Verzögerungsplatte
Eine Verzögerungs- oder Wellenplatte (auch:
Folgende Typen sind in der Kristalloptik gebräuchlich:
- Ein
λ /4-Plättchen verzögert Licht, das parallel zu einer bauteilspezifischen Achse polarisiert ist, um eine viertel Wellenlänge – bzw.π /2 – gegenüber dazu senkrecht polarisiertem Licht. Es kann bei richtiger Einstrahlung aus linear polarisiertem Licht zirkular oder elliptisch polarisiertes Licht machen und aus zirkular polarisiertem Licht sowie elliptisch polarisiertem Licht wieder linear polarisiertes.[1] - Ein
λ /2-Plättchen verzögert Licht, das parallel zu einer bauteilspezifischen Achse polarisiert ist, um eine halbe Wellenlänge – bzw.π – gegenüber dazu senkrecht polarisiertem Licht. Es kann die Polarisationsrichtung von linear polarisiertem Licht um einen wählbaren Winkel drehen. Bei zirkular polarisiertem Licht bewirkt einλ /2-Plättchen die Umkehr der Helizität (links- oder rechtszirkulare Polarisation).[1]
Die Polarisationsänderungen kommen dadurch zustande, dass das Licht in zwei senkrecht stehende Polarisationsrichtungen zerlegt werden kann, die die Verzögerungsplatte mit unterschiedlicher Geschwindigkeit passieren, deren Phasen also gegeneinander verschoben werden.
Ein solches Plättchen besteht typischerweise aus einem doppelbrechenden Kristall (z. B. Glimmer) mit passend gewählter Dicke und Ausrichtung. Daneben gibt es auch Verzögerungsplatten, bei denen eine mechanisch vorgespannte Kunststofffolie zwischen zwei Glasplatten verkittet ist.
Funktionsweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei einer Verzögerungsplatte handelt es sich um eine dünne Scheibe von optisch anisotropem Material, also Material, welches für unterschiedlich polarisiertes Licht verschiedene Ausbreitungsgeschwindigkeiten c/n (bzw. verschiedene Brechungsindizes n) in verschiedenen Richtungen aufweist. Oft verwendete Materialien sind optisch einachsig, das heißt, es gibt zwei zueinander senkrechte Hauptbrechachsen im Kristall, entlang derer sich die Brechungsindizes unterscheiden. Man nennt diese ordentliche (der E-Vektor des Lichts ist senkrecht zur kristalloptischen Achse polarisiert) und außerordentliche Achse (der E-Vektor des Lichts ist parallel zur kristalloptischen Achse polarisiert). Die Schwingungsrichtung des Lichtes, bei der eine Welle die größere Ausbreitungsgeschwindigkeit hat, heißt „schnelle Achse“, die dazu senkrecht stehende Richtung entsprechend „langsame Achse“. Für Verzögerungsplatten werden die Kristalle so geschnitten, dass ihre kristalloptische Achse in der Ebene der polierten Eintrittsfläche liegt. An käuflich erhältlichen Platten wird üblicherweise die schnelle Achse markiert, so dass die Ausrichtung genau festgelegt werden kann.
Im Folgenden soll die Funktionsweise eines solchen Wellenplättchens aus einem optisch positiv einachsigen Material (z. B. Quarz) beschrieben werden. Dabei fällt die langsame Achse mit der kristalloptischen Achse des Kristalls (Achse hoher Symmetrie im Kristallgitter) zusammen. Die Brechungsindizes entlang dieser Achsen seien mit und bezeichnet.
Licht, welches parallel zur schnellen Achse polarisiert ist, benötigt weniger Zeit zum Durchlaufen der Platte als Licht, welches senkrecht dazu polarisiert ist. Man kann sich das Licht in zwei linear polarisierte Komponenten senkrecht (ordentlicher Strahl) und parallel (außerordentlicher Strahl) zur kristalloptischen Achse aufgeteilt vorstellen. Nach dem Durchlaufen der Platte weisen die beiden Wellen eine Phasenverschiebung zueinander auf:
Dabei ist d die Dicke des Plättchens und die Vakuumwellenlänge[3] des eingestrahlten Lichtes. Die beiden Wellen überlagern sich hinter dem Kristall (Interferenz) zum ausgehenden Licht. Durch die (kohärente) Überlagerung dieser beiden Wellen ergibt sich eine neue Polarisation des Lichtes (Frequenz und Wellenlänge bleiben erhalten; siehe nächster Abschnitt). Wie in der Gleichung erkennbar ist, hat die Dicke einer Verzögerungsplatte entscheidenden Einfluss auf die Art der Überlagerung. Aus diesem Grund ist eine solche Verzögerungsplatte immer nur für eine bestimmte Wellenlänge ausgelegt.[4]
Es sei noch bemerkt, dass die Aufspaltung in zwei Strahlen nur eine Art Rechentrick ist. In der Realität überlagern sich diese beiden Strahlen natürlich an jeder Stelle des Kristalls. Die Elektronen um die Kristallatome bilden lokale und momentane Dipole, die in einer Überlagerung der beiden Polarisationsrichtungen der Strahlen schwingen.
