Shindō Kaneto

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Shindō Kaneto

Shindō Kaneto (japanisch 新藤しんどう 兼人かねと, eigentlich: 新藤しんどう けんとう[1] bei gleicher Aussprache; * 22. April 1912 in Ishiuchi, Landkreis Saeki (heute: Stadtbezirk Saeki-ku, Hiroshima)[2]; † 29. Mai 2012 in Tokio[3]) war ein japanischer Filmregisseur und Drehbuchautor. Seit den 1940er Jahren verfasste er für mehr als 210 Filme die Drehbücher und inszenierte über 40 Filme selbst.[4]

Shindōs Eltern, die Großgrundbesitzer waren, verloren aufgrund der Weltwirtschaftskrise ihr Land und Vermögen. Er war deshalb gezwungen, schon mit 15 seinen Lebensunterhalt selber zu verdienen. Shindō begann seine Karriere 1928 als Szenenbildner bei Shinkō Tōkyō. 1939 schrieb er seine ersten Drehbücher, unter anderem für Kinoshita Keisuke, Yoshimura Kōzaburō und Mizoguchi Kenji. Letzterer hatte einen großen Einfluss auf sein späteres Schaffen als Regisseur. 1942 wechselte er zur Produktionsfirma Shōchiku. Von 1944 bis zum Ende des Krieges war Shindō Soldat.[5] Gemeinsam mit dem Regisseur Yamada Tengo, dem Produzenten Itoya Hisao und dem Schauspieler Tonoyama Taiji gründete er 1950 die unabhängige Produktionsfirma Kindai Eiga Kyokai (Gesellschaft des modernen Films), um dem kommerziellen Druck bei Shōchiku zu entgehen und die Möglichkeit zu bekommen, eigene Themen zu verarbeiten. Kaneto Shindōs Werk ist neben dem Einfluss von Mizoguchi stark von der sowjetischen Montagetechnik Sergei Eisensteins und Orson Welles’ Schaffen beeinflusst. Außerdem nannte er den frühen Jean-Luc Godard als Einfluss. Shindō verstand sich als Sozialist.[6]

1951 gab er mit dem Film Aisai monogatari sein Regiedebüt. Der Film handelt von seiner Frau, die 1943 verstorben war. Ein erster Erfolg als Regisseur sollte ihm bereits 1952 mit Die Kinder von Hiroshima gelingen, der sich als einer der ersten Spielfilme den Folgen des Atombombenabwurfs auf Hiroshima widmete. Dieses Thema sollte er später noch mehrmals aufgreifen. Der Film wurde beispielsweise bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes aufgeführt und erhielt auf dem Internationalen Filmfestival Karlovy Vary einen Friedenspreis.

Seine bekanntesten Filme drehte Shindō in den 1960er-Jahren. Zu diesen gehören das Drama Die nackte Insel (1960), das mit dem Großen Preis auf dem Internationalen Filmfestival Moskau prämiert wurde, sowie die Horrorfilme Onibaba – Die Töterinnen (1964) und Yabu no naka no kuroneko (1968). Diese Filme wiesen oft starke Frauenfiguren auf. Häufig arbeitete er mit dem Komponisten Hikaru Hayashi zusammen, der auch die Musik zu den besagten Filmen schrieb.

1975 brachte er einen Dokumentarfilm über Mizoguchi Kenji heraus, der gleichzeitig als Hommage gedacht war. Aru eiga kantoku no shōgai – Mizoguchi Kenji no kiroku (ある映画えいが監督かんとく生涯しょうがい 溝口みぞぐち健二けんじ記録きろく), so der Titel des Films, besteht aus Interviews mit Leuten, die Mizoguchi nahestanden. Im gleichen Jahr wurde er für seinen Beitrag zum Independent Film mit dem Asahi-Preis ausgezeichnet. 1978 heiratete er die Schauspielerin Nobuko Otowa,[1] die in vielen seiner Filme die Hauptrolle spielte.

Er war mehrmals für den Japanese Academy Award nominiert und gewann diesen 1978 für sein Drehbuch zu Yoshitarō Nomuras Jiken und 1996 gleich dreimal für seinen Film Ein letzter Brief. 1999 gewann sein Film Ikitai den Goldenen St. Georg und den FIPRESCI-Preis auf dem Internationalen Filmfestival Moskau. 2003 erhielt er den Japanese Academy Award für sein Lebenswerk. 1997 wurde er zur Person mit besonderen kulturellen Verdiensten ernannt, 2002 erhielt er den Kulturorden und 2011 den Kikuchi-Kan-Preis.[1]

2010 drehte er im Alter von 98 Jahren den Spielfilm Ichimai no hagaki (engl. Postcard), der 2011 beim Mainichi Eiga Concours als Bester Film und in weiteren Kategorien ausgezeichnet wurde und für den er 2012 den Blue Ribbon Award als Bester Regisseur erhielt,[1] und beendete damit seine Karriere als Regisseur.[7] In Postcard setzte sich Kaneto mit dem Schicksal der Familien gefallener Soldaten im Zweiten Weltkrieg auseinander. Nur Manoel de Oliveira hat in noch höherem Alter Filme realisiert. Postcard wurde zugleich als japanischer Beitrag für den Oscar 2012 in der Kategorie „bester fremdsprachiger Film“ eingereicht, schaffte es jedoch nicht auf die Nominierungsliste.

