Fachsprache
Eine Fachsprache, auch Technolekt, ist die für ein bestimmtes Fachgebiet oder für eine bestimmte Branche geltende Sprache.[1] Auch eine Sprache, „die sich vor allem durch Fachausdrücke von der Gemeinsprache unterscheidet“,[2] wird so genannt. Die Fachsprachen bilden mit der Gemeinsprache, den Mundarten und regionalen Varietäten die Gesamtsprache.[3]
Die Fachsprachen bauen auf der Gemeinsprache auf und stehen mit ihr in einer Wechselbeziehung.[3] Zur Fachsprache gehören kennzeichnend vor allem Fachbegriffe und Fremdwörter, das Fachvokabular. Es ist außerhalb des Fachgebietes sehr ungebräuchlich oder einzelne Wörter haben in ihm eine andere Bedeutung als gemeinsprachlich. Auch Grammatik und Intonation können sich unterscheiden.
Von den Fachsprachen unterscheidet man die Sondersprachen und die sogenannten Jargons als Sprachen bestimmter sozialer oder beruflicher Kreise. Als Jargon wird die Fachsprache zum Fachjargon oder distanziert, aber noch respektvoll zum Fachlatein und etwas abwertend zum Fachchinesisch.
Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fachsprachen gehören zu den standardisierten Sprachvarietäten. Sie haben auch die Funktion von Gruppensprachen und Umgangssprachen der jeweiligen Fachleute, unterscheiden sich jedoch durch die erwähnte Standardisierung bzw. Normierung von den übrigen nicht standardisierten Gruppen- und Umgangssprachen.
Die weitgehende Normierung soll heute vor allem auch zu übersetzungsgerechtem Schreiben führen. Solche Fachsprachen werden auch als kontrollierte Sprachen bezeichnet. Die Fachsprachenforschung als Teil der Angewandten Linguistik zielt darauf ab, die fachsprachliche Kommunikation in verschiedenen Bereichen und unter verschiedenen Bedingungen zu verbessern.[4]
Ein Fachjargon hat aus soziolinguistischer Sicht zwei Funktionen. Zum einen bezeichnet er innertheoretisch Sachverhalte präzise, um darüber kommunizieren zu können. Zum zweiten kann er für die Gruppe ein Gefühl der Zusammengehörigkeit vermitteln.
Ein einzelner Fachbegriff einer Fachsprache wird auch Terminus technicus oder kurz Terminus genannt. Die Gesamtheit aller Termini eines Gebietes bildet eine Terminologie. Terminologien können beispielsweise in einem Wörterbuch, einem Glossar oder einem Thesaurus formuliert sein.
Viele Termini und Fachsprachen sind durch Fortschritte der Wissenschaft in rascher Entwicklung begriffen. Der Sprachgebrauch in verschiedenen Disziplinen ändert sich auch dadurch, dass immer mehr Fachwörter – vor allem englische – in Gebrauch kommen.
Experten eines bestimmten Fachgebietes werden von Laien nicht richtig verstanden, weshalb ihre Fachsprache als Fachjargon oder auch als Fachchinesisch bezeichnet wird. „Chinesisch“ steht hier für „unverständlich“. Eine abgeschwächte Variante davon ist Fachlatein – in der Regel nicht abwertend gemeint, sondern gemischt aus distanzierten und respektvollen Konnotationen. Ursprung des Begriffs ist, dass im europäischen Mittelalter die Gelehrten aller europäischen Universitäten grundsätzlich in Latein schrieben und diskutierten. Latein als eine Sprache der Wissenschaft hat sich in der Terminologie bis heute in Botanik und Medizin erhalten. Auch in den Geisteswissenschaften sind zahlreiche lateinische Ausdrücke nach wie vor in Verwendung.
