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Mein Großvater, wie letzte Woche gesagt, hatte die Spielsucht. Er spielte stundenlang. Skat, Rommé, Canasta, Jule. You name it. Während er spielte, trank er Bier und rauchte. Wenn er verlor, war er sauer.

Als ich etwa acht oder neun Jahre alt war, beschloss mein Großvater, dass er zum Spielen keine Kneipe mehr brauchte. Auf diese Weise konnte er meiner Großmutter mehr Haushaltsgeld geben und die finanziellen Folgen seiner Spielsucht lindern. Also brachte er mir sämtliche Spiele bei. Bei vielen Spielen braucht man eine dritte Person, am dringendsten ist die dritte Person beim Skat erforderlich. Mein Großvater ernannte meine Großmutter zum dritten Mann. Sie konnte aber nicht Skat. "Das macht nichts", sagte mein Großvater.

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Als meine Großmutter an die Reihe kam, sagte mein Großvater: "Pik ist angespielt. Pikus, der Waldspecht. Wenn du Pik hast, musst du Pik bedienen, nimm aber eine Karte mit einer Zahl drauf, die sind billiger. Nicht eine mit einem Kopf." Meine Großmutter betrachtete ihre Karten. "Ich seh da gar nix. Was heißt noch mal Pik?" Mein Großvater sagte: "Dann trumpfst du. Hast du Kreuz? Nein? Nimm einen Buben." Meine Großmutter wusste nicht, was mit "Bube" gemeint ist. Mein Großvater stand auf, betrachtete ihre Karten, nahm eine davon und knallte sie, wie es sich gehört, auf den Tisch. Dann setzte er sich wieder auf seinen Stuhl.

Auf diese Weise ging es weiter. Meine Großmutter hielt ihre Karten fest. Immer wenn sie an der Reihe war, stand mein Großvater auf und suchte die passende Karte aus.

Meine Großmutter weigerte sich, die Skatregeln zu lernen oder auch nur den Unterschied zwischen Grand und Ramsch. Andererseits mochte sie es, mitzuspielen. Sie saß da, rauchte, trank Eierlikör und hielt die Karten. Manchmal überkam es sie. Dann wartete sie nicht, bis er eine Karte heraussuchte, sondern spielte selber etwas aus, dazu lachte sie triumphierend und rief: "Ich habe kein Pik." Am Ende stellte sich immer heraus, dass sie doch Pik hatte.

Manchmal gewann sie. Dann stieß mein Großvater einen langen, heulenden Klagelaut aus und rief: "Du hast aber auch immer ein Bombenblatt, mein Mädchen." Sie antwortete: "Glück im Spiel, Pech in der Liebe."

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