  • 1951: Aisai Monogatari (愛妻あいさい物語ものがたり)
  • 1952: Nadare (雪崩なだれ)
  • 1952: Die Kinder von Hiroshima (原爆げんばく, Gembaku no Ko)
  • 1953: Shukuzu (縮図しゅくず)
  • 1953: Onna no issho (おんな一生いっしょう)
  • 1954: Dobu (どぶ)
  • 1955: Okami (おおかみ)
  • 1956: Gin shinju (ぎん心中しんちゅうの)
  • 1956: Ruri no kishi (流離りゅうりきし)
  • 1956: Joyu (女優じょゆう)
  • 1957: Umi no yarodomo (うみ野郎やろうども)
  • 1958: Kanashimi wa onna dakeni (かなしみはおんなだけに)
  • 1959: Daigo Fukuryu-Maru (だい福竜丸ふくりゅうまる)
  • 1959: Hanayome-san wa sekai-ichi (花嫁はなよめさんは世界一せかいいち)
  • 1960: Die nackte Insel (はだかしま, Hadaka no Shima)
  • 1962: Ningen (人間にんげん)
  • 1963: Haha (はは)
  • 1964: Onibaba – Die Töterinnen (鬼婆おにばば, Onibaba)
  • 1965: Akutŏ (悪党あくとう)
  • 1966: Honnô (本能ほんのう)
  • 1967: Sei no kigen (せい起原きげん)
  • 1968: Yabu no naka no kuroneko (やぶなかくろねこ)
  • 1968: Tsuyomushi onna to yowamushi otoko (つよむしおんな弱虫よわむしおとこ)
  • 1969: Kagerô (かげろう)
  • 1970: Shokkaku (触角しょっかく)
  • 1970: Heute leben, morgen sterben (はだかじゅうきゅうさい, Hadaka no Jūkyū-sai)
  • 1972: Kanawa (鉄輪てつりん(かなわ))
  • 1972: Sanka (讃歌さんか)
  • 1973: Kokoro (しん)
  • 1974: Waga michi (わがみち)
  • 1975: Aru Eiga Kantoku no Shōgai: Mizoguchi Kenji no Kiroku (ある映画えいが監督かんとく生涯しょうがい 溝口みぞぐち健二けんじ記録きろく)
  • 1977: Aus dem Leben Chikuzans (竹山たけやまひとりたび, Chikuzan Hitori Tabi)
  • 1979: Kousatsu (絞殺こうさつ)
  • 1981: Hokusai manga (北斎ほくさい漫画まんが)
  • 1984: Chihei-sen (地平線ちへいせん)
  • 1986: Burakkubōdo (ブラックボード)
  • 1986: Rakuyōju (落葉樹らくようじゅ)
  • 1987: Hachiko – Wahre Freundschaft währt ewig (ハチ公はちこう物語ものがたり)
  • 1988: Sakura-tai Chiru (さくらたい)
  • 1992: Bokuto kidan (濹東あやぎぬたん)
  • 1995: Ein letzter Brief (午後ごご遺言ゆいごんじょう, Gogo no Yuigonjō)
  • 1999: Ikitai (きたい)
  • 2000: Sanmon yakusha (三文さんもん役者やくしゃ)
  • 2003: Fukurō (ふくろう)
  • 2008: Ishiuchi Jinjō Kōtō Shōgakkō: Hana wa Chire domo (石内いしうち尋常じんじょう高等こうとう小学校しょうがっこう はなれども)
  • 2010: Ichimai no hagaki (いちまいのハガキ)
  • S. Noma (Hrsg.): Shindō Kaneto. In: Japan. An Illustrated Encyclopedia. Kodansha, 1993. ISBN 4-06-205938-X, S. 1376.

Einzelnachweise

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  1. a b c d 新藤しんどう兼人かねと. In: デジタルばん 日本人にっぽんじんめいだい辞典じてん+Plus bei kotobank.jp. Abgerufen am 6. April 2015 (japanisch).
  2. 新藤しんどう兼人かねと. In: 知恵ちえぞう2015+Plus bei kotobank.jp. Abgerufen am 6. April 2015 (japanisch).
  3. Japan film director Shindo dead at 100 (Memento vom 1. Juni 2012 im Internet Archive). Mitteilung auf asiaone.com vom 30. Mai 2012 (abgerufen am 30. Mai 2012).
  4. Filmografie bei jmdb.ne.jp (japanisch)
  5. Keiko Yamame: Das japanische Kino. Geschichte. Filme. Regisseure. Bucher, München und Luzern, 1985, S. 212.
  6. Interview mit Joan Mellen (1972) [1] bei eigageijutsu.blogspot.com
  7. Artikel in der Los Angeles Times: Kaneto Shindo tells a personal story in 'Postcard'