Josef Stefan
Josef Stefan (slowenisch Jožef Štefan; * 24. März 1835 zu St. Peter bei Ebenthal, seit 1938 der 10. Bezirk von Klagenfurt; † 7. Jänner 1893 in Wien) war ein österreichischer Mathematiker und Physiker slowenischer Muttersprache aus Kärnten.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Slowenische Jugend
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Er besuchte von 1845 bis 1853 das heutige Europagymnasium Klagenfurt. Bereits in den unteren Gymnasialstufen zeigte sich seine mathematische Begabung. Als 1849 infolge der Märzrevolution 1848 auf der Grundlage der Oktroyierten Märzverfassung Slowenisch zum Pflichtfach wird, unterrichtete ihn der berühmte Anton Janežič. Stefan interessierte sich für das Slowenische und Lyrik. Zusammen mit Freunden gründete er einen slowenischen Literaturkreis, in dem die Mitglieder sich untereinander Bücher von slowenischen und slawischen Autoren liehen. Im Todesjahr von France Prešeren begannen sie selbst, so auch Josef (Jože) Stefan, slowenische Gedichte zu schreiben, und veröffentlichten diese in der Schülerzeitschrift Slavija. Er interessierte sich für die serbokroatische Sprache und beschäftigte sich neben dem Unterricht mit dem Lateinischen, dem Griechischen sowie mit anderen slawischen Sprachen (Russisch, Tschechisch), Mathematik und Physik.
Beruflicher Werdegang
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Josef Stefan studierte seit 1853 in Wien und habilitierte sich dort 1858 für mathematische Physik. 1859 übernahm er zunächst eine Lehrerstelle an einer Oberrealschule in Wien. 1863 wurde er Professor der Physik an der Universität Wien und dem erkrankten Direktor des Physikalischen Instituts Andreas von Ettingshausen als Vizedirektor zur Seite gestellt, sowie 1866 Nachfolger und Direktor des physikalischen Instituts. Von 1875 bis 1885 war er Sekretär der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften in Wien, 1883 Präsident der internationalen wissenschaftlichen Kommission der elektrischen Ausstellung und 1885 Präsident der internationalen Stimmtonkonferenz, die den Normalton "a" mit 435 Hertz festlegte. 1876/77 war er Rektor der Universität Wien. Seit 1878 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1892 wurde er zum auswärtigen Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[2]
Er beschäftigte sich mit der Ausbreitung des Schalls, der Polarisation, Interferenz und Doppelbrechung des Lichts, der Diffusion und Wärmeleitung von Gasen, der Abhängigkeit der Wärmestrahlung von der Temperatur sowie mit elektrodynamischen Erscheinungen und der Induktion.
Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die berühmteste Leistung Stefans ist die Aufstellung des nach ihm und Boltzmann benannten Strahlungsgesetzes, des Stefan-Boltzmann-Gesetzes, das den Zusammenhang zwischen der ausgestrahlten Energie und der Temperatur eines rein thermisch strahlenden Körpers beschreibt. Er fand bei Prüfung aller vorliegenden Strahlungsmessungen hocherhitzter Körper, dass die ausgestrahlte Energiemenge der 4. Potenz der absoluten Temperatur des Strahlers proportional ist. Bald darauf konnte sein ältester Student Ludwig Boltzmann eine theoretische Begründung dieses empirisch gefundenen Gesetzes geben. Nach beiden benannt ist auch die Stefan-Boltzmann-Konstante. Stefan hat als erster damit die Temperatur der Sonne ermittelt.
Er erhielt als erster im Jahr 1865 den Lieben-Preis.
Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1871: Über das Gleichgewicht und die Bewegung, insbesondere die Diffusion von Gasgemengen In: Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Wien, 2te Abteilung a, 1871, 63, S. 63–124
- 1873: Versuche über die Verdampfung, In: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse, 68, S. 385–423
- 1879: Über die Diffusion der Flüssigkeiten, In: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse, 78, S. 957–975
- 1886: Über die Beziehung zwischen den Theorien der Capillarität und der Verdampfung, In: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse, 94, S. 4–14
- 1889: Über die Verdampfung und die Auflösung als Vorgänge der Diffusion, In: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse, 98, S. 1418–1442
- 1890: Über die Theorie der Eisbildung ( vom 30. September 2007 im Internet Archive), 1890, Monatshefte der Mathematik und Physik, Volume 1, S. 1–5
Würdigung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Österreichische Verband für Elektrotechnik vergibt seit 1958, dem Jahr des 75-jährigen Jubiläums des Verbandes, zu Ehren des Physikers die Goldene Stefan-Ehrenmedaille. Bis 2009 wurde sie 27 Mal vergeben.
Erhalten haben diese Auszeichnung beispielsweise Gottfried Biegelmeier oder Heinz Zemanek.[3]
Nach Stefan benannt ist das wichtigste slowenische Institut für Grundlagenforschung in Ljubljana, das Jožef Stefan Institut, außerdem die Štefanova ulica in Ljubljana.
Ferner tragen der Mondkrater Stefan[4] und der Stefan-Piedmont-Gletscher in der Antarktis seinen Namen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Constantin von Wurzbach: Stefan, Joseph. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 37. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1878, S. 284–286 (Digitalisat).
- Walter Höflechner: Stefan, Josef. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S. 106 (Digitalisat).
- G. Jäger: Stefan, Josef. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 448–451.
- D. Angetter – M. Martischnig – W. W. Swoboda: Stefan Josef. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 13, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2010, ISBN 978-3-7001-6963-5, S. 132.
- Reinhold Jannach, Josef Strauss: Stefan, Josef. In: Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška, von den Anfängen bis 1942. Wien, Böhlau Verlag 2016, Bd. 3., S. 1293–1295.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- John J. O’Connor, Edmund F. Robertson: Josef Stefan. In: MacTutor History of Mathematics archive (englisch).
- Inštitut Jožef Stefan (Institute Joseph Stefan) (slowenisch)
- Ein Gedicht Jožef Štefans (slowenisch)
- Zwei Gedichte Jožef Štefans (slowenisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ohne Titel. Google Maps, abgerufen am 14. März 2010.
- ↑ Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 232.
- ↑ OVE-Generalversammlung ehrt verdiente Mitglieder Pressevorner des OVE vom 27. Mai 2014
- ↑ Josef Stefan im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS
Personendaten | |
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NAME | Stefan, Josef |
ALTERNATIVNAMEN | Stefan, Jožef |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Mathematiker und Physiker |
GEBURTSDATUM | 24. März 1835 |
GEBURTSORT | St. Peter (Klagenfurt am Wörthersee) |
STERBEDATUM | 7. Januar 1893 |
STERBEORT | Wien |
- Mathematiker (19. Jahrhundert)
- Physiker (19. Jahrhundert)
- Hochschullehrer (Universität Wien)
- Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
- Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
- Person als Namensgeber für einen Mondkrater
- Rektor (Universität Wien)
- Lieben-Preisträger
- Kärntner Slowene
- Person (Österreich-Ungarn)
- Person (Kaisertum Österreich)
- Geboren 1835
- Gestorben 1893
- Mann