Regierungsdevise
Die Regierungsdevise (chinesisch
In China kam es zunächst häufig vor, dass ein Herrscher nach Ablauf einiger Jahre eine neue Regierungsdevise ausrief, etwa um einen Politikwechsel anzukündigen. Seit der Ming-Dynastie behielt der Kaiser die ursprünglich gewählte Devise üblicherweise bis zu seinem Regierungsende bei, also in der Regel bis zum Tod. Hier liegt ein Grund dafür, dass die Regierungsdevisen der späteren Kaiserzeit wie zum Beispiel Yongle oder Qianlong in der westlichen Literatur oft fälschlich wie Eigennamen verwendet werden.
Äranamen in China
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der chinesische Äraname (chin.
Geschichte und Anwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wenn der Kaiser den Thron bestieg, wählte er einen Thronnamen (ähnlich dem Papstnamen). Der Zeitraum vom Zeitpunkt der Thronbesteigung bis zum Ende des Kalenderjahres (nach dem Mond beziehungsweise der Sonne) galt als erstes Jahr seiner Regierung. Grundsätzlich endete die Ära mit dem Tod oder der Abdankung des Kaisers, und mit seinem Nachfolger begann eine neue Ära.
Kaiser Wu von Han war der erste Kaiser, der Äranamen im eigentlichen Sinne ausrief. Er war der Erste, der während all seiner Regierungsjahre Äranamen führte. Auch seine Vorgänger Wen und Jing hatten schon Äranamen verwendet, allerdings nicht durchgehend. Kaiser Wu rief etwa alle fünf Jahre eine neue Ära aus und starb in seiner elften Ära im Jahr 87 v. Chr.
Jeder Äraname hat eine gewisse programmatische Bedeutung. Die erste Ära des Kaisers Wu trug beispielsweise den Namen Jiànyuán (
In der traditionellen chinesischen Geschichtsschreibung wird das Ausrufen des ersten Äranamens Jiànyuán genannt. Wenn ein Kaiser eine neue Ära ausrief, die eine alte ablöste, hieß dies Gǎiyuán (
Um anhand der Äranamen ein Jahr zu bestimmen, muss man nur die Jahre seit der Ausrufung der Ära zählen. So ist das dritte Jahr der Ära Jiànyuán unser Jahr 138 v. Chr., das erste Jahr unser Jahr 140 v. Chr. Wurde ein Äraname von unterschiedlichen Herrschern und Dynastien verwendet, musste der Name des Herrschers oder der Dynastie mitgenannt werden. So riefen sowohl Kaiser Wu von Han als auch Kaiser Kang von Jin die Ära Jiànyuán aus. Jiànyuán 2 der Jin-Dynastie ist unser Jahr 344 n. Chr., Jiànyuán 2 der Han-Dynastie unser Jahr 139 v. Chr.
Fast alle Äranamen bestanden aus zwei Zeichen. Eine Ausnahme bilden die Äranamen der Westlichen Xia, von denen ein Fünftel aus mehr als drei Zeichen besteht. Durch Chinas großen kulturellen Einfluss in Ostasien setzte sich der Gebrauch von Äranamen auch in Japan, Korea und Vietnam durch.
Der Äraname war ein Symbol der kaiserlichen Macht. Der Kaiser sah im Äranamen einen Ausdruck seiner Überzeugung, rechtmäßiger Herrscher zu sein. Das Ausrufen einer neuen Ära während der Regierungszeit eines Kaisers wurde als Beweis großer Willensstärke angesehen. Wenn dagegen zur selben Zeit mehr als eine Ära galt, war dies ein Zeichen für politische Unruhe. Dadurch wurde die Arbeit der Geschichtsschreiber manchmal kompliziert.
Vor der chinesischen Republik konnte eine Ära nur vom Kaiser ausgerufen werden. Die Republik China wird als Ära mit 1912 als erstem Jahr angesehen und gilt noch heute in Taiwan. Die Volksrepublik China hob den Gebrauch der Äranamen auf und führte mit ihrer Gründung im Jahr 1949 die christliche Jahreszählung ein.
Listen der Regierungsdevisen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]→ Für eine Tabelle der Herrscherlisten mit Äranamen siehe Kaiserreich China
Heutige Sichtweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Heute, im Zeitalter der Globalisierung, gerät das chinesische Ärasystem als Teil der chinesischen Kultur in der Gesellschaft und im Alltag der Republik China in Konflikt mit der „westlichen Welt“. Während das Volk der Republik China (und Japans) die geläufigen Äranamen verwendet und diese auch als Einziges von der Regierung anerkannt werden, verkehrt die Regierung mit fremden Nationen in der christlichen Zeitrechnung.
Doch auch in nicht auswärtigen Angelegenheiten ergeben sich Probleme. Abgesehen von der komplizierten Einordnung derjenigen Japaner, die in einer früheren Ära geboren wurden, lässt sich der Schalttag am 29. Februar nur mühsam zurückverfolgen, und Fehler bei der Rückkonvertierung sind nicht ausgeschlossen. Sogar die Bezeichnung künftiger Jahre ist schwierig, weil beispielsweise der Tod des japanischen Tennō und damit der Wechsel der Ära in Japan nicht berechenbar ist.
