Nationale Stiftung für Naturwissenschaften
Die Nationale Stiftung für Naturwissenschaften (chinesisch
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Unter dem Eindruck der 1978 von Deng Xiaoping ausgerufenen Reform- und Öffnungspolitik fand im Mai 1981 an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften eine Generalversammlung der Abteilungen statt, wo diskutiert wurde, wie unter den Verhältnissen der Marktwirtschaft die Forschungsfinanzierung sichergestellt werden könnte. Im Ergebnis schickten 89 Mitglieder der Abteilung für Mathematik und Physik sowie der Abteilung für Biowissenschaften gemeinsam unterzeichnete Briefe an die leitenden Mitglieder des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas und des Staatsrats der Volksrepublik China. Darin schlugen sie vor, einen Fonds für die Abteilungen der Akademie aufzulegen, um die Grundlagenforschung auf eine solide finanzielle Basis zu stellen. Die Staats- und Parteiführung nahm den Vorschlag wohlwollend auf; 1982 wurde der „Fonds für Naturwissenschaften der Chinesischen Akademie der Wissenschaften“ (
Das Zentralkomitee der KPCh war jedoch nicht vollständig zufrieden und erließ im Frühjahr 1984 eine Anweisung zur Beschleunigung der Strukturreform von Wissenschaft und Technik (eine der „Vier Modernisierungen“). Daraufhin stellte der Staatsrat 17 Arbeitsgruppen zusammen, die sich mit den einzelnen Aspekten der Strukturreform befassen sollten. Die für Grundlagenforschung und angewandte Forschung zuständige Arbeitsgruppe informierte sich über die auf diesen beiden Gebieten existierenden Probleme und über die Gründe, warum die von der politischen Führung gewünschte Richtung hin zu mehr Marktwirtschaft nicht eingehalten wurde. Auf der Basis dieser Befragungen reichte die Gruppe am 29. November 1984 beim Staatsrat ihre „Vorschläge zu einer Strukturreform bei der Verwaltung von Grundlagenforschung und angewandter Forschung“ (
Nach Studium der einzelnen Berichte verabschiedete das Zentralkomitee der KPCh schließlich am 13. März 1985 seinen „Beschluss über die Strukturreform von Wissenschaft und Technik“ (
Am 14. Februar 1986, mit Beginn des 7. Fünfjahresplan (1986–1990), genehmigte der Staatsrat offiziell die Gründung der Nationalen Stiftung für Naturwissenschaften.[6]
Zunächst unterstand die Stiftung noch der Chinesischen Akademie der Wissenschaften.[3]
Erster Präsident und Parteisekretär der Stiftung wurde in Personalunion der theoretische Chemiker Tang Aoqing (
- Mathematik und Physik
- Chemie
- Biowissenschaften
- Geowissenschaften
- Materialwissenschaft und Ingenieurwissenschaften
- Informatik
Am 3. April 1988, also dreieinhalb Jahre nach dem entsprechenden Vorschlag der Arbeitsgruppe, wurde die Stiftung per Beschluss des Staatsrats aus der Zuständigkeit der Akademie der Wissenschaften – die selbst dem Staatsrat untersteht – herausgelöst und direkt dem Staatsrat unterstellt. Zwei Monate später, am 7. Juni 1988, wurde die Stiftung als „Vizeministerium“ (
Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Nationale Stiftung für Naturwissenschaften wird von einem Präsidium mit einem Präsidenten, einem Generalsekretär und ursprünglich fünf, seit 2013 sechs stellvertretenden Präsidenten geleitet. Seit 2003, also dem Amtsantritt von Hu Jintao als Staatspräsident der Volksrepublik China und Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas, wechselt das Präsidium alle fünf Jahre parallel zu den Legislaturperioden des Nationalen Volkskongresses. In der Legislaturperiode 2018/23 ist der Quantenphysiker Xie Xincheng (谢心
- Mathematik und Physik
- Chemie
- Biowissenschaften
- Geowissenschaften
- Ingenieurwissenschaften und Materialwissenschaft
- Informatik
- Verwaltungswissenschaft
- Medizin[11]
Im Jahr 2018 wurden mit einem Budget von 26 Milliarden Yuan (von der Kaufkraft her etwa 25 Milliarden Euro) 44.504 Projekte an 1530 wissenschaftlichen Einrichtungen gefördert, 17.671 davon aus der Kategorie „Junge Wissenschaftler“.[12] Hierbei handelte es sich oft um kleinere Summen, Zuschüsse zum Kauf von Laborgeräten oder Übernahme von Reisekosten, aber auch große Projekte wie die Erforschung von zoonotischen Pathogenen[13] oder die Zerstörung des Nordchinakratons seit dem Mesozoikum. Letzteres, 2018 abgeschlossenes Projekt bestand aus 66 Einzelprojekten und wurde seit 2007 mit einer Gesamtsumme von 200 Millionen Yuan gefördert.[14] Für 2019 wurde das Förderbudget auf 31,11 Milliarden Yuan erhöht.[1] Zum Vergleich: die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die allerdings auch für Geisteswissenschaften zuständig ist, verfügte 2019 über einen Förderungsetat von gut 3,3 Milliarden Euro, aus dem 31.150 Projekte unterstützt wurden.[15]
