Welt

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Welt bezeichnet all das, was ist. Der Begriff umfasst also nicht Einzelerscheinungen, sondern eine Totalität. Diese Allheit des Vielen in Einem, eine Welt, kann aufgefasst werden als Gesamtheit der bezogenen Objekte und als Ganzes der geteilten Beziehungen.

Das große Ganze weiter Welt: ein Blick ins Universum (Hubble Deep Field 1995)
Unsere Welt: die kugelige Erde (1972)

Definitionsschwierigkeiten und Begriffsgeschichte

Die Einschätzung, was zu diesem Begriff im Einzelnen genau gehört, ist abhängig von subjektiven und kulturellen Vorstellungen. Deshalb bestehen je nach individuellem Wissensumfang und besonders dem jeweiligen Kulturareal unterschiedliche Ansichten darüber, was unter Welt genau zu verstehen sei. Im Laufe der Zeit haben sich sehr viele verschiedene Verwendungen des Begriffs herausgebildet.

So ist zum Beispiel im Gegensatz zum vergleichsweise exakt definierbaren Begriff der Erde im Sinne des räumlich klar definierten Planeten der Begriff Welt meist weiter gefasst und umfasst in seiner weitesten Auslegung die Gesamtheit des physikalischen Universums bzw. des Weltalls sowie alles Seiende, das sich innerhalb dieses Universums als existierend wahrnehmen oder annehmen lässt. Für die Griechen der Antike hingegen war die Welt ein Kosmos, also im Gegensatz zum Chaos ein wohlgeordnetes harmonisches Ganzes. Der Begriff Welt muss daher für eine genaue Definition immer im Kontext kultureller, religiöser, wissenschaftlicher und philosophischer Anschauungen behandelt werden.

Weltkarte der Nürnberger Chronik (1493) – „Die werlt wirdt daruemb ein umbkrais genant dz sie simbel rotund gescheybelt oder kugelt ist.“

Geschichtlich wurde der Begriff – insbesondere vor den astronomischen und geografischen Entdeckungen der Neuzeit – meist als der jeweils bekannte Teil der Erdoberfläche, des Himmels, der Natur und teilweise auch der Götter verstanden. Dieses Verständnis änderte sich in der Neuzeit, in deren Zuge stärker zwischen der Erde als einzelnem Planeten und der Welt als ganzem Universum unterschieden wurde. Andererseits meint man auch heute noch, wenn man von Weltgeschichte spricht, in erster Linie die Geschichte der menschlichen Gesellschaft, obgleich in der Formulierung Weltgeschichte, etwa in der Fassung des Weltgeists bei Hegel, eine universelle Dimension des philosophisch Absoluten mitschwingt.

Welt (althochdeutsch weralt, mittelhochdeutsch werlt)[1] ist ursprünglich ein rein singulares Wort, das erst seit Ende des 16. Jahrhunderts sprachübergreifend auch im Plural Welten verwendet wird. Dabei hielt sich für das Weltall der Singular, für die Weltkugel hingegen ist die Pluralbildung möglich.

Der Begriff Welt in verschiedenen Disziplinen

Geografie

Darstellung der Welt der Geographike des Ptolemäus (* ca. 100)
Darstellung der Welt der Historien des Herodot (* ca. 484 v. Chr.)
Weltkarte mit physischen, politischen und Bevölkerungsmerkmalen gemäß 2018 in Mercator-Projektion, basierend auf den CC0 Geodaten Natural Earth.

Nach heutiger Betrachtungsweise wird in Bezug auf den naturwissenschaftlichen Erkenntnishorizont der Begriff „Welt“ meist deckungsgleich mit dem uns bekannten Universum und allen seinen Bestandteilen aufgefasst. Doch kann die Bezeichnung Welt in manchem Zusammenhang auch synonym zu Erde gebraucht werden, so beispielsweise bei Weltkarte als einer Karte der gesamten Erdoberfläche. Auch die Bezeichnung weltweit bezieht sich meist nur auf die Erde, nicht auf das Universum.

Politik

In der Politik wird Welt zum Teil für Abgrenzungen in geografischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht verwendet. Man spricht zum Beispiel von der Alten Welt, der Neuen Welt, von einem Weltreich, einer Ersten, Zweiten, Dritten und Vierten Welt oder auch von einer westlichen und einer islamischen Welt, allerdings auch von der gesamten Erde, z. B. wenn von Weltpolitik die Rede ist.

Soziologie

Im Sprachgebrauch gibt es viele Ausdrücke, die das Wort Welt in Bezug auf menschliche Haltungen gegenüber der Gesamtheit des sie Umgebenden beinhalten. Meist gehört zu einem derart auf menschliche Zusammenhänge bezogenen Weltbegriff auch die Vorstellung von bestimmten Regeln, nach denen die Welt funktioniert und gewissen Glaubenssätzen, die als Grundlagen des Weltverhaltens und der Weltdeutung gelten.

Zur Welt als sozialer Kategorie gehören zum Beispiel Begriffe wie Weltanschauung und Weltbild, also die Sicht des Menschen auf die Dinge um ihn herum und seine Deutung derselben. Attribute wie weltoffen, weltgewandt oder weltfremd beziehen sich auf Welt als Synonym für Gesellschaft und Kultur, wobei ein Mensch als umso weltgewandter gilt, je mehr er sich in der Welt, d. h. auch in anderen Kulturkreisen, zurechtzufinden weiß.

Berufswelt oder die Welt der Politik sind stehende Begriffe für Gesamtheiten von gesellschaftlichen Teilbereichen. Weichen Denken und Handeln eines Individuums von gesellschaftlich anerkannten Normen zu stark ab, spricht man davon, dass es ‚weltfremd‘ sei oder in einer Privatwelt, Fantasiewelt oder Scheinwelt lebe. Als ‚weltabgewandt‘ gilt zum Beispiel das Leben von Eremiten, Mystikern oder Asketen.

