao, A. Xu, S. Jin, Z. Ran, Q. Zheng: Serological investigation of food specific immunoglobulin G antibodies in patients with inflammatory bowel diseases. In: PloS one. Band 9, Nummer 11, 2014, S. e112154, doi:10.1371/journal.pone.0112154, PMID 25393003, PMC 4230978 (freier Volltext).