Suxamethonium

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Strukturformel
Suxamethonium (Dichlorid)
Strukturformel des Dichlorids
Allgemeines
Freiname Suxamethonium
Andere Namen
  • Succinylcholin
  • 2,2′-[(1,4-Dioxobutan-1,4-diyl)bis(oxy)]bis(N,N,N-trimethylethanaminium)
Summenformel
  • C14H30N2O42+ (Dikation)
  • C14H30N2O4·2Cl (Dichlorid)
  • C14H30N2O4·2Cl·2H2O (Dichlorid-Dihydrat)
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
PubChem 5314
ChemSpider 5123
DrugBank DB00202
Wikidata Q424378
Arzneistoffangaben
ATC-Code

M03AB01

Wirkstoffklasse

Muskelrelaxans

Eigenschaften
Molare Masse 290,40 g·mol−1
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]

(Dichlorid-Dihydrat)

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Suxamethonium oder Succinylcholin (auch bekannt als Succinylbischolin oder Succinyldicholin, kurz auch Succinyl genannt) ist eine muskellähmende Substanz vom Typ des d-Tubocurarin. Es ist das einzige in der Humanmedizin verwendete depolarisierende Muskelrelaxans. Suxamethonium wird unter anderem angewendet, um eine vorübergehende Muskellähmung (auch der Atemmuskulatur) herbeizuführen und dadurch eine Intubation zur Beatmung zu ermöglichen.

Das zunächst in den Linzer Stickstoffwerken synthetisierte Muskelrelaxans Succinylcholin wurde 1951 als Lysthenon in die klinische Praxis eingeführt[4][5] und von dem Heidelberger Unternehmen Rhein-Chemie Arzneimittel[6] vertrieben.

Klinische Angaben

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Succinylcholin wurde von nebenwirkungsärmeren und zum Teil antagonisierbaren nicht-depolarisierenden Muskelrelaxantien überwiegend aus der klinischen Praxis verdrängt.[7]

Aufgrund des raschen Wirkungseintritts und der kurzen Wirkungsdauer wird es jedoch weiterhin bei Blitzeinleitungen bei nicht-nüchternen Patienten verwendet.[8]

Nach intravenöser Gabe treten nach etwa 30 Sekunden kurzzeitig Muskelzuckungen (Faszikulationen) individuell unterschiedlicher Stärke auf, wonach sich eine Lähmung der Skelettmuskulatur anschließt. Diese Lähmung bleibt etwa 3–10 Minuten lang bestehen.

Ein durch die Faszikulationen ausgelöster Untergang von Muskelzellen kann zum kritischen Anstieg des Serum-Kalium-Wertes[9] und entsprechenden Komplikationen (Herzrhythmusstörungen, Bradykardien, Herz-Kreislauf-Stillstand) führen. Bei Patienten, die über eine längere Zeit immobil waren (beispielsweise durch Bettlägerigkeit) kann es durch eine erhöhte Empfindlichkeit der Acetylcholinrezeptoren ebenfalls zu den genannten Komplikationen kommen.

Bei einem Teil der mit Succinylcholin behandelten Patienten können nach der Operation Muskelschmerzen (sog. Myalgien) auftreten, die in ihrem Erscheinungsbild einem Muskelkater ähnlich sind. Diese Beschwerden können bis zu einer Woche andauern.

In seltenen Fällen (bei Verminderung der Wirkung des Enzyms Pseudocholinesterase) kann die Wirkung stark verlängert sein, so dass hier eine längere Nachbeatmung notwendig sein kann.

Kontraindikationen

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  • Succinylcholin kann in seltenen Fällen Auslöser einer malignen Hyperthermie sein und darf daher bei Patienten mit bestehender oder vermuteter Disposition durch entsprechende Vorerkrankungen (etwa Muskeldystrophie) oder positiver Familienanamnese nicht eingesetzt werden.
  • Weiterhin kann durch die Faszikulationen der Augeninnendruck ansteigen; es sollte also auch bei Augapfelverletzungen oder einem Glaukom keine Verwendung finden.[10]

Pharmakologische Eigenschaften

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Pharmakodynamik

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Die Substanz wirkt als Agonist an den Acetylcholinrezeptoren der motorischen Endplatte und löst dort eine Depolarisation und damit Kontraktion der quergestreiften Muskulatur aus. Da Succinylcholin nicht durch Acetylcholinesterase abgebaut werden kann, verbleibt es länger am Rezeptor und erzeugt eine Dauerdepolarisation (Übererregung). Durch diese Dauerdepolarisation ist keine erneute Kontraktion der Muskeln möglich, es kommt zur Muskellähmung (Depolarisationsblock).[11]

Pharmakokinetik

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Eliminiert wird die Substanz in Leber und im Blutplasma über die Pseudocholinesterase. Der Metabolit Succinylmonocholin kann bei Gabe sehr hoher Dosen Succinylcholin kumulieren und entfalten die Wirkung eines nicht-depolarisierenden Muskelrelaxans. Diese langanhaltende Muskelblockade wird als Dualblock bezeichnet.[12]

