Anna Magdalena Francke

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Anna Magdalena Francke

Anna Magdalena Francke, geb. von Wurmb, auch: von Wurm (* 19. November 1670 in Hopperode; † 19. März 1734 in Halle (Saale)) war Pietistin und Ehefrau von August Hermann Francke, dem Gründer der bis heute bestehenden Franckeschen Stiftungen in Halle an der Saale.

Anna Magdalena Francke war das älteste Kind von Otto Heinrich von Wurmb (* 27. April 1631; † 20. Dezember 1676), Erbherr auf Hopperode und Besitzer des Ritterguts Kleinfurra, und Sidonia von Bila (* 13. September 1641; † 1693). Nach dem Tod ihres Vaters, sie war zu diesem Zeitpunkt sechs Jahre alt, lebte sie mit ihrer Mutter und den jüngeren Geschwistern auf dem Familiensitz und wurde durch einen Hauslehrer unterrichtet.

Magdalena war durch persönliche und briefliche Kontakte Teil eines pietistischen Netzwerkes. Im Alter von 22 Jahren kam sie 1692 in Briefkontakt mit dem damals in Erfurt lebenden 30-jährigen August Hermann Francke, damals Pfarrer der St. Georgenkirche in Glauchau und Professor für griechische und orientalische Sprachen an der in Gründung befindlichen Universität Halle. Auf Franckes Rat hin übersiedelte sie nach dem Tod ihrer Mutter (1693) in das Haus des Stiftshauptmanns Adrian Adam von Stammer nach Quedlinburg. Bei Gottfried Arnold (1666–1714), dem Hauslehrer der Stammers, nahm sie Griechischunterricht, um das Neue Testament in seiner Urfassung lesen zu können. Gegen den Willen der adligen Verwandtschaft gelang es ihr mit Unterstützung von Francke, in die pietistische Gemeinschaft aufgenommen zu werden.

Familiengruft Francke auf dem Stadtgottesacker in Halle

Nach zweijähriger Korrespondenz lernte sie im März 1694 August Hermann Francke persönlich kennen, am 10. Mai 1694 gab sie ihm schriftlich das Jawort zur Verlobung. Die Hochzeit fand am 4. Juni 1694 in der Schlosskapelle in Rammelburg statt. Der Freund Franckes, Hofdiakonus Johann Heinrich Sprögel, traute sie. Die drei Brüder der Braut (Johann Georg, Sigmund Heinrich und Ludwig Ernst von Wurmb) waren gegen die Heirat, die für sie eine Mesalliance darstellte. Später waren sie dem Franckeschen Hause herzlich zugetan.

Aus der 33-jährigen Ehe gingen drei Kinder hervor: August Gottlieb Francke (*/† 1695), der spätere Theologe Gotthilf August Francke (1696–1769)[1] und Johanna Sophia Anastasia Francke (1697–1771). August Hermann Francke befürwortete 1715 die Heirat der 17-jährigen Tochter mit dem 27 Jahre älteren Johann Anastasius Freylinghausen. Anna Magdalena Francke war gegen diese Heirat und nahm nicht an der Trauung teil. Die Unstimmigkeiten führten zu einer kurzzeitigen Trennung von ihrem Mann, der als Pfarrer der Ulrichskirche in Halle in das dortige Pfarrhaus eingezogen war. Sie blieb zunächst im Haus an den Stiftungen wohnen. Nachdem sich die Wogen geglättet hatten, nahmen beide Familien gemeinsam an einem Abendmahl teil und Ende 1715 zog Anna Magdalena Francke zu ihrem Mann in das Pfarrhaus.[2]

Francke starb am 19. März 1734 in Halle (Saale) im Alter von 63 Jahren. Ihre letzte Ruhestätte befindet sich im Gruftbogen 81 der Franckeschen Familiengruft auf dem Stadtgottesacker in Halle an der Saale.

Anna Magdalena Francke war eine Frau in der pietistischen Gemeinschaft des Quedlinburger Pietismus und des Hallischen Pietismus. Sie war als Anhängerin von Johann Georg Gichtel (1638–1710) ebenso radikal wie ihr Ehemann,[3] entwickelte jedoch ein eigenständiges Interesse am Glauben und ging ihre eigenen religiösen Wege, was im Verhältnis zu ihrem Mann durchaus zu Konflikten führte.[4]

Von Anna Magdalena Francke sind Briefwechsel nicht nur mit ihrem späteren Ehemann überliefert, sondern auch mit verschiedenen anderen Korrespondentinnen. Anna Magdalena Francke und Sophia Maria von Stammer, geb. von Selmnitz nahmen in ihren Briefen das pietistische Programm schreibend beim Wort, als Frömmigkeitszeugnis und als Ausdruck der ‚Selbst-Autorisierung‘.[5]