Auch der Vorwurf des europäischen Kulturimperialismus spielt hierbei eine Rolle, da die christliche Zeitrechnung in religiöser Hinsicht mit der ostasiatischen Kultur nicht vereinbar ist. Durch die fortschreitende Globalisierung wird diese Sorge jedoch zunehmend ignoriert.
Vor allem Wörterbücher des klassischen Chinesisch enthalten neben einer Dynastietabelle häufig auch detaillierte Listen der historischen Regierungsdevisen.
Äranamen in Japan
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hauptartikel: Nengō
Der japanische Äraname (jap. gengō,
Die japanischen Äranamen basieren auf den chinesischen und wurden im Jahr 645 n. Chr. unter Tennō Kōtoku (
Äranamen in Korea
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Koreanische Schreibweise | |
---|---|
Koreanisches Alphabet: | 연호 |
Hanja: | |
Revidierte Romanisierung: | Yeonho |
McCune-Reischauer: | Yŏnho |
Die koreanischen Äranamen (kor. yeonho, auch yŏnho hangeul 연호, hanja
Name | Zeitraum | Herrscher, Bemerkungen |
---|---|---|
Gojoseon | ||
Dan-gi (단기) | 2333 v. Chr. | Von 1952 bis 1961 in Südkorea Beginn der offiziellen Zeitrechnung. |
Goguryeo | ||
Es existierten vier weitere Äranamen der Könige von Goguryeo, die aber vermutlich wiederverwendet wurden. | ||
Yeonsu ( |
270–290 | König Seocheon |
Yeon-ga ( |
292–300 | König Bongsang |
Yeonsu ( |
331–371 | König Gogugwon |
Yeongnak ( |
391–413 | König Gwanggaeto der Große |
Geonheung ( |
413–491 | König Jangsu der Große |
Yeon-ga ( |
531–545 | König Anwon |
Yeonggang ( |
545–559 | König Yangwon |
Hamtong (咸通/함통) | 618–642 | König Yeongnyu |
Silla | ||
Geonwon (건원/ |
536–551 | Könige Beopheung und Jinheung |
Gaeguk (개국/ |
551–568 | König Jinheung |
Daechang (대창/ |
568–572 | König Jinheung |
Hongje (홍제/ |
572–584 | Könige Jinheung, Jinji und Jinpyeong |
Geonbok (건복/ |
584–634 | König Jinpyeong und Königin Seondeok |
Inpyeong (인평/ |
634–648 | Königinnen Seondok und Jindeok |
Taehwa (태화/ |
648–650 | Königin Jindeok |
Im Jahr 650 übernahm Silla die Äranamen der Tang-Dynastie in China. | ||
Balhae | ||
Die postumen Titel der Könige Dae Ijin und Dae Geonhwang sind unbekannt. Deshalb werden sie hier unter ihrem Geburtsnamen geführt. | ||
Cheontong ( |
699–718 | König Go |
Inan ( |
719–736 | König Mu |
Daeheung ( |
737–792 | König Mun |
Jungheung ( |
794 | König Seong |
Jeongnyeok ( |
795–808 | König Gang |
Yeongdeok ( |
809–812 | König Jeong |
Jujak ( |
813–817 | König Hui |
Taesi ( |
817–818 | König Gan |
Geonheung ( |
818–820 | König Seon |
Hamhwa (咸和/함화) | 830–858 | König Dae Ijin |
Geonhwang ( |
858–926 | König Dae Geonhwang |
Taebong | ||
Die Äranamen dieser Zeit stammen aus der Regierung des Königs Gung-ye (901–918). | ||
Mutae ( |
904–905 | |
Seongchaek ( |
905–910 | |
Sudeok Manse ( |
911–914 | |
Jeonggae ( |
914–918 | |
Goreyo | ||
Cheonsu ( |
918–933 | König Taejo |
Gwangdeok ( |
950–951 | König Gwangjong |
Junpung ( |
960–963 | König Gwangjong |
Joseon | ||
Gaeguk ( |
1894–1897 | König Gojong |
Geonyang ( |
1895–1896 | König Gojong |
Groß-Korea | ||
Gwangmu (광무/ |
1897–1907 | Kaiser Gojong |
Yunghui (융희/ |
1907–1910 | Kaiser Sunjong |
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑
建 元 – jiànyuán. Begriff. In: zdic.net. Abgerufen am 17. August 2021 (chinesisch). - ↑
建 中 – jiànzhōng. Begriff. In: zdic.net. Abgerufen am 17. August 2021 (chinesisch). - ↑
靖 – jìng. Begriff. In: zdic.net. Abgerufen am 17. August 2021 (chinesisch, deutsch, englisch, französisch). - ↑
靖 – jìng. Begriff. In: dict.leo.org. Abgerufen am 17. August 2021 (chinesisch, deutsch). - ↑
国 – guó. Begriff. In: dict.leo.org. Abgerufen am 17. August 2021 (chinesisch, deutsch). - ↑
改元 – gǎiyuán. Begriff. In: zdic.net. Abgerufen am 17. August 2021 (chinesisch, englisch, französisch).