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Bahnstrecke Memmingen–Legau

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Memmingen–Legau (Allgäu)
Strecke der Bahnstrecke Memmingen–Legau
Streckennummer:5411
Kursbuchstrecke:405d (1963–1972)
404m (1944)
Streckenlänge:16,872 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Maximale Neigung: 22,73 
Minimaler Radius:300 m
von Neu-Ulm
von Buchloe
0,000 Memmingen 597,5 m
nach Kempten
nach Leutkirch
4,407 Dickenreishausen 610,2 m
5,500 Buxach
9,188 Kronburg 648,6 m
12,060 Illerbeuren 608,8 m
12,400 Iller
12,500 Legauer Ache
12,800 Legauer Ache
13,430 Lautrach (b Memmingen) 638,3 m
16,872 Legau (Allgäu) 666,2 m

Die Bahnstrecke Memmingen–Legau, im Volksmund Legauer Rutsch oder Legauer Bähnle genannt, war eine Nebenbahn im bayerischen Landkreis Unterallgäu. Die Stichbahn verband Memmingen mit Legau.

Vorgeschichte und Bau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verfolgten einige Gemeinden um Legau das Ziel, einen Bahnanschluss vom südlich gelegenen Kempten aus zu erhalten. Im Bayerischen Landtag wurde dagegen ein Anschluss nach Memmingen bevorzugt, wohin Legau verwaltungsrechtlich enger gebunden war. Vor die Wahl gestellt, entschied sich der Legauer Rat schließlich für die politisch favorisierte Variante, so dass am 30. Juni 1900 der Bahnbau im Lokalbahngesetz genehmigt werden konnte.

Der Bau der Strecke verlief weitgehend problemlos, so dass sie nach 16 Monaten am 23. Juni 1904 eröffnet werden konnte. Besonders erwähnenswert ist dabei die Bogenbrücke über die Iller zwischen Illerbeuren und Lautrach, die aufgrund ihrer neuartigen Bauweise aus Stampfbeton breites Interesse sowohl bei der Bevölkerung[1] als auch beim überregionalen Fachpublikum[2][3] weckte. Die Brücke wurde durch das Bauunternehmen B. Liebold aus Holzminden errichtet.

Strecke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bahnlinie begann an mehreren Stumpfgleisen im Bahnhof Memmingen und folgte dann zunächst parallel der Bahnstrecke nach Leutkirch. Zusammen mit dieser wurden der Memminger Ringlokschuppen und der Wasserturm rechterhand passiert, die beide im Winkel zur Illertalbahn Richtung Kempten lagen. Schließlich trennten sich die Strecken unmittelbar nach dem Bahnübergang Allgäuer Straße. In dieser Höhe befand sich auch ein Industrieanschluss, der über die Gleise der Legauer Bahn bedient wurde.

Im Bogen führte die Strecke weiter durch den Stadtweiherwald, bevor sie die Haltestelle Dickenreishausen erreichte. Dort war ein für bayerische Nebenbahnen typisches hölzernes Agenturgebäude nebst Ladegleis errichtet worden. Anschließend ging es durch mehrere Wälder weiter zur Haltestelle Kronburg und dann über die Illerbeurer beziehungsweise Greuther Steige hinab zum Bahnhof Illerbeuren. Auch dort stand zunächst nur ein Agenturgebäude, das aber im Laufe der Jahre um einen gemauerten Anbau erweitert wurde. Ebenso waren dort zwei Ladegleise und eine kleine Lagerhalle vorhanden.

Jenseits von Illerbeuren folgt zunächst die Illerbrücke, das größte Ingenieurbauwerk der Nebenbahn. Anschließend passierte die Strecke der Bachtelschlucht folgend die Haltestelle Lautrach – auch hier fand sich das typische Agenturgebäude –, und verlief dann entlang der Verbindungsstraße über Wiesen nach Legau. Der dortige Kopfbahnhof war mit mehreren Lagerhallen und einem Lokomotivschuppen ausgestattet.