Kritik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]So wünschenswert die Übersetzung von Fachbegriffen in eine verständliche Sprache ist, birgt sie doch auch Gefahren. Anschaulich hat das Werner Schäfke in seinem Buch über die englischen Kathedralen geschrieben:
„Glossar: Der lästige Versuch, das dem Autor zu geläufige Fachchinesisch umständlich in (un)-verständliches Hochdeutsch zu übersetzen, wobei das Übersetzen, wie bei der Fähre über den Kanal, die Gefahr von Seekrankheit und Gepäckverlusten mit sich bringt.“[5]
Andererseits liegt die „Allgemeinverständlichmachung“ der Inhalte, die durch eine Fachsprache ausgedrückt werden (sollen), meist im Interesse der Wissenschaftler, Autoren und Publizisten. Dies gilt nicht für diejenigen, die sich bewusst von der allgemeinen Gesellschaft abzugrenzen wünschen („Elfenbeinturm“) oder die mit Hilfe von esoterischer Wortwahl eine Pseudowissenschaft zu verbreiten oder eine Geheimlehre (siehe Okkultismus) zu bewahren suchen.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einige Fachsprachen heben sich besonders deutlich von der Umgangssprache ab. Beispiele hierfür sind:
- Medizinische Fachsprache
- Juristische Fachsprache
- Wissenschaftssprache
- Verwaltungssprache
- Jägersprache
- Seemannssprache
- Bergmannssprache
- Druckersprache
- Fliegersprache
Manche fachsprachliche Bezeichnungen stammen überwiegend aus bestimmten Sprachen, beispielsweise
- musikalische Vortragsbezeichnungen hauptsächlich aus dem Italienischen
- Computersprache hauptsächlich aus dem Englischen
- Nomenklatur und Taxonomie in der Biologie, medizinische und juristische Fachsprache aus dem Lateinischen und Griechischen
Verwandte Begriffe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Nomenklatur ist ein Spezialfall einer Terminologie, in der die Benennung von Objekten in einem bestimmten Themengebiet durch Richtlinien festgelegt ist (beispielsweise die Nomenklatur der Lebewesen in der Biologie oder die Nomenklatur chemischer Verbindungen).
Als Wortschatz, Vokabular oder Lexikon bezeichnet man die Gesamtheit aller Wörter, deren eine Person mächtig ist oder die zu einer bestimmten Sprache gehören.
Als Terminologie bezeichnet man die Gesamtheit aller Begriffe und Benennungen (Termini) einer Fachsprache, beziehungsweise die Fachsprache selbst. Die DIN 2342 trifft nähere Festlegungen zur Terminologie.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wilfried Apfalter: Griechische Terminologie. Einführung und Grundwissen für das Philosophiestudium. Alber, Freiburg / München 2019, ISBN 978-3-495-49010-5.
- Karl-Heinz Bausch, Wolfgang H. U. Schewe, Heinz-Rudi Spiegel: Fachsprachen: Terminologie, Struktur, Normung. Hrsg. von DIN Deutsches Institut für Normung. Beuth, Berlin 1976.
- DIN 2342-1: Begriffe der Terminologielehre; Grundbegriffe.
- Hans-R. Fluck: Fachsprachen. A. Francke Verlag, Tübingen und Basel 1996, ISBN 3-7720-1294-9.
- Fritz Clemens Werner: Wortelemente lateinisch-griechischer Fachausdrücke in den biologischen Wissenschaften. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1997, ISBN 3-518-36564-9.
- Thorsten Roelcke: Fachsprachen. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-503-07938-6.
- Brigitte Schlieben-Lange, Helmut Kreuzer (Hrsg.): Fachsprache und Fachliteratur. Göttingen 1983.
- Gerold Schmidt: Sprachwandel und Sprachneubildung durch die Vereinigung Europas. In: Muttersprache. Zeitschrift zur Pflege und Erforschung der deutschen Sprache. Wiesbaden, 84. Jg. 1974, S. 409–419.
- Peter Dilg, Guido Jüttner: Pharmazeutische Terminologie. Die Fachsprache des Apothekers. Frankfurt am Main 1972.
- Alfred Schirmer: Wörterbuch der deutschen Kaufmannssprache auf geschichtlichen Grundlagen, mit einer systematischen Einleitung. Verlag von Karl J. Trübner, Strassburg 1911, S. 218 (archive.org).
- Fachsprache – International Journal of Specialized Communication. facultas.wuv, Wien ISSN 1017-3285.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Fachsprache im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- International Information Centre for Terminology
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Nach Kuno Lorenz: Gebrauchssprache. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. Band 3. 2. Auflage. Metzler, Stuttgart/Weimar 2008, ISBN 978-3-476-02102-1, ein Fall der Gebrauchssprache, anders die (unbelegte) Vorversion, wonach Oberbegriff der Fachsprache der Jargon sein soll.
- ↑ Duden, Deutsches Universalwörterbuch.
- ↑ a b Abgrenzung von Fachsprache und Gemeinsprache (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2020. Suche in Webarchiven) Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft der Universität Mainz.
- ↑ Thorsten Roelcke: Fachsprachen. 4. Auflage. Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2020, ISBN 978-3-503-18802-4, S. 40.
- ↑ Werner Schäfke: Englische Kathedralen. Eine Reise zu den Höhepunkten englischer Architektur von 1066 bis heute. DuMont Buchverlag, Köln 1983, ISBN 3-7701-1313-6.