Abstract
Die 1990er Jahre sahen die laengste US-Prosperitaetsphase der gesamten Nachkriegszeit. Die Arbeitslosigkeit ist auf ein Niveau gefallen, das haeufig als Vollbeschaeftigung bezeichnet wird, die Inflationsrate ist ueber die gesamte Prosperitaetsphase kaum gestiegen, das Haushaltsdefizit ist in einen Ueberschuss verkehrt worden. Amerika wird zum Modell. Der Modebegriff der »New Economy«, gepraegt fuer jene neuen Dienstleistungsbranchen, die Wissen und Informationen »verarbeiten«, wird auf die US-Wirtschaft in toto angewendet, um die Neuartigkeit des Phaenomens zu beschreiben. Die Botschaft lautet: Wir haben es mit einer Entwicklung nach neuen, unbekannten Gesetzmaeßigkeiten zu tun - inflationsfreies Wachstum in einer weitgehend unregulierten, hochflexiblen Informations- und Wissensoekonomie, in der jedes Wirtschaftssubjekt seine unternehmerische Leistungsfaehigkeit ausprobieren, der Marktzugang dank Internet kaum durch hohe Transaktionskosten und der Kapitalzugang dank zunehmender Boersenkapitalisierung und neuer Risikokapitalkultur kaum beschraenkt werden kann. Die USA werden damit zum Modell der »New Economy«, die sich gegenueber der »Old Economy« Europas und Japans durch hohe Flexibilitaet von Preis- und Mengenanpassungen, geringer staatliche Interventionen in die Marktordnung und -prozesse und geringem Einfluss organisierter Interessenvertreter auszeichnet. Die Beitraege dieses Bandes befassen sich deshalb mit den weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, den makrooekonomischen Voraussetzungen, aber auch den Begleiterscheinungen der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA, die als »New Economy« mystifiziert werden. Was steckt tatsaechlich hinter der veraenderten Wachstumsentwicklung in der Triade? Tragen die 1990er Jahre lediglich jene angebotspolitischen Fruechte, die durch die Reaganomics in den 1980er Jahren gesaet wurden? Oder ist die »New Economy« das Sinnbild der 2. Industriellen Revolution, die durch die Entwicklungen in den Informations- und Kommunikationstechnologien jene lang erwartete basistechnologische Revolution ausloest, die einen neuen »Kondratieff-Zyklus« mit ueberdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum und einer trendmaeßigen Beschleunigung des technischen Fortschritts anleitet? Europa, so zeigen die Beitraege dieses Bandes, kann aus der US-Entwicklung die Lehre ziehen, dass es keiner raetselhaften »New Economy« bedarf, um Wachstum und Beschaeftigung in einer Weise zu befluegeln, die an die »Goldenen Zeiten« der 60er und 70er Jahre erinnert, sondern einer expansiven makrooekonomischen Konstellation, die durch den entsprechenden Policy-mix aus Geld-, Finanz- und Lohnpolitik zumindest befoerdert werden kann. Natuerlich wird sich das Wachstum und der Beschaeftigungszuwachs am Beginn des 21. Jahrhunderts in Branchen abspielen, die zu großen Teilen wissen- und informationsbasiert sind - wenn dies als »New Economy« interpretiert wird, ist die fulminante Expansion der »New Economy« Folge, nicht aber Voraussetzung einer wuenschenswerten Prosperitaetsphase. Der Modernisierungsprozess der europaeischen Wirtschaften sollte deshalb an der Institutionalisierung der Verhaltensabstimmung der makrooekonomischen Politikbereiche zur Schaffung einer expansiven Konstellation ansetzen, statt sich ausschließlich mit der mikrooekonomisch begruendeten Infragestellung bestehender Arbeitsmarkt-, Sozialstaats- und Kollektivvertragssysteme zu befassen, die die fuer die »New Economy« der wissensbasierten Gesellschaft notwendige Humankapitalbereitstellung sogar gefaehrden koennte.
Suggested Citation
Arne Heise (ed.), 2001.
"USA - Modellfall der New Economy?,"
Conference proceedings of the Research Network Macroeconomics and Macroeconomic Policies (FMM),
IMK at the Hans Boeckler Foundation, Macroeconomic Policy Institute, volume 4, number 4-2001, July.
Handle:
RePEc:imk:fmmcps:4-2001
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