Francke unterstützte und verteidigte ihren Mann bei seinem religiösen Wirken sowie dem Aufbau der Franckeschen Stiftungen. Für die Buchhandlung des Waisenhauses gewährte sie ein aus ihrem stammendes Darlehen.[6] In seinen letzten Krankheitsjahrenpflegte sie ihren Mann.[7]

  • Ernst Bunke: August Hermann Francke. Der Mann des Glaubens und der Liebe. 2. Auflage, Brunnen Verlage, Giessen/Basel 1960, S. 36–90. (online bei live.com)
  • Gertrud Lehmann: Anna Magdalena Francke im Spiegel ihrer Briefe. In: Unsere geistlichen Ahnen. Band 4. Evangelischer Missionsverlag, Stuttgart 1962, ISBN 978-3-89812-648-9, S. 366.
  • Katrin Dziekan: Frauen im 18. Jahrhundert. Entdeckungen zu Lebensbildern in Museen und Archiven in Sachsen-Anhalt. In: Thomas Weiss (Hrsg.): Sachsen-Anhalt und das 18. Jahrhundert. Band 4. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2009, ISBN 978-3-89812-648-9, S. 133–145.
  • Katja Lißmann: »... der Herr wird seine Herrlichkeit an uns offenbahren ...« – Die Eheschließung Anna Magdalena von Wurms und August Hermann Franckes (1694). In: Wolfgang Breul, Christian Soboth (Hrsg.): «Der Herr wird seine Herrlichkeit an uns offenbaren» – Liebe, Ehe und Sexualität im Pietismus. Hallesche Forschungen Band 30. Harrassowitz, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-447-06477-4, S. 145–164. DNB 1010244310
  • Katrin Horn: Francke, Anna Magdalena (1670-1734). In: Eva Labouvie (Hrsg.): Frauen in Sachsen-Anhalt. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert. Böhlau, Köln 2016, ISBN 978-3-412-50128-0, S. 134–137.
  • Katja Lißmann: Schreiben im Netzwerk. Briefe von Frauen als Praktiken frommer Selbst-Bildung im frühen Quedlinburger Pietismus. Dissertation. Harrassowitz, Halle 2019, ISBN 978-3-447-11079-2.
  • Helene Jung: 19. November. 350. Geburtstag: Anna Magdalena Francke, Pietistin In: Gerlinde Schlenker Harro Kieser (Hrsg.): Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte. Band 27, 2020, S. 172–174.[8]
  • Katja Lißmann: Der pietistische Brief als Bildungs- und Aneignungsprozess. Anna Magdalena von Wurm in ihren Briefen an August Hermann Francke (1692–94). In: Juliane Jacobi: Vormoderne Bildungsgänge. Selbst- und Fremdbeschreibungen in der Frühen Neuzeit. Beiträge zur historischen Bildungsforschung Bd. 41. Böhlau, Köln/Weimar, 2010. ISBN 978-3-412-20492-1. S. 63–80. (Online bei Google.books)

Einzelnachweise

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  1. Hertzliebe Mama: Briefe aus Jenaer Studientagen 1719-1720. Hrsg. von Thomas Müller und Carola Wessel unter Mitarbeit von Christel Butterweck und eingeleitet von Udo Sträter. Halle: Verlag der Franckeschen Stiftungen im Niemeyer-Verlag, Tübingen 1997, ISBN 3-484-84200-8 (Niemeyer); ISBN 3-931479-03-X (Franckesche Stiftungen).
  2. MZ-Serie Teil 7: Francke und seine Ehefrau - Große Liebe großer Zwist (2013). Abgerufen am 25. September 2023.
  3. Wolfgang Breul et al.: Der radikale Pietismus: Perspektiven der Forschung. Vandenhoeck & Ruprecht, 2011. ISBN 978-3-647-55839-4, S. 169
  4. Johannes van den Berg: Der Pietismus vom siebzehnten bis zum frühen achtzehnten Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht 1993, ISBN 978-3-525-55343-5, S. 461.
  5. Katja Lißmann: Briefe von Frauen als Praktiken frommer Selbst-Bildung im frühen Quedlinburger Pietismus. Harrassowitz Verlag, Halle 2019.
  6. Johannes van den Berg: Der Pietismus vom siebzehnten bis zum frühen achtzehnten Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht 1993, ISBN 978-3-525-55343-5, S. 461.
  7. Antonius Lux (Hrsg.): Große Frauen der Weltgeschichte. Tausend Biographien in Wort und Bild. Sebastian Lux Verlag, München 1963, S. 171.
  8. Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte 2020. Abgerufen am 26. September 2023.