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daß er vor Kurzem seine Frau unter den unerwartetsten Umständen angetroffen habe: „sie starrte vor sich hin, öffnete den Mund und die Augen sehr weit und warf ihre beiden Arme hoch über den Kopf.“ Vor mehreren Jahren war ich überrascht, mehrere meiner kleinen Kinder zusammen ernstlich mit irgend Etwas auf dem Boden beschäftigt zu sehen; die Entfernung war aber zu groß, als daß ich sie hätte fragen können, was sie vorhätten. Ich hob daher meine offnen Hände mit ausgestreckten Fingern über den Kopf und wurde mir, sobald ich sie ausgeführt hatte, auch der Bewegung bewußt. Ich wartete dann ohne ein Wort zu sagen, um zu sehen, ob die Kinder die Geberde verstanden hätten; und als sie zu mir heran gelaufen kamen, riefen sie aus: „Wir sahen, daß Du über uns erstaunt warst.“ Ich weiß nicht, ob diese Geberde verschiedenen Menschenrassen eigen ist, da ich versäumt habe, über diesen Punkt Erkundigungen anzustellen. Daß sie angeboren oder natürlich ist, könnte man aus der Thatsache schließen, daß Laura Bridgman, wenn sie in plötzliches Erstaunen geräth, „ihre Arme ausbreitet und ihre Hände mit ausgestreckten Fingern nach oben wendet“;[1] auch ist es in Anbetracht dessen, daß das Gefühl der Überraschung allgemein nur ein schnell vorübergehendes ist, nicht wahrscheinlich, daß sie diese Geberde durch ihren scharfen Gefühlssinn erlernt haben sollte.

Huschke beschreibt[2] eine von der eben geschilderten etwas verschiedene, aber damit verwandte Geberde, welche, wie er sagt, Personen darbieten, wenn sie erstaunt werden. Sie halten sich aufrecht, die Gesichtszüge wie vorhin beschrieben, aber die gerade gehaltenen Arme werden nach hinten ausgebreitet, wobei die ausgestreckten Finger von einander gespreizt werden. Ich selbst habe diese Geberde niemals gesehen; doch ist Huschke wahrscheinlich correct; denn einer meiner Freunde frug einen Andern, wie er wohl großes Erstaunen ausdrücken würde, und sofort warf er sich in die angegebene Stellung.

Wie ich glaube, sind diese Geberden nach dem Grundsatze des Gegensatzes erklärbar. Wir haben gesehen, daß, wenn Jemand indignirt


  1. Lieber, On the Vocal Sounds etc., a. a. O. p. 7.
  2. Huschke, Mimices et Physiognomices Fragment, physiol. 1821, p. 18. Gratiolet (De la Physion. p. 255) gibt die Abbildung eines Menschen in dieser Stellung, welche indessen nur Furcht in Verbindung mit Erstaunen auszudrücken scheint. Auch Le Brun (Lavater, Vol. IX, p. 299) erwähnt das Öffnen der Hände bei einem erstaunten Menschen.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/281&oldid=- (Version vom 31.7.2018)