Der Fischer an der Wiese
Kein Sternlein glänzt, schwarz ist die Nacht,
Es rauschen dumpf die Wellen,
Und einsam hält der Fischer Wacht
Bei munteren Forellen.
Dringt zu des Fischers Ohren,
Er sitzt an seinem feuchten Ort
In Schlummer halb verloren.
Bald regt er sich und reibt die Hand
Das Feuer glimmend auf dem Sand
Belebt er emsig wieder.
Erschrocken richtet er sich auf,
Er höret nahe Schritte,
Zu seiner kleinen Hütte.
Die Fremden treten bald herbei,
Zwei mächtige Gestalten,
Die Mäntel lassen keinen frei
Der Fischer ruft die Männer an:
„Was habt ihr hier verloren?
Ihr seht, ich bin kein tauber Mann,
Laßt mich nur ungeschoren.“
Sprach einer von den Beiden,
„Wir möchten kurz verweilen hier,
Wenn du es gern magst leiden.“
„Ihr seid verirrt, wie ich wohl denk’,
Bei Nacht da sieht man nicht die Ränk’
Der Pfade und der Stege.“
„So ist’s, und wenn es dir beliebt,
So reich’ uns deine Hände,
Und leit uns an das Ende.
Thust du es, wird dich nimmermehr
Die rasche That gereuen,
Kennst du nach Basel sichre Fähr’?
„Nach Basel? nun ich frage nicht,
Woher ihr seid gekommen.
Ich thue schweigend meine Pflicht,
Mög’s euch, ihr Herrn, nur frommen.
Laßt mich ein Mahl bestellen.
Kommt hier in dieses kleine Haus;
Belieben euch Forellen?“
Bald stand ein köstlich Fischgericht
Es säumten sich die Fremden nicht,
Es schmeckt gar wohl den Beiden.
Der Fischer sah beim Feuerschein
Den Männern in die Augen:
Die nicht zu Fischern taugen!
Allein er hat ein treu Gemüth,
Er fragt nicht nach dem Stande,
Er hilft, wo er Gefahren sieht,
Die Fremden hatten sich erquickt,
Sie standen auf vom Tische,
Die Hand des Fischers ward gedrückt,
Gedankt ihm für die Fische.
Geh’s auch durch Sumpf und Pfühle,
Wir folgen über Pfad und Steg;
Wann sind wir denn am Ziele?“
„Wir gehn den nächsten Weg dahin,
So wahr ich Christ und ehrlich bin,
Wird sicher es gefunden.“
Der Fischer tritt nun rasch voran,
Es folgen ihm die Beiden.
Bedeckt von hohen Weiden.
Durch Sümpfe geht’s und über Stein,
Gleichviel, es geht doch weiter.
Und endlich hält der Fischer ein,
„Gelöst, ihr Herrn, ist nun mein Wort!
Ich that nach euerm Willen,
Mög’ nun das reiche Basel dort
Euch andre Wünsch’ erfüllen.“
Du sollst nun auch erfahren,
Wem treue Dienste du gethan –
Sieh mich, den Mann von Jahren!
Ich bin Karl Wilhelm, dein Markgraf –
So biedre Männer treu und brav
In meinen obern Landen.
So Männer, die den Fremdling gern
Mit Wort und That berathen,
Sind Zierden in den Staaten.
Trägst du auch noch so rauh Gewand,
Ich weiß was drunter wohnet.
Nimm, Wackrer, deines Fürsten Hand,
Der Fischer wirft sich auf ein Knie,
Er küßt des Fürsten Hände:
„Belohnung, Herr? So sei sie die,
Daß ich mich Euch verpfände.“
Nach deinem Wohlgefallen;
Du gehest ein und gehest aus
Gleich meinen Räthen allen.“
Und in des Fischers Augen treu
„Herr Markgraf, diese Ehre sey
Mir mehr als alle Ehren!“
Wohl alle Wochen einmal trug
Nach Basel er Forellen,
Dieselben zu bestellen.
Der kräftigste, der schönste Fisch,
Den nur die Wiese nährte,
Der mußte auf des Herren Tisch,
Und es verstrich geraume Zeit –
Der Fischer an der Wiese
Verlebte in Zufriedenheit
Die Tage still und süße.
Von Fürstenhand geschrieben.
„In meiner Seele bist Du tief
Mit Deiner Treu’ geblieben.
Ich will Dir keinen großen Lohn
Nimm nur, Du wackrer Landessohn!
Von mir ein Angedenken.
Für Dich und für Dein ganz Geschlecht,
Das lange sich nicht schließe,
Dort in der muntern Wiese.“
Zu Maulburg in der Kirche steht
Ein Grabstein für den Braven;
Bis einst des Richters Ruf ergeht,
Steinen bei Lörrach. | Reinhard Reitzel. |