„Wetterstation Kurt“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Bot: linkfix: youtube-redirect; siehe user:CamelBot.
 
(41 dazwischenliegende Versionen von 38 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
{{Coordinate|article=/|map=right|mapsize=225|NS=60/5/0.2/N|EW=64/22/50.8/W|type=landmark|region=CA}}
{{Coordinate|article=/|map=right|mapsize=225|NS=60/5/0.2/N|EW=64/22/50.8/W|type=landmark|region=CA}}
[[Datei:Weather Station Kurt.JPG|thumb|225px|Reste der Wetterstation Kurt, ausgestellt im [[Canadian War Museum]]]]
[[Datei:Weather Station Kurt.JPG|mini|225px|Reste der Wetterstation Kurt, ausgestellt im [[Canadian War Museum]]]]
[[Datei:Schematic of German Wetter-Funkgerät Land.jpg|mini|Schematische Darstellung der Gerätekonfiguration]]

Die '''Wetterstation Kurt''' (oder auch: Das ''Wetter-Funkgerät Land-26, WFL-26'') war eine vollautomatische [[Wetterstation]], die von der Besatzung des deutschen U-Boots U-537 auf der nördlichen [[Labrador-Halbinsel]] im Oktober 1943 errichtet wurde. Die Installation war die einzige deutsche militärische Operation an Land in Nordamerika während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]].
Die '''Wetterstation Kurt''' (oder auch: Das ''[[Wetterfunkgerät Land]]-26, WFL-26'') war eine vollautomatische [[Wetterstation]], die von der Besatzung des deutschen [[U-Boot|U-Boots]] ''[[U 537 (Kriegsmarine)|U 537]]'' im Süden der kleinen ''Hutton-Halbinsel'' auf der nördlichen [[Labrador-Halbinsel]] im Oktober 1943 errichtet wurde. Die Installation war die einzige deutsche militärische Operation an Land in Nordamerika während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]].
[[Datei:WetterstationKurt.jpg|thumb| 3D Darstellung des Wetterfunkgerät WFL nach Aufstellung in seiner eisigen Umgebung am Nordkap.]]


== Hintergrund ==
== Hintergrund ==
Das Wettergeschehen in der nördlichen Hemisphäre bewegt sich vorwiegend von West nach Ost. Dies gab den Alliierten einen entscheidenden Vorteil. Das Netz alliierter Wetterstationen in Nordamerika, Grönland und Island erlaubte es den Alliierten, genauere Wettervorhersagen zu machen, als es in Deutschland möglich war. Deutsche Meteorologen erhielten in Bezug auf den Nordatlantik nur Informationen von Schiffen und U-Booten, aus Wetterstationen in abgelegenen Teilen der Arktis und Daten von speziell ausgerüsteten Wetterbeobachtungsflugzeugen. Allerdings wurden viele dieser Schiffe und Stationen von den Alliierten schon zu Beginn des Krieges ausgeschaltet. Die Daten der Flugzeuge waren z.T. unvollständig, da deren Reichweite begrenzt und sie anfällig für alliierte Angriffe waren. Regelmäßige Berichterstattungen von U–Booten waren nicht möglich, da sie sonst der Gefahr der Entdeckung ausgesetzt waren.<ref>Hadley, Michael (1990). ''U-Boats Against Canada: German Submarines in Canadian Waters.'' Montreal: McGill-Queen's University Press, S. 163.</ref>
Das Wettergeschehen in der nördlichen Hemisphäre bewegt sich vorwiegend von West nach Ost. Dies gab den Alliierten einen entscheidenden Vorteil. Das Netz alliierter Wetterstationen in Nordamerika, Grönland und Island erlaubte es den Alliierten, genauere Wettervorhersagen zu machen, als es in Deutschland möglich war. Deutsche Meteorologen erhielten in Bezug auf den Nordatlantik nur Informationen von Schiffen und U-Booten, aus Wetterstationen in abgelegenen Teilen der Arktis und Daten von speziell ausgerüsteten Wetterbeobachtungsflugzeugen. Allerdings wurden viele dieser Schiffe und Stationen von den Alliierten schon zu Beginn des Krieges ausgeschaltet. Die Daten der Flugzeuge waren z.&nbsp;T. unvollständig, da deren Reichweite begrenzt und sie anfällig für alliierte Angriffe waren. Regelmäßige Berichterstattungen von U-Booten waren nicht möglich, da sie sonst der Gefahr der Entdeckung ausgesetzt waren.<ref>{{Literatur|Autor=Michael L. Hadley|Titel=U-boats Against Canada. German Submarines in Canadian Waters|Verlag=McGill-Quenn's University Press|Ort=Montreal u. a.|Jahr=1985|ISBN=0-7735-0584-9|Seiten=163|Sprache=en}}</ref>


