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GUTMANN, Bruno
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Verlag Traugott Bautz
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Band II (1990)Spalten 405-408 Autor: Friedrich Wilhelm Bautz

GUTMANN, Bruno, Missionar, * 4.7. 1876 in Dresden, † 17.12. 1966 in Ehingen am Hesselberg (Mittelfranken). - "Meine beiderseitigen Großeltern sind Bauern gewesen", schreibt G. "Mein Vater stammt aus dem Meißener Flachland. Die Mutter kam vom Kamm des Erzgebirges. Meine Jugendzeit wurde von mancherlei familiärem Unglück überschattet. Mein Vater war als jüngstes Kind auf dem Bauernhof von seinem Vater besonders lange zu Hause behalten worden. Mit seinem Erbteil erbaute er sich 1876 ein Haus auf der Düne von Dresden, in der Hoffnung, es mit einigem Gewinn wieder verkaufen zu können. Diese Gegend war damals einsam, und es fand sich kein Käufer. Dann wurde meine Mutter schwer krank, und ihre Eltern zogen mit in das Haus, um meiner Mutter zu helfen. Am 6.5. 1883 starb meine Mutter. Mein Vater ging nach Dresden, um dort sein Brot zu verdienen, und lebte bei seiner Schwester. Ich blieb bei den Großeltern, während meine Schwester für einige Jahre mit dem Vater bei der Tante wohnte. Die Not zu Hause war so groß, daß ich schon mit 11 Jahren zum Lebensunterhalt der Familie beitragen mußte und nach dem Schulunterricht in die Fabrik ging. Dort arbeitete ich in der Gießerei bei den Kernmachern. Etwa ein Jahr habe ich in dieser Fabrik gearbeitet. Als mein Vater wieder geheiratet hatte, nahm er seine beiden Kinder wieder zu sich. So brauchte ich nicht mehr in die Fabrik zu gehen." In der Schule war Bruno immer Klassenerster. Durch Vermittlung des Rektors erhielt er eine Beschäftigung in Pieschen als Kopist in der Gemeindeverwaltung. Zweieinhalb Jahre arbeitete er dort nach dem Schulunterricht. Nach seiner Schulentlassung trat Bruno als Volontär in den Gemeindedienst und blieb dort bis zu seinem Eintritt in das Leipziger Missionsseminar im Jahr 1895. Zum Missionsdienst wurde er angeregt durch seine Mitgliedschaft im Christlichen Verein Junger Männer (CVJM). Nach Dienstschluß bei der Gemeindeverwaltung nahm er teil am Abendunterricht in Dresden in Latein, Stenographie und anderen Fächern. Im Missionsseminar gelangte er in einem sechsjährigen konzentrierten Studiengang zum theologischen Examen. Vor seiner Ordination war G. ein Jahr lang Pfarrvikar in Vohenstrauß. 1902 wurde er zum Dienst in Ostafrika berufen. Nach einer Einführungszeit am Ostkilimandscharo kam er zum Westkilimandscharo, wo er nach einer zweijährigen Tätigkeit in Machame mit dem Aufbau einer neuen Missionsstation im Bezirk Untermachame betraut wurde, die den Namen Masama erhielt. Mit dem vollen Einsatz seiner Kräfte widmete er sich diesem Werk. Die Anstrengungen im Hochgebirge mit seinen tiefen Schluchten und Steilhängen machten sich an seinem Herzen bemerkbar und zwangen ihn, ein Jahr früher als üblich um Heimaturlaub zu bitten. Ostern 1908 kam er nach Deutschland zurück und gab sein erstes größeres literarisches Werk zum Druck: "Dichten und Denken der Dschagganeger" mit dem Untertitel "Beiträge zur afrikanischen Volkskunde". Im Herbst 1909 kehrte G. mit seiner Lebensgefährtin in die Arbeit nach Masama zurück, wurde aber schon bald darauf nach Alt-Moshi zur Übernahme dieser Station und Gemeinde gerufen. Nun begann die eigentliche Schaffensperiode des Missionars G. So erschien 1914 "Das Volksbuch der Wadschagga", eine Sammlung von Sagen, Märchen, Fabeln und Schwänken, die er den Wadschagga ablauschte und literarisch festhielt. Im August 1920 wurde G. mit den anderen deutschen Missionaren auf Grund des § 418 des Vertrages von Versailles zwangsweise aus Afrika abtransportiert. Er nahm zunächst vorläufig seinen Aufenthalt in Berlin, fand endlich in Ehingen ein Daheim. Es entstanden umfangreiche und inhaltlich bedeutsame Manuskripte: "Das Dschaggaland und seine Christen" sowie das missionstheoretischprogrammatische Werk "Gemeindeaufbau aus dem Evangelium". Die Theologische Fakultät der Universität Erlangen verlieh ihm 1924 die Ehrendoktorwürde. 