Theologie

Im Christentum bezeichnet Welt die Gesamtheit der Menschen und natürlichen wie übernatürlichen Mächte, die dem Willen Gottes entgegenstehen. In Joh 16,11 EU bezeichnet Jesus Satan als „Herrscher dieser Welt“. Dieses Verständnis führt daher in dem Sinne zum Bruch mit der Welt, dass Gottes Wille in allen Dingen maßgeblich wird, anderseits zu einem Eigenwert der Welt als von Gott gemachter, jedoch sündig gewordener Schöpfung. Oft wird in der Theologie auch die Formulierung weltlich gebraucht, d. h. im Sinne des zeitlich Irdischen, Säkularen, Materiellen, Profanen im Unterschied zum Göttlichen, Heiligen und Ewigen. Als Erlöser der Welt von Sünde, Tod und Hölle ist Jesus Christus nach biblischer Lehre das Ziel der Bestimmung jedes Menschen und der ganzen Geschichte. Alle Sünden, besonders hervorgehoben der Ungehorsam gegen Gottes Weisung, die Lüge, die Habgier, der Götzendienst, der Okkultismus jeder Form, die fehlgeleitete Sexualität, zählen im Christentum zum Bereich des Weltlichen, das der Gläubige durch die Hinwendung zu Jesus Christus, das Empfangen der aus verdienstloser göttlicher Gnade geschenkten Seligkeit zu überwinden habe. Die Apokalypse ist in der christlichen Eschatologie das durch Gott während des Jüngsten Gerichts herbeigeführte Ende der Welt und der Anfang des vollendeten Gottesreiches.

Philosophie

Für Kant kommt dem Begriff der Welt lediglich regulative Bedeutung zu, da ihr keine Anschauung entspricht. Anschauungen haben wir nämlich stets nur von einzelnen Objekten. Die Welt kann uns aber niemals als Einzelnes, noch als Ganzes gegeben sein. Trotzdem hat der Begriff einen gewissen Wert als Orientierungshilfe, die Idee der Welt bleibt eine regulative Idee der reinen Vernunft.

Friedrich Nietzsche polemisierte gegen den Anspruch, die Totalität der Welt erfassen zu wollen, und bezeichnete sie 1874 in Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben als „Hyperbel aller Hyperbeln“. Statt von Welt solle besser vom Menschen die Rede sein. In seinen nachgelassenen Papieren findet sich die Bemerkung, es gebe nur „eine Welt, und diese ist falsch, grausam, widersprüchlich, verführerisch, ohne Sinn … Eine so beschaffene Welt ist die wahre Welt. Wir haben Lüge nötig, um über diese Realität, diese ‚Wahrheit‘ zum Sieg zu kommen, das heißt, um zu leben“.[2]

Für die Phänomenologie ist die Welt ein Horizontphänomen. Das heißt, sie ist nach Karl Jaspers für die menschliche Existenz nur in Form von Grenzsituationen erfahrbar und lässt sich gerade nicht beschreiben als die Summe alles Seienden. Die Welt ist vielmehr erst die Bedingung dafür, dass uns in ihr einzelne Dinge begegnen können. Sie geht damit jeglichem Bezug gegenüber Innerweltlichem voraus. Martin Heidegger versuchte außerdem, die Subjekt-Objekt-Spaltung durch den Begriff des In-der-Welt-Seins zu überwinden. Während der neuzeitliche Subjektivismus mit Descartes ein Auseinanderfallen von Subjekt und Objekt hervorbrachte und damit die erkenntnistheoretische Frage, wie dem weltlosen Subjekt der Zugang zur Außenwelt gelinge, ist für Heidegger dem Menschen immer schon eine Welt mitgegeben. Hinter das Phänomen der Welt kann dabei denkerisch nicht zurückgegangen werden, da die Welt eine sinnhafte Totalität ist. Sinn ist jedoch ein Emergenzphänomen, das nicht durch Zusammenstücken von zunächst sinnlosen (also beziehungslosen) Objekten rekonstruiert werden kann.

Medien

Um die Figuren und Geschehnisse in Serien oder Filmen von der realen Welt abzugrenzen, werden oft die Ausdrücke Serienuniversum bzw. Filmuniversum verwendet. Sie beziehen sich darauf, dass die Welt, wie sie im Film oder der Serie gezeigt wird, nicht real ist, aber trotzdem als eine komplette Welt im soziologischen Sinne zu sehen ist.

Siehe auch

Literatur

  • Christian Bermes: Welt als Thema der Philosophie. Vom metaphysischen zum natürlichen Weltbegriff. Meiner, Hamburg 2004, ISBN 3-7873-1665-5.
  • Philosophisches Wörterbuch. Hrsg. von Georgi Schischkoff. Kröner, Stuttgart 1991, S. 772.
  • Karl Löwith: Der Weltbegriff der neuzeitlichen Philosophie. Winter, Heidelberg 1960.
  • Theodor Litt: Mensch und Welt. Grundlinien einer Philosophie des Geistes. Federmann, München 1948.

Weblinks

Wiktionary: Welt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Welt – Zitate

Einzelnachweise

  1. WELT. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 28: Weh–Wendunmut – (XIV, 1. Abteilung, Teil 1). S. Hirzel, Leipzig 1955, Sp. 1456–1509 (woerterbuchnetz.de).
  2. Hermann Braun: Welt. In: Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck (Hrsg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Bd. 7, Klett-Cotta, Stuttgart 1992, S. 499.