== Planung und Entwicklung ==
== Planung und Entwicklung ==
Um weitergehende Informationen zu erhalten, wurde das Wetter-Funkgerät-Land entwickelt. Es wurde von Dr. Ernest Ploetze und Edwin Stoebe von der Firma [[Siemens]] hergestellt.<ref>[http://www.uboat.net/ops/weather_stations.htm Weather station Kurt erected in Labrador in 1943]</ref> Die Station bestand aus einer Reihe von Messgeräten, einem [[Telemetrie]]-System und einem 150-Watt-[[Kurzwellensender]] der Firma [[C. Lorenz AG|Lorenz]] (Typ Lorenz 150 FK). Insgesamt umfasste die Installation eine Reihe von zylindrischen Behältern mit einem Durchmesser von jeweils 1 bis 1,5&nbsp;m und einem Gewicht von jeweils rund 100&nbsp;kg. In einem Kanister war ein auf zehn Meter ausfahrbarer Antennenmast enthalten. Ein zweiter, kürzerer Mast trug einen [[Anemometer]] und eine [[Windfahne]]. In weiteren Kanistern befanden sich [[Nickel-Cadmium-Akkumulator]]en zur Stromversorgung des Systems. Die Station sollte die Wetterdaten alle drei Stunden in jeweils zwei Minuten dauernden Übertragungen auf 3940&nbsp;kHz ausstrahlen. Geplant war, dass das System für etwa sechs Monate ohne Wartung arbeiten sollte, abhängig von der Anzahl der Batterie-Kanister.
Um weitergehende Informationen zu erhalten, wurde das Wetterfunkgerät Land entwickelt. Es wurde von Ernest Ploetze und Edwin Stoebe von der Firma [[Siemens]] hergestellt.<ref>{{Internetquelle|url=https://uboat.net/ops/weather_stations.htm|titel=Weather station Kurt erected in Labrador in 1943|zugriff=2018-07-08|werk=uboat.net|sprache=en}}</ref> Die Station bestand aus einer Reihe von Messgeräten, einem [[Telemetrie]]-System und einem 150-Watt-[[Kurzwellensender]] der Firma [[C. Lorenz]] (Typ Lorenz 150 FK). Insgesamt umfasste die Installation eine Reihe von zylindrischen Behältern mit einem Durchmesser von jeweils 1 bis 1,5&nbsp;m und einem Gewicht von jeweils rund 100&nbsp;kg. In einem Kanister war ein auf zehn Meter ausfahrbarer Antennenmast enthalten. Ein zweiter kürzerer Mast trug ein [[Anemometer]] und eine [[Windfahne]]. In weiteren Kanistern befanden sich [[Nickel-Cadmium-Akkumulator]]en zur Stromversorgung des Systems. Die Station sollte die Wetterdaten alle drei Stunden in jeweils zwei Minuten dauernden Übertragungen auf 3940&nbsp;kHz ausstrahlen. Geplant war, dass das System für etwa sechs Monate ohne Wartung arbeiten sollte, abhängig von der Anzahl der Batterie-Kanister.


Zwei Stationen waren geplant für Nordamerika. Die Teile für die Station „Kurt“ wurden 1943 von U-537 an Bord genommen. Am 18. September 1943 lief U-537 unter dem Kommando von Kapitänleutnant Peter Schrewe aus Kiel aus. Mit an Bord waren der Physiker Dr. [[Kurt Hans Sommermeyer]] (Radiologe, Biophysiker, später Prof. in Freiburg i. Br.) und sein Assistent, Walter Hildebrandt. Während der Fahrt wurde das U-Boot von einem Sturm betroffen, dessen große Brecher erhebliche Schäden verursachten, so auch ein Leck im Rumpf und Beschädigungen am [[2-cm-Flak-Vierling|Flakvierling 38]], so dass das U-Boot an der Oberfläche wehrlos gegen alliierte Flugzeuge war.
Für Nordamerika waren zwei Stationen geplant. Die Teile für die Station „Kurt“ wurden 1943 von ''U 537'' an Bord genommen. Am 18. September 1943 lief ''U 537'' unter dem Kommando von Kapitänleutnant Peter Schrewe aus Kiel aus. Mit an Bord waren der Physiker [[Kurt Hans Sommermeyer]] (Radiologe, Biophysiker, später Prof. in Freiburg i. Br.; Vater von Joerg Sommermeyer, Musiker, Jurist, Schriftsteller)<ref>{{DNB|135396883|suffix=1}}, abgerufen am 19. November 2021.</ref> und sein Assistent, Walter Hildebrandt. Während der Fahrt wurde das U-Boot von einem Sturm getroffen, dessen große Brecher erhebliche Schäden verursachten, so auch ein Leck im Rumpf und Beschädigungen am [[2-cm-Flak-Vierling 38|Flakvierling 38]], so dass das U-Boot an der Oberfläche wehrlos gegen alliierte Flugzeuge war.