Tiefgreifende Reform[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 28. Mai 2018 hatte Xi Jinping in einer Rede vor der Vollversammlung der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und der Chinesischen Akademie der Ingenieurwissenschaften – wie schon am 18. Oktober 2017 in seiner programmatischen Rede auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas – die Bedeutung der Grundlagenforschung für die Wissenschaft betont.[16] Er forderte jedoch mehr Praxisorientierung: die Innovationskraft müsse gestärkt werden, man müsse mehr Handwerkergeist zeigen, die Forschung hätte sich an den strategischen Bedürfnissen des Landes zu orientieren.[17] Parallel dazu kündigte das Parteikomitee der Nationalen Stiftung für Naturwissenschaften auf seiner konstituierenden Sitzung für die Legislaturperiode 2018/23 eine tiefgreifende Reform an. Die Förderrichtlinien sollten an die veränderten Verhältnisse in der Welt mit ihren neuen Herausforderungen angepasst werden, Grundlagenforschung sollte mit angewandter Forschung kombiniert werden, die Projekte sollten sich stärker an der Nachfrage aus der Wirtschaft orientieren.[1] Bis 2022 sollen vier Förderkategorien eingeführt werden:
- Originäre Forschung
- Spitzenforschung zu aktuellen Themen
- Anwendungsorientierte Grundlagenforschung
- Interdisziplinäre Forschung.[18][veraltet]
Die Förderanträge sollen auch weiterhin von Experten aus den jeweiligen Fachgebieten beurteilt und genehmigt werden. Angesichts der Masse von Anträgen sollen die Experten jedoch von einem Datenverarbeitungssystem mit künstlicher Intelligenz unterstützt werden. Die Experten selbst werden ständig begutachtet und sind dazu angehalten, konstruktive Kritik und Verbesserungsvorschläge zu den Förderanträgen zu äußern.[19]
Chinesisch-Deutsches Zentrum für Wissenschaftsförderung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Nationale Stiftung für Naturwissenschaften ist international gut vernetzt. Stand 2019 bestanden 93 Kooperationsabkommen mit ähnlichen Organisationen in 49 Ländern inklusive Hongkong, Macau und Taiwan.[1]
Zu Deutschland waren die Beziehungen jedoch von Anfang an besonders eng. Bereits 1988, also zwei Jahre nach Gründung der Stiftung, wurde ein Kooperationsabkommen mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterzeichnet, um die gegenseitigen Wissenschaftsbeziehungen auszubauen und zu vertiefen. 1994 schlug die Stiftung für Naturwissenschaften vor, eine gemeinsam betriebene Forschungsförderungseinrichtung zu gründen. Dieser Vorschlag wurde von der DFG aufgegriffen; beim Chinabesuch Helmut Kohls im November 1995 wurde ein vorläufiges Abkommen unterzeichnet. 1998 wurde dann der endgültige Vertrag zur Gründung des Chinesisch-Deutschen Zentrums für Wissenschaftsförderung unterzeichnet, in China meist „Chinesisch-Deutsches Wissenschaftszentrum“ bzw.
Das Direktorium des CDZ ist paritätisch besetzt, mit einer deutschen und einer chinesischen Direktorin, dazu noch einem deutschen Direktor für Forschungsförderung und zwei stellvertretenden Direktorinnen (Stand 2022).[21] Es verfügt über ein eigenes, von beiden Seiten zu gleichen Teilen finanziertes Budget, aus dem, um den wissenschaftlichen Austausch zu fördern, Reiseaktivitäten und Forschungsaufenthalte im jeweils anderen Land finanziert werden. Außerdem werden deutsch-chinesische Symposien unterstützt,[22] so zum Beispiel seit 2010 auf dem Gebiet der metallischen Massivgläser.[23][24][25] Das Ziel ist die Anbahnung langfristiger chinesisch-deutscher Kooperationsbeziehungen,[26] so wie 2019 bei den metallischen Gläsern zwischen dem Qian-Xuesen-Labor für Weltraumtechnologie und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung.[27] Die resultierenden Forschungsprojekte werden dann jedoch vom CDZ nicht mehr gefördert und müssen sich bei der Nationale Stiftung für Naturwissenschaften, der DFG od. ähnl. Geldquellen erschließen.[22]
Liste der Präsidenten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Name | Fachgebiet | Amtszeit |
---|---|---|
Tang Aoqing ( 1915–2008 |
Theoretische Chemie | 1986–1990 |
Zhang Cunhao (张存 * 1928 |
Physikalische Chemie | 1990–1999 |
Chen Jia'er (陈佳洱) * 1934 |
Beschleunigerphysik | 1999–2003 |
Chen Yiyu (陈宜瑜) * 1944 |
Ichthyologie | 2003–2013 |
Yang Wei (杨卫) * 1954 |
Mechanik fester Körper | 2013–2018 |
Li Jinghai ( * 1956 |
Chemieingenieurwesen | 2018– |
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Programm 863
- Programm 973
- Nationale wissenschaftlich-technische Großprojekte
- Nationales Programm für Schwerpunktforschung und -entwicklung
- Innovation 2020
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Website der Nationalen Stiftung für Naturwissenschaften (englisch)
- Website des Chinesisch-Deutschen Zentrums für Wissenschaftsförderung
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ a b c d NSFC at a Glance. In: nsfc.gov.cn. Abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
- ↑ Contact us. In: nsfc.gov.cn. Abgerufen am 30. August 2020 (englisch).