Betrieb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Illerbrücke bei Lautrach

Wegen der relativ starken Steigungen auf der Strecke wurden anfänglich Dampflokomotiven vom Typ D XI eingesetzt, später verkehrten GtL 4/4. In den 1960er-Jahren zogen dann Lokomotiven der Baureihe 64 und Diesellokomotiven der Baureihe V 100 die Züge, darunter täglich einen gemischten Personen- und Güterzug (GmP) mit verlängerter Fahrzeit. Daneben waren auch die üblichen Uerdinger Schienenbusse auf der Strecke anzutreffen.

Am 31. Mai 1909 kam es in Illerbeuren zu einem Bahnunglück.

Vor dem Zweiten Weltkrieg verkehrten auf der Strecke werktags täglich drei und sonntags vier Zugpaare. Das Reichsbahnkursbuch aus dem Jahre 1941 gibt dann werktags bereits vier Zugpaare an, wobei die Fahrt rund 50 Minuten dauerte.[4] 1963 waren es montags bis freitags fünf, samstags sechs und sonntags vier Zugpaare. Später ging mit dem zunehmenden Individualverkehr das Angebot zurück. Zunächst wurden die Sonntagsfahrten durch Bahnbusse ersetzt, später dann auch der Verkehr an den Wochentagen ausgedünnt. Auch der Güterverkehr ging stark zurück. So wurden im letzten Betriebsjahr lediglich 860 Güterwagen auf der Strecke befördert. Zusätzlich verkehrten in den 1960er-Jahren Pilgerzüge zur Wallfahrtskirche Maria Steinbach.

Stilllegung und Relikte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund dieses Rückgangs wurde auf der Strecke am 27. Mai 1972 mit Abfahrt eines letzten von einer Rangierlok der Baureihe 260 gezogenen Zuges der gesamte Betrieb eingestellt. Die Gleise wurden um 1975 entfernt.

In der Folgezeit wurde das erste Streckenstück zwischen der Allgäuer Straße und dem Haltepunkt Kronburg zu einem Bahntrassenradweg beziehungsweise Wanderweg umgebaut. In diesem Bereich ist die Trasse aufgrund der Dämme und Einschnitte gut erkennbar. Neu ist lediglich die Unterquerung der erst nach Stilllegung gebauten Bundesautobahn 7. Jenseits von Kronburg wurden bis Illerbeuren die Bahndämme mittlerweile abgetragen, waren aber noch bis nach 2000 zu erkennen. Lediglich bei Greuth ist die Strecke noch etwas zu erahnen. Unmittelbar nach dem ehemaligen Haltepunkt Illerbeuren folgt wieder ein Weg der alten Trasse über die noch bestehende Bahnbrücke und durch die Bachtelschlucht bis zum Halt Lautrach, an dem noch ein kurzer Gleisrest sichtbar ist. Danach verläuft die zwischenzeitlich erneuerte Landesstraße nach Legau auf der Trasse, so dass ab dort keine Relikte mehr zu erkennen sind.

Die Betriebsgebäude entlang der Strecke sind alle abgebaut worden. Lediglich in Legau ist das mittlerweile in Privatbesitz befindliche Empfangsgebäude, der Wohnanbau des Lokomotivschuppens und eine Lagerhalle erhalten. Ebenso können vom Stationsgebäude Kronburg noch Grundmauern ausgemacht werden. Ein in Dickenreishausen befindlicher Unterstand ist hingegen neueren Datums. In der Nähe der jeweiligen Haltepunkte sind – mit Ausnahme von Kronburg, an dem wegen der relativ großen Entfernung zum Ort keine weiteren Gebäude waren – aber noch die ehemaligen Bahnhofsrestaurationen auszumachen.

Auch im Bahnhof Memmingen ist nichts mehr von der ehemaligen Strecke zu sehen. Die Stumpfgleise wurden mit dem Bau des 1981 eröffneten Busbahnhofs bis auf ein einziges entfernt. Das damals noch verbliebene Gleis 11 wurde noch bis zum Bahnhofsneubau Ende der 1990er-Jahre genutzt, wurde aber mittlerweile ebenfalls entfernt.

Zukunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Rahmen der in Aussicht gestellten Elektrifizierung der Bahnlinie nach Leutkirch wurde von Teilen der Memminger Bevölkerung ein Abschneiden des Tannheimer Bogens und eine direktere Neubaustrecke gefordert, die streckenweise auf dem ersten Teil der alten Trasse der Legauer Bahn hätte verlaufen sollen. Aufgrund finanzieller Bedenken und Widerstände von Seiten der dann abgeschnittenen Württemberger Gemeinden[5] werden derartige Planungen von der Deutschen Bahn mit Stand 2009 nicht weiter verfolgt. Die IHK Schwaben trat 2013 in einer Stellungnahme zur Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans weiterhin für den Bau dieser Strecke ein.[6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Siegfried Baum: Schwäbische Eisenbahn. Die Verkehrsgeschichte der Lokalbahnen in Mittelschwaben. Verlag Wolfgang Zimmer, Eppstein im Taunus 1969.
  • Siegfried Baum: Memmingen – Legau (Allgäu). In: Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland. GeraNova, München 1997.
  • Reinhold Breubeck: Die Eisenbahn in Mittelschwaben zwischen Iller und Wertach. Eisenbahnknoten Memmingen. Druck und Verlag Hans Obermayer GmbH, Buchloe 1999, ISBN 3-927781-18-5.
  • Armin Franzke: Die „Legauer Rutsch“ Memmingen – Legau (Allgäu). In: Streckenarchiv Deutsche Eisenbahnen. EK-Verlag, Freiburg 1997, S. (12c) 95–112.

Illerbrücke

  • Bernhard Liebold: Eisenbahnbrücke in Stampfbeton über die Iller bei Lautrach (Bayr. Schwaben). In: Deutsche Bauzeitung. Band 38. Berlin September 1904, urn:nbn:de:kobv:co1-opus-21419.
    • Nr. 71, S. 441–443 und Beilage (Erster Teil)
    • Nr. 73, S. 453–454 (Zweiter und letzter Teil)
  • Ferdinand Beutel: Grössere Betongewölbe-Brücken mit Gelenken und ihre Lehrgerüste. In: Süddeutsche Bauzeitung.
    • Band 13, Nr. 12, Dezember 1903, S. 410–412 und Beilagen I–III (Erster Teil)
    • Band 14, Nr. 1, Januar 1904, S. 2–5 und Beilagen IV–IX (Zweiter und letzter Teil)
  • Karen Veihelmann: Gewölbte Brücken des 19. Jahrhunderts. Vom Mauerwerk zum Stampfbeton. Hrsg.: Universität der Bundeswehr München. München 2016, 8.4 Eisenbahnbrücke über die Iller in Lautrach, S. 246 ff. (baufachinformation.de [abgerufen am 24. Januar 2019]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Baum: Schwäbische Eisenbahn. 1969, S. 62.
  2. Liebold: Eisenbahnbrücke in Stampfbeton über die Iller bei Lautrach. In: Deutsche Bauzeitung. 1904, S. 441 ff.
  3. Beutel: Grössere Betongewölbe-Brücken. In: Süddeutsche Bauzeitung. 1903, S. 410 ff.
  4. Markus Hehl: Die Dampflokzeit in Schwaben. Klartext Verlag, Essen, 2011, ISBN 978-3-8375-0613-6, Seite 48.
  5. Rudolf Köberle: Keine Planungen für eine Neubaustrecke in der Region Tannheim. 18. März 2009, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 14. November 2009 (Pressemeldung des Innenministeriums Baden-Württemberg).@1@2Vorlage:Toter Link/www.innenministerium.baden-wuerttemberg.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  6. Peter Stöferle: Fortschreibung Bundesverkehrswegeplan Stellungnahme der IHK Schwaben zur Vorschlagsliste des Freistaats Bayern für die Schiene. (PDF) 17. Januar 2013, S. 4, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juni 2015; abgerufen am 16. Dezember 2020.