Am 22. Oktober 1943 kam U-537 an der Martin-Bay im Norden Labradors an, bei den Koordinaten 60° 5′ 0.2″ N, 64° 22′ 50.8″ W. Dies ist in der Nähe von Cape Chidley an der nordöstlichen Spitze der Halbinsel Labrador. Kapitänleutnant Schrewe wählte diesen Standort aus, weil er glaubte, dies würde die Gefahr minimieren, dass die Station alsbald von den Inuit entdeckt wird. Innerhalb von einer Stunde nach dem Werfen des Ankers fand eine ausgesandte Patrouille ein geeignetes Gelände, und Dr. Sommermeyer und sein Assistenten begannen mit der Installation der Station. Bewaffnete Posten sollten die Gegend sichern, während die Crew im Übrigen anfing, die Sturmschäden am U-Boote zu reparieren.
Am 22. Oktober 1943 kam ''U 537'' an der ''Martin Bay'' im Norden Labradors bei den Koordinaten 60° 5′ 0.2″ N, 64° 22′ 50.8″ W an. Dies ist in der Nähe von [[Cape Chidley]] an der nordöstlichen Spitze der Halbinsel Labrador. Kapitänleutnant Schrewe wählte diesen Standort aus, weil er glaubte, dies würde die Gefahr minimieren, dass die Station alsbald von den [[Inuit]] entdeckt werden würde. Innerhalb einer Stunde nach dem Ankern fand eine ausgesandte Patrouille ein geeignetes Gelände und Sommermeyer begann mit seinem Assistent die Installation der Station. Bewaffnete Posten sollten die Gegend sichern, während die Besatzung begann, die Sturmschäden am U-Boot zu reparieren.


Zur Tarnung wurden leere amerikanische Zigarettenschachteln ausgelegt und ein Schild aufgestellt, das die Station als Eigentum des nicht existierenden „Canadian Meteor Service“ ausgab. (Dies wird manchmal als Fehler genannt, weil das [[Neufundland (Dominion)|Dominion Neufundland]] damals noch [[Vereinigtes Königreich|britische Kolonie]] war und nicht zu [[Kanada]] gehörte. Tatsächlich gab es 1943 in Neufundland sehr umfangreiche kanadische und amerikanische Militärpräsenz mit Luftwaffenstützpunkten, Luftverteidigungsstellungen und sonstigen Installationen; die Beschriftung war etwas kryptisch, aber plausibel). Die Mannschaft arbeitete die ganze Nacht hindurch, um „Kurt“ zu installieren und ihr U-Boot zu reparieren. Nach 28 Stunden war die Arbeit beendet und der Anker wurde gelichtet, nachdem man sich davon überzeugt hatte, dass die Station arbeitete. Die Wetterstation Kurt funktionierte jedoch nur wenige Tage und fiel dann aus. Sie wurde nie wieder in Betrieb genommen.
Zur Tarnung wurden leere amerikanische Zigarettenschachteln ausgelegt und ein Schild aufgestellt, das die Station als Eigentum des nicht existierenden „Canadian Meteor Service“ ausgab. (Dies wird manchmal als Fehler genannt, weil das [[Neufundland (Dominion)|Dominion Neufundland]] damals noch [[Vereinigtes Königreich|britische Kolonie]] war und nicht zu [[Kanada]] gehörte. Tatsächlich gab es 1943 in Neufundland sehr umfangreiche kanadische und amerikanische Militärpräsenz mit Luftwaffenstützpunkten, Luftverteidigungsstellungen und sonstigen Installationen; die Beschriftung war etwas kryptisch, aber plausibel). Die Mannschaft arbeitete die ganze Nacht hindurch, um „Kurt“ zu installieren und ihr U-Boot zu reparieren. Am Abend des 23. Oktober 1943, nach 28 Stunden, war die Arbeit beendet und der Anker wurde gelichtet, nachdem man sich davon überzeugt hatte, dass die Station arbeitete. Die Wetterstation Kurt funktionierte jedoch nur wenige Tage. Am 8. November 1943 wurde die Station zum letzten Mal von ''U 537'' gestört empfangen. Sie wurde nie wieder in Betrieb genommen.