1925 durfte und konnte G. seinen missionarischen Dienst in Ostafrika wieder aufnehmen. 1926 erschien "Das Recht der Dschagga". Professor Dr. Felix Krüger aus Leipzig, der Herausgeber des Buches, schreibt in seinem Nachwort: "Der wissenschaftlichen Welt ist G. seit langem wohlbekannt. Zahlreiche Studien aus seiner Feder, Monographien vornehmlich ethnologischen, sozial- und kulturwissenschaftlichen Inhaltes, auch rechtsvergleichende Arbeiten erweisen ihn als einen der gründlichsten Kenner Ostafrikas, darüber hinaus als tiefblickenden Erforscher des menschlichen Gemeinschaftslebens überhaupt, seiner natürlichen Formbildungen und der Gesetze ihres Wachsens oder Entartens. Das vorliegende Hauptwerk, in der Handschrift seit Jahren abgeschlossen, wünschten Näherstehende, darunter namhafte Rechtsgelehrte, längst gedruckt zu sehen." Die Juristische Fakultät der Universität Würzburg würdigte "Das Recht der Dschagga" mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde. 1932-1935 und 1938 erschienen die drei umfangreichen Bände der "Stammeslehren der Dschagga", die bereits 1930 handschriftlich abgeschlossen worden waren. In einer Rezension heißt es: "Noch niemals hat sich das Seelentum eines Negerstammes mit seinen volkhaften und religiösen Bindungen so tief erschlossen wie in diesem Werk. Eine solche dokumentare Sammlung kann nicht ein zweites Mal zustande kommen, weil das Stück Leben, um das es hier geht, dahinschwindet. Die Wissenschaft weiß bisher wenig von den Anfängen der Erziehung und des Unterrichts, von den frühen Formen des geschichtlichen Bewußtseins. Auf Grund jahrzehntelanger Studien und Erfahrungen im einstmals deutschen Schutzgebiet hat D. B. G. hier erwiesen, daß die alten Männer der Dschagga sich im Zusammenhang über Menschenbildung und Gemeinschaftsformen besinnen, daß sie diese Gedanken erstaunlich klar aussprechen können und sie mit Bewußtsein dem heranwachsenden Geschlecht einprägen." - Pfarrer Ernst Jaeschke wurde 1938 G.s Nachfolger.

Werke: Neun Dachaggamärchen, erz. v. G. u. Hermann Fokken, hrsg. v. A. v. Lewinski, 1905; Dichten u. Denken der Dschagganeger - Btrr. z. ostafr. Volkskunde, 1909; Volksbuch der Wadschagga - Sagen, Märchen, Fabeln u. Schwänke, den Dschagganegern nacherz., 1914; Amulette u. Talismane bei den Dschagganegern am Kilimandscharo, hrsg. v. Felix Krueger, 1923; Anton Tarimo, der Evangelist v. Moschi, 1924; Das Dschaggaland u. seine Christen, 1925; Gemeindeaufbau aus dem Ev. - Grundsätzliches f. Mission u. Heimatkirche, 1925; Briefe aus Afrika, hrsg. u. mit einer Einl. vers. v. B. G., 1925; Das Recht der Dschagga. Mit einem Nachw. des Hrsg., Felix Krueger: Zur Entwicklungspsychologie des Rechts, 1926; Häuptling Rindi v. Moschi - Ein afr. Helden- u. Herrscherleben, 1928; Freies Menschentum aus ewigen Bindungen, 1928; Schildwacht am Kilimandscharo. I: Der Baugrund, 1929; Christusleib u. Nächstenschaft, 1931; Kipo Kilja - Ein Buch v. Kibo, 1931; Kitabu kya siri... (Text der Titelseite in Deutsch: Das Buch der Gemeinde des Herrn der Freude u. Erlösung u. des Ev. des Glaubens - in der Sprache des Zentralkilimandscharo), 1931 (Inhalt: Gottesdienstordnung - 256 Lieder [z. größten Teil nach dt. Vorlagen in Text u. Melodie] - Luthers kleiner Katechismus mit Erkl. u. ausgew. Bibelstellen - Das Augsburg. Bekenntnis); Die Stammeslehren der Dschagga, hrsg. v. Felix Krueger. I, 1932; II, 1935; III, 1938; Zurück auf die Gottesstraße, 1934; Zwischen uns ist Gott, 1935; Unter dem Trutzbaum - Eine Einkehr in Moschi am Kilimandscharo, 1938; NT in der Dschaggasprache, übers. v. B. G., 1939; Sage es der Gemeinde!, 1950; Filipo Njau - Aus meinem Leben, v. B. G. übers, aus der Dschaggasprache, hrsg. v. Martin Küchler, 1960; D. Dr. Bruno Gutmann, Afrikaner - Europäer in nächstenschaftlicher Entsprechung. Ges. Aufss., hrsg. v. Ernst Jaeschke, 1966 (Bibliogr., zus.gest. v. Ingelore Hoffmann u. Walther Ruf, 215-232).