λ /4-Plättchen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wählt man d in obiger Formel so, dass sich eine Phasenverschiebung um
Trifft nun ein linear polarisierter Lichtstrahl, dessen Polarisationsrichtung um 45° zur kristalloptischen Achse gedreht ist, auf das Plättchen, dann entsteht zirkular polarisiertes Licht. Ist die Einstellung von 45° verschieden, so entsteht im allgemeinen Fall elliptisch polarisiertes Licht. Ursächlich hierfür ist, dass der Lichtstrahl in zwei senkrecht zueinander polarisierte Anteile aufgespalten wird, die sich am Ausgang des Plättchens um eine Viertelphase verschoben wieder überlagern. Damit entsteht für den resultierenden Feldvektor des austretenden Lichtstrahls eine Lissajous-Figur (Kreis oder Ellipse), die während jedes Schwingungszyklus eine vollständige Drehung der Polarisationsebene um 360° hervorruft. Man nennt ein
Ist die Polarisationsrichtung des einfallenden Lichts dagegen parallel zu einer der Achsen, dann erhält man nach dem Plättchen wieder linear polarisiertes, aber phasenverschobenes Licht.
Zwei hintereinander geschaltete
λ /2-Plättchen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ergibt sich oben eine Verschiebung um
Mathematische Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Man betrachte eine linear in y-Richtung polarisierte, ebene Welle in z-Richtung
Die physikalische Größe wird durch den Realteil dieser komplexen Größe beschrieben, also:
Der Vektor ist ein Vektor in der x-y-Ebene. Dieser treffe nun senkrecht auf eine Verzögerungsplatte, deren langsame Achse unter dem Winkel
Das Wellenplättchen bewirkt nun eine Phasenverzögerung der langsamen Achse (-Anteil) gegenüber der schnellen Achse, man erhält also:
Für ein
Dies entspricht aber einer Bewegung des E-Feldvektors in der x-y-Ebene in Raum und Zeit. Für
Bei einem
Dies entspricht einer Drehung der Polarisation um den Winkel 2
Eleganter können diese Rechnungen im Jones- bzw. Müller-Formalismus durchgeführt werden. Diese eignen sich insbesondere für die Kombination mehrerer Verzögerungsplatten oder mit anderen optischen Elementen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik 2, Elektrizität und Optik. Springer, 2004. ISBN 978-3-662-55789-1
- Dieter Meschede: Gerthsen Physik. 22. Auflage. Springer, 2004, ISBN 3-540-02622-3.
- B. E. A. Saleh, M. C. Teich: Fundamentals of Photonics. 3. Auflage. John Wiley & sons, 2019, ISBN 978-1-119-50687-4 (google.de).
- Manfred Schönborn: Phasenplättchen In: Techniklexikon
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Skript mit einem Abschnitt über Polarisationsoptik (PDF; 836 kB)
- Rudolf Gross: Polarisation des Lichts. In: Physik III Optik und Quantenphänomene (Skript zur Vorlesung im WS 2003/2004). S. 76–120 (badw.de [PDF]).
- waveplates In: RP photonics Encyclopedia of Laser Physics and Technology
- Introduction to Waveplates MKS Instruments
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Phasenplättchen. In: Ulrich Kilian u. Christine Weber (Hrsg.): Lexikon der Physik. Spektrum Akademischer Verlag, 2003, ISBN 978-3-86025-296-3 (spektrum.de).
- ↑ Was sind Verzögerungsplatten? (edmundoptics.de [abgerufen am 16. Juni 2024]).
- ↑ Vakuumwellenlänge. In: Harry Paul (Hrsg.): Lexikon der Optik. Springer Medien, 2003, ISBN 978-3-8274-1422-9 (spektrum.de).
- ↑ Niedrig, Heinz; Eichler, Hans-Joachim; Bergmann, Ludwig; Schaefer, Clemens.: Optik. Hrsg.: Heinz Niedrig. 9. Auflage. De Gruyter, Berlin 1993, ISBN 3-11-012973-6, S. 586.