== Wiederentdeckung ==
== Wiederentdeckung ==
Die Station geriet in Vergessenheit bis in die späten 1970er Jahre. Dann jedoch stieß ein ehemaliger Siemens-Ingenieur, Franz Selinger, auf die Papiere von Dr. Sommermeyer und erfuhr auf diese Weise vom Bestehen der Station. Er kontaktiert das [[Department of National Defence|kanadische Verteidigungsministerium]], welches 1981 ein Team aussandte, das die Station fand. Einige Kanister waren geöffnet und der Inhalt über den Boden verstreut worden, so dass heute nicht mehr alle Bestandteile erhalten sind. Die noch vorhandenen Teile wurden geborgen und nach [[Ottawa]] gebracht, wo sie heute im [[Canadian War Museum]] ausgestellt sind.
Die Station geriet bis in die späten 1970er-Jahre in Vergessenheit. Dann jedoch stieß der ehemalige Siemens-Ingenieur Franz Selinger auf Sommermeyers Papiere und erfuhr auf diese Weise von der Station. Er kontaktierte das [[Department of National Defence|kanadische Verteidigungsministerium]], welches 1981 ein Team aussandte, das die Station fand. Einige Kanister waren geöffnet und der Inhalt über den Boden verstreut worden, so dass heute nicht mehr alle Bestandteile erhalten sind. Die noch vorhandenen Teile wurden geborgen und nach [[Ottawa]] gebracht, wo sie heute im [[Canadian War Museum]] ausgestellt sind.


== Einzelnachweise ==
== Siehe auch ==
* [[Wetterstationen der Wehrmacht in der Arktis]]
<references />

* [[Grönland im Zweiten Weltkrieg]]

== Literatur ==
* {{Literatur|Autor=Alec Douglas|Jahr=1982|Titel=The Nazi Weather Station in Labrador|Sammelwerk=Canadian Geographic|ISSN=0706-2168|Band=101|Nummer=6|Online=http://www.canadiangeographic.ca/sites/cgcorp/files/images/web_articles/blog/nazi.pdf|Seiten=42-47|Sprache=en}}
* {{Literatur|Autor=Günter Happel|Titel=1943: U 537 in Labrador – Eine deutsche Wetterstation in Nordamerika|Sammelwerk=Köhlers Flotten-Kalender|Band=83|Jahr=1995|ISSN=0075-6474|Seiten=128–132}}


== Weblinks==
== Weblinks==
* [https://www.youtube.com/watch?v=2fan2OVXv8w WW 2 Weather Station Kurt]
* [http://home.arcor.de/wkhn/html/wetterfunk.html Deutsche Wetterfunkstation aus dem 2. Weltkrieg entdeckt]
* {{Internetquelle|url=http://home.arcor.de/wkhn/html/wetterfunk.html|titel=Wetterfunk|kommentar=Deutsche Wetterfunkstation aus dem 2. Weltkrieg entdeckt|zugriff=2016-09-24 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20160924182646/http://home.arcor.de/wkhn/html/wetterfunk.html |archiv-datum=2016-09-24}}
* [http://uboat.net/ops/weather_stations.htm Beschreibung bei uboat.net (englisch)]
* {{Internetquelle|url=https://uboat.net/ops/weather_stations.htm|titel=Weather station Kurt erected in Labrador in 1943|zugriff=2018-07-08|werk=uboat.net|sprache=en}}
* {{Internetquelle|url=http://www.heritagedaily.com/2012/12/nazi-weather-station-kurt/|werk=[[Heritage Daily]]|datum=2012-12-10|zugriff=2016-09-24|archiv-url=https://web.archive.org/web/20140210035927/http://www.heritagedaily.com/2012/12/nazi-weather-station-kurt/|archiv-datum=2014-02-10|titel=Nazi Weather Station Kurt|autor=Stephen Hull|sprache=en}}


== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Militärische Operation im Zweiten Weltkrieg|Kurt]]
<references />
[[Kategorie:Kriegsmarine]]
[[Kategorie:Militärtechnik (Zweiter Weltkrieg)|Kurt]]
[[Kategorie:Meteorologie]]
[[Kategorie:Kanadische Militärgeschichte]]
[[Kategorie:Neufundland und Labrador]]
[[Kategorie:1943]]


[[Kategorie:Landeinrichtung der Kriegsmarine]]
[[en:Weather Station Kurt]]
[[Kategorie:Geschichte der Meteorologie]]
[[fr:WFL-26]]
[[Kategorie:Kanadische Militärgeschichte]]
[[pt:Estação meteorológica Kurt]]
[[Kategorie:Kanada im Zweiten Weltkrieg]]
[[Kategorie:Neufundland und Labrador]]

Aktuelle Version vom 10. Dezember 2023, 23:41 Uhr

Koordinaten: 60° 5′ 0,2″ N, 64° 22′ 50,8″ W

Karte: Kanada
marker
Wetterstation Kurt
Reste der Wetterstation Kurt, ausgestellt im Canadian War Museum
Schematische Darstellung der Gerätekonfiguration

Die Wetterstation Kurt (oder auch: Das Wetterfunkgerät Land-26, WFL-26) war eine vollautomatische Wetterstation, die von der Besatzung des deutschen U-Boots U 537 im Süden der kleinen Hutton-Halbinsel auf der nördlichen Labrador-Halbinsel im Oktober 1943 errichtet wurde. Die Installation war die einzige deutsche militärische Operation an Land in Nordamerika während des Zweiten Weltkriegs.

3D Darstellung des Wetterfunkgerät WFL nach Aufstellung in seiner eisigen Umgebung am Nordkap.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Wettergeschehen in der nördlichen Hemisphäre bewegt sich vorwiegend von West nach Ost. Dies gab den Alliierten einen entscheidenden Vorteil. Das Netz alliierter Wetterstationen in Nordamerika, Grönland und Island erlaubte es den Alliierten, genauere Wettervorhersagen zu machen, als es in Deutschland möglich war. Deutsche Meteorologen erhielten in Bezug auf den Nordatlantik nur Informationen von Schiffen und U-Booten, aus Wetterstationen in abgelegenen Teilen der Arktis und Daten von speziell ausgerüsteten Wetterbeobachtungsflugzeugen. Allerdings wurden viele dieser Schiffe und Stationen von den Alliierten schon zu Beginn des Krieges ausgeschaltet. Die Daten der Flugzeuge waren z. T. unvollständig, da deren Reichweite begrenzt und sie anfällig für alliierte Angriffe waren. Regelmäßige Berichterstattungen von U-Booten waren nicht möglich, da sie sonst der Gefahr der Entdeckung ausgesetzt waren.[1]

Planung und Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um weitergehende Informationen zu erhalten, wurde das Wetterfunkgerät Land entwickelt. Es wurde von Ernest Ploetze und Edwin Stoebe von der Firma Siemens hergestellt.[2] Die Station bestand aus einer Reihe von Messgeräten, einem Telemetrie-System und einem 150-Watt-Kurzwellensender der Firma C. Lorenz (Typ Lorenz 150 FK). Insgesamt umfasste die Installation eine Reihe von zylindrischen Behältern mit einem Durchmesser von jeweils 1 bis 1,5 m und einem Gewicht von jeweils rund 100 kg. In einem Kanister war ein auf zehn Meter ausfahrbarer Antennenmast enthalten. Ein zweiter kürzerer Mast trug ein Anemometer und eine Windfahne. In weiteren Kanistern befanden sich Nickel-Cadmium-Akkumulatoren zur Stromversorgung des Systems. Die Station sollte die Wetterdaten alle drei Stunden in jeweils zwei Minuten dauernden Übertragungen auf 3940 kHz ausstrahlen. Geplant war, dass das System für etwa sechs Monate ohne Wartung arbeiten sollte, abhängig von der Anzahl der Batterie-Kanister.

Für Nordamerika waren zwei Stationen geplant. Die Teile für die Station „Kurt“ wurden 1943 von U 537 an Bord genommen. Am 18. September 1943 lief U 537 unter dem Kommando von Kapitänleutnant Peter Schrewe aus Kiel aus. Mit an Bord waren der Physiker Kurt Hans Sommermeyer (Radiologe, Biophysiker, später Prof. in Freiburg i. Br.; Vater von Joerg Sommermeyer, Musiker, Jurist, Schriftsteller)[3] und sein Assistent, Walter Hildebrandt. Während der Fahrt wurde das U-Boot von einem Sturm getroffen, dessen große Brecher erhebliche Schäden verursachten, so auch ein Leck im Rumpf und Beschädigungen am Flakvierling 38, so dass das U-Boot an der Oberfläche wehrlos gegen alliierte Flugzeuge war.