Lit.: Franz Gleiß, Ein Stück afr. Völkerkunde, in: EMM NF 68, 1924, 49-52; - J. Bender, Gemeindeaufbau aus dem Ev., ebd. 69, 1925, 303-311; - Carl Meinhof, Von afr. Art, ebd. 70, 1926, 165-168 (zu dem Buch "Das Recht der Dschagga"); - Martin Schlunk, Die Stellung der Mission z. Volkstum, in: NAMZ 6, 1929, 97-108 (Auswertung des Buches "Gemeindeaufbau aus dem Ev."); - W. Oehler, Ewige Bindungen, in: EMM NF 74, 1930, 161-165; - W. Nitsch, Volksverband u. Jüngerschaft Jesu, in: NAMZ 8, 1931, 97-106 (Korreferat, geh. auf der Herrnhuter Missionswoche 1930 auf Grund v. Leitsätzen G.s zu seinem Referat "Das unsichtbare Reich"); - Siegfried Knak, Zwischen Nil u. Tafelbai - Eine Stud. über Ev., Volkstum u. Zivilisation am Bsp. des Missionsproblems unter den Bantu, 1931 (in einem bes. Kap. eine eingehende Besprechung des Buches "Gemeindeaufbau aus dem Ev."); - Anonym, Ostafr. Bantu-Volkstum u. das Ev., in: EMM NF 76, 1932, 70-82. 106-113; - Johannes Raum, Einiges über urtüml. Bindungen bei den Bantu Ostafrikas, in: NAMZ 9, 1932, 185-195. 234-243; - Julius Richter, Die Stammeslehren der Dschagga, ebd. 10, 1933, 124-128 (z. I. Bd. des gleichnamigen Buches); - Karl Hartenstein, Die Mission u. die kulturelle Frage: Anpassung oder Umbruch?, in: EMM NF 79, 1935, 350 ff. (zu G.: 362 f.); - Em. Kellerhals, Zurück auf die Gottesstraße - Gedanken zu B. G.s Botschaft, ebd. 117-124; - Paul Fleisch, 100 J. luth. Mission, 1936 (erwähnt darin G. u. seine Arbeit des öfteren [s. Reg.], vor allem in dem Kap. "Der Aufbau der Dschagga-Mission" auf S. 302-307 [Gemeindegliederung u. Gemeindeleben] u. in dem Abschnitt "Wiederaufbau in Ostafrika" auf S. 417-421 [Die Frage des Volksorganischen/Gliederung der Gemeinden u. inneres Leben]); - A. W. Schreiber, Ein Wort z. Kritik D. Dr. jur. G.s an der Kirchenordnung der Ev. Ewe-Kirche in Togo (West-Afrika), in: NAMZ 14, 1937, 30-38; - Walter Braun, Gemeinde u. Volk in Ostafrika, ebd. 325 ff. (zu G.s Position: 368-370); - O. Raum, Dr. G.'s Work on Kilimanjaro, in: IRM 26, 1937, 500-507; - Walter Holsten, B. G.s Exegese, in: ThStKr 108 1937/38, 282 ff. (abgedr. in dem Sammelbd. v. Aufss. des Verf.: Das Ev. u. die Völker - Btrr. z. Gesch. u. Theorie der Mission, 1939, 89-124); - Siegfried Knak, Erfahrungen u. Grundgedanken der dt. ev. Mission, 1938 (behandelt in diesem Heft z. Vorbereitung der Weltmissionskonferenz v. Tambaram in einem eigenen Kap. G.s Anschauungen); - G. Holtz, Wider u. f. B. G., in: Die Dorfkirche 32, 1939, 97-106; - Hellmut Weist, Die Theol. des Miss. B. G. in krit. Beurteilung (Diss. Halle), 1941; - Werner Pollmann, Die missionar. Grundsätze B. G.s (Diss. Leipzig, 1942), o. O. 1941; - Heinrich Frick, Mission u. fremdes Volkstum - Vom Ringen der dt. ev. Mission um die Erhaltung v. Volkstum, in: EMZ 3, 1942, 39-53. 68-82 (zu G.: 50); - Johannes Christiaan Hoekendijk, Kerk en Volk in de Duitse Zendingswetenschap, Amsterdam 1948, 135-158 (dt. Übers. 1967); - Martin Küchler, D. Dr. B. G. - Ll. u. Würdigung der Lebensarbeit D. Dr. B. G.s, 1951; - Peter Beyerhaus, Die Selbständigkeit der jungen Kirchen als missionar. Problem, 1956 (in dem Kap. "Der dt. Volkskirchengedanke" die Grundgedanken G.s unter dem Stichwort "Volksorganischer Gemeindeaufbau"), 88-96; - Wolfgang Tilgner, Volksnomostheol. u. Schöpfungsglaube, 1966 (in einem eigenen Abschnitt "Die Volksnomoslehre in der Missionstheol., vornehml. dargest. an den Schrr. B. G.s"), 212-217; - Ernst Jaeschke, Ein Leben f. Afrikaner, in: Afrikaner - Europäer in nächstenschaftlicher Entsprechung. Ges. Aufss. v. D. Dr. B. G., hrsg. v. dems., 1966, 11-31; - E. Dammann, In memoriam B. G., in: Afrika u. Übersee. Sprachen - Kulturen 50, 1967, 161 f.; - J. C. Winter, A German approach to social anthropology; an analysis of the fundamental concepts in the ethnographical writings of B. G. (Diss. Oxford), 1969/70; - RGG II, 1918 f.

Letzte Änderung: 25.01.2006