Als kurzwirkendes Relaxans in die Klinik eingeführt wurde Suxamethonium, dessen muskelrelaxierende Wirkung Daniel Bovet 1949 entdeckt hatte, nach Testung im Tierversuch 1951 durch Hans Brücke und seinen Mitarbeitern sowie nach Selbstversuchen durch Otto Mayrhofer und M. Haßfurter.[13] Succinylcholin, das einen Atemstillstand auslöst, wird in den USA auch bei der letalen Injektion für zum Tode Verurteilte eingesetzt.[14]

Monopräparate

Lysthenon (D, A, CH), Midarine (CH), Pantolax (D), Succinolin (CH)

  • J.-U. Schreiber, T. Fuchs Buder: Neuromuskuläre Blockade, in: Bardenheuer, Forst, Rossaint, Spahn (Hrsg.): Weiterbildung für Anästhesisten 2006, Springer, Heidelberg, ISBN 978-3-540-47962-8.
  • Philip L. Liu: Grundlagen der Anästhesiologie, Urban und Fischer, Stuttgart 2001, ISBN 3-437-11625-8.
  • Norbert Roewer, Holger Thiel: Anästhesie compact, Thieme, Stuttgart, ISBN 3-13-116581-2.
  • C. Lee: Suxamethonium in its fifth decade. In: Ballière’s Clin Anaesth. Band 8, 1994, S. 417–440.
  • Martin Lindig: Schmerz, Sedierung und Narkose. In: Jörg Braun, Roland Preuss (Hrsg.): Klinikleitfaden Intensivmedizin. 9. Auflage. Elsevier, München 2016, ISBN 978-3-437-23763-8, S. 581–618, hier: S. 613–616.

Einzelnachweise

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  1. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Suxamethoniumdichlorid: CAS-Nr.: 71-27-2, EG-Nr.: 200-747-4, ECHA-InfoCard: 100.000.680, PubChem: 22475, ChemSpider: 21080, Wikidata: Q12455154.
  2. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Suxamethoniumdichlorid-Dihydrat: CAS-Nr.: 6101-15-1, EG-Nr.: 630-401-1, ECHA-InfoCard: 100.158.700, PubChem: 656867, ChemSpider: 571132, Wikidata: Q27130900.
  3. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von 2,2'-[(1,4-dioxobutane-1,4-diyl)bis(oxy)]bis(N,N,N-trimethylethanaminium) chloride hydrate (1:2:2) im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 3. Juli 2020.
  4. Otto Mayrhofer: Gedanken zum 150. Geburtstag der Anästhesie. In: Der Anaesthesist. Band 45, 1996, S. 881–883, hier: S. 882.
  5. Vgl. auch H. Brücke, K. H. Ginzel, H. Klupp, F. Pfaffenschlager, G. Werner: Bis-cholinester von Dicarbonsäure als Muskelrelaxantien in der Narkose. In: Wiener klinische Wochenschrift. Band 63, 1951, S. 885 ff.
  6. Rhein-Chemie Arzneimittel. In: Münchener Medizinische Wochenschrift. Band 95, Nr. 1, 2. Januar 1953, S. XCI.
  7. T. Mencke, A. Zitzmann, D. A. Reuter: Neue Aspekte der „rapid sequence induction“ einschließlich Behandlung der pulmonalen Aspiration. In: Der Anaesthesist. Band 70, Nr. 2, 1. Februar 2021, S. 171–184, doi:10.1007/s00101-020-00901-8.
  8. Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (Hrsg.): S1 Leitlinie: Atemwegsmanagement. 12. März 2015, S. 20 (awmf.org).
  9. Vgl. G. A. Gronert, R. A. Theye: Pathophysiology of hyperkalemia induced by succinylcholine. In: Anesthesiology. Band 43, 1975, S. 89–99.
  10. Gebrauchsinformation und Fachinformation - Lysthenon® 2 %, Injektionslösung. Takeda Pharma Ges.m.b.H., April 2019 (takeda-produkte.de [PDF]).
  11. Pharmakologie und Toxikologie. 2. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-13-142862-2, doi:10.1055/b-003-129299 (thieme.de [abgerufen am 11. Februar 2022]).
  12. Klaus Aktories, Ulrich Förstermann, Franz Hofmann, Klaus Starke, Urban-&-Fischer-Verlag München: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie : für Studenten der Medizin, Veterinärmedizin, Pharmazie, Chemie und Biologie sowie für Ärzte, Tierärzte und Apotheker. 12. Auflage. München, Deutschland 2017, ISBN 978-3-437-42525-7.
  13. H. Orth, I. Kis: Schmerzbekämpfung und Narkose. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 23.
  14. Julia Borsch: Hinrichtungen in den USA: Was ist in den Todesspritzen? In: Deutsche Apotheker Zeitung. 17. Mai 2016, abgerufen am 2. Juli 2020.