Am 22. Oktober 1943 kam U 537 an der Martin Bay im Norden Labradors bei den Koordinaten 60° 5′ 0.2″ N, 64° 22′ 50.8″ W an. Dies ist in der Nähe von Cape Chidley an der nordöstlichen Spitze der Halbinsel Labrador. Kapitänleutnant Schrewe wählte diesen Standort aus, weil er glaubte, dies würde die Gefahr minimieren, dass die Station alsbald von den Inuit entdeckt werden würde. Innerhalb einer Stunde nach dem Ankern fand eine ausgesandte Patrouille ein geeignetes Gelände und Sommermeyer begann mit seinem Assistent die Installation der Station. Bewaffnete Posten sollten die Gegend sichern, während die Besatzung begann, die Sturmschäden am U-Boot zu reparieren.

Zur Tarnung wurden leere amerikanische Zigarettenschachteln ausgelegt und ein Schild aufgestellt, das die Station als Eigentum des nicht existierenden „Canadian Meteor Service“ ausgab. (Dies wird manchmal als Fehler genannt, weil das Dominion Neufundland damals noch britische Kolonie war und nicht zu Kanada gehörte. Tatsächlich gab es 1943 in Neufundland sehr umfangreiche kanadische und amerikanische Militärpräsenz mit Luftwaffenstützpunkten, Luftverteidigungsstellungen und sonstigen Installationen; die Beschriftung war etwas kryptisch, aber plausibel). Die Mannschaft arbeitete die ganze Nacht hindurch, um „Kurt“ zu installieren und ihr U-Boot zu reparieren. Am Abend des 23. Oktober 1943, nach 28 Stunden, war die Arbeit beendet und der Anker wurde gelichtet, nachdem man sich davon überzeugt hatte, dass die Station arbeitete. Die Wetterstation Kurt funktionierte jedoch nur wenige Tage. Am 8. November 1943 wurde die Station zum letzten Mal von U 537 gestört empfangen. Sie wurde nie wieder in Betrieb genommen.

Wiederentdeckung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Station geriet bis in die späten 1970er-Jahre in Vergessenheit. Dann jedoch stieß der ehemalige Siemens-Ingenieur Franz Selinger auf Sommermeyers Papiere und erfuhr auf diese Weise von der Station. Er kontaktierte das kanadische Verteidigungsministerium, welches 1981 ein Team aussandte, das die Station fand. Einige Kanister waren geöffnet und der Inhalt über den Boden verstreut worden, so dass heute nicht mehr alle Bestandteile erhalten sind. Die noch vorhandenen Teile wurden geborgen und nach Ottawa gebracht, wo sie heute im Canadian War Museum ausgestellt sind.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alec Douglas: The Nazi Weather Station in Labrador. In: Canadian Geographic. Band 101, Nr. 6, 1982, ISSN 0706-2168, S. 42–47 (englisch, canadiangeographic.ca [PDF]).
  • Günter Happel: 1943: U 537 in Labrador – Eine deutsche Wetterstation in Nordamerika. In: Köhlers Flotten-Kalender. Band 83, 1995, ISSN 0075-6474, S. 128–132.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • WW 2 Weather Station Kurt
  • Wetterfunk. Archiviert vom Original am 24. September 2016; abgerufen am 24. September 2016 (Deutsche Wetterfunkstation aus dem 2. Weltkrieg entdeckt).
  • Weather station Kurt erected in Labrador in 1943. In: uboat.net. Abgerufen am 8. Juli 2018 (englisch).
  • Stephen Hull: Nazi Weather Station Kurt. In: Heritage Daily. 10. Dezember 2012, archiviert vom Original am 10. Februar 2014; abgerufen am 24. September 2016 (englisch).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Michael L. Hadley: U-boats Against Canada. German Submarines in Canadian Waters. McGill-Quenn's University Press, Montreal u. a. 1985, ISBN 0-7735-0584-9, S. 163 (englisch).
  2. Weather station Kurt erected in Labrador in 1943. In: uboat.net. Abgerufen am 8. Juli 2018 (englisch).
  3. DNB 135396883 Katalogeintrag der Deutschen Nationalbibliothek, abgerufen am 19. November 2021.