- ↑ a b c d
国家 自然 科学 基金 委 员会历史沿革 . In: nsfc.gov.cn. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 12. November 2005; abgerufen am 27. August 2020 (chinesisch). - ↑ 1985
年 3月 13日 中央 决定进行科学 技 术体制 改革 . In: china.com.cn. 12. März 2009, abgerufen am 26. August 2020 (chinesisch). - ↑
程 宏 毅 、姜 萍萍:我国 科技 体制 改革 的 经验与启示. In: theory.people.com.cn. 25. Oktober 2018, abgerufen am 26. August 2020 (chinesisch). - ↑
概 况. In: nsfc.gov.cn. Abgerufen am 27. August 2020 (chinesisch). - ↑
唐 敖庆. In: jlu.edu.cn. Abgerufen am 27. August 2020 (chinesisch). - ↑
李 克 建 :回 忆国家 自然 科学 基金 委 员会成立 初期 的 唐 敖庆主任 . In: nsfc.gov.cn. 25. Juli 2008, abgerufen am 27. August 2020 (chinesisch). - ↑ 韩昊
辰 :国 务院机 构改革 方案 . In: gov.cn. 17. März 2018, abgerufen am 27. August 2020 (chinesisch). - ↑ 领导
介 绍. In: nsfc.gov.cn. Abgerufen am 28. August 2020 (chinesisch). - ↑ a b Organization. In: nsfc.gov.cn. Abgerufen am 15. September 2022 (englisch).
- ↑ Li Jinghai: Annual Report 2018. In: nsfc.gov.cn. Abgerufen am 30. August 2020 (englisch).
- ↑ The NSFC sponsored major project "Discovery of Zoonotic Pathogens and Study of its Pathogenicity to Humans" has made significant progress. In: nsfc.gov.cn. 2. Juli 2018, abgerufen am 30. August 2020 (englisch).
- ↑ Major Research Plan "Destruction of North China Craton" Powerfully Improve the International Standing of Solid Earth Science in China. In: nsfc.gov.cn. 2. Juli 2018, abgerufen am 30. August 2020 (englisch).
- ↑ Michael Hönscheid: Der Jahresbericht 2019. In: dfg.de. 1. Juli 2020, abgerufen am 29. August 2020.
- ↑ Xi Jinping: Secure a Decisive Victory in Building a Moderately Prosperous Society in All Respects and Strive for the Great Success of Socialism with Chinese Characteristics for a New Era. In: chinadaily.com.cn. 6. November 2017, abgerufen am 30. August 2020 (englisch).
- ↑ 习近
平 :在 中国科学院 第 十 九 次 院 士 大会 、中国 工程 院 第 十 四次院士大会上的讲话(2018年 5月 28日 ). In: cssn.cn. 29. Mai 2018, abgerufen am 29. August 2020 (chinesisch). - ↑
概 况. In: nsfc.gov.cn. Abgerufen am 28. August 2020 (chinesisch). - ↑ Li Jinghai: Annual Report 2018. In: nsfc.gov.cn. Abgerufen am 30. August 2020 (englisch). S. 2f.
- ↑ Geschichte. In: sinogermanscience.org.cn. Abgerufen am 24. Februar 2022.
- ↑ Direktorium. In: sinogermanscience.org.cn. Abgerufen am 24. Februar 2022.
- ↑ a b Förderprogramme. In: sinogermanscience.org.cn. Abgerufen am 29. August 2020.
- ↑ 2010
年 中 德 非 晶 物理 和 材料 研 讨会成功 召开. In: mmp.iphy.ac.cn. 21. Oktober 2010, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 27. April 2012; abgerufen am 22. August 2020 (chinesisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. - ↑
第 二届中德非晶物理和材料研讨会在德国科隆召开. In: iop.cas.cn. 14. November 2012, abgerufen am 22. August 2020 (chinesisch). - ↑ Deutsch-Chinesischer Workshop zu metallischen Massivgläsern. In: dlr.de. Abgerufen am 22. August 2020.
- ↑ Aufgaben. In: sinogermanscience.org.cn. Abgerufen am 29. August 2020.
- ↑ 钱学
森 实验室 与 德 国 联邦材料 研究所 达成合作 意向 . In: qxslab.cn. 5. November 2019, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 1. Februar 2020; abgerufen am 22. August 2020 (chinesisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.