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Lorsch: Kultur
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Das Lorscher Rathaus und die Wandmalereien im Nibelungensaal



Aufzeichnungen des Hessischen Staatsarchives in Darmstadt belegen, dass sich ab Mitte des 16. Jahrhunderts an der Stelle des heutigen Rathauses ein zweigeschossiger Fachwerkbau mit offener Kauf- und Versteigerungshalle im Erdgeschoss und einem großen Ratssaal im Obergeschoss befand. Da die Gemeinde aber bereits über eine eigene Dorfverfassung verfügt habe, muß davon ausgegangen werden, dass bereits zur Klosterzeit ein "Rathaus" existiert hat. Vielleicht sogar an gleicher Stelle.

Ende des 17. Jahrhunderts wurde das Rathaus jedoch baufällig und nach Ende der Kriegswirren durch ein neues Gebäude ersetzt. Der Neubau in den Jahren 1714 und 1715 war eine große Leistung der Lorscher Bürgerschaft.

Planung, Ausschreibung und weitere Informationen können heute jedoch kaum noch skizziert werden, verschwanden die Bürgermeisterrechnungen der Jahre 1713 bis 1715 doch in den Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts aus den Stadtarchiven.

Es trifft jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu, dass das Lorscher Rathaus nach den Bauplänen der Baumeister und Handwerker errichtet wurden, die 164 Jahre zuvor schon das Heppenheimer Rathaus gebaut hatten.

Beide Rathäuser zeigen bis auf geringe Ausnahmen die gleichen baulichen Merkmale. In der großen, ursprünglich von drei Seiten zugänglichen Eingangshalle hat sich ein Großteil des öffentlichen Lebens abgespielt. Getreide- und Tabakwaage, Verkäufe und Versammlungen hatten hier ihr Zuhause. Der Schlussstein über der Eingangstür zur Säulenhalle trägt die Jahreszahl der Fertigstellung des Rohbaus 1715.

Gegen Westen hin wurde das Rathaus 1902 durch den in Lorsch gebürtigen Architekten und Frankfurter Baumeister Hans Rummel erweitert. Die Baukosten veranschlagte Rummel damals mit 32 135 Reichsmark. Der obere Stock des Erweiterungsbaus wurde zu einem repräsentativen Raum mit Wandgemälden, die bedeutende Ereignisse aus der Lorscher Fürstabtei und der Region darstellen.

Die Wandmalereien des Nibelungensaals

Die erste Ausmalung des Nibelungensaals im Rathaus stammt aus den frühen 30er Jahren. sie wurde von Georg Behringer (1879-1944) gestaltet. Alsgebürtiger Wormser war ermit der Geschichte der Nibelungensage vertraut und erhatte auch schon für die Wormser Domgewölbe großformatige Detailzeichnungen entworfen. Er malte und zeichnete von Jugend an und besaß eine virtuose Gabe, Ideen zu Bildern zu formen. Für die monumentalen Wandgemälde wählte er insb. den feierlichen Einzug Karls des Großen und die Überführung der Reliquie des heiligen Nazarius zum Gegenstand seiner ersten Gemälde, die in Entwürfen im Museum der Stadt Worms und in Photographien noch erhalten sind. Beringer hatte den überlebensgroßen Figuren seines ersten Gemäldezyklus Lorscher Charakterköpfe (Bürgermeister Huba, Pfarrer Heinstadt, Rektor Berlet, Architekt Dexler und andere Lorscher) gegeben. Diese wurden nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 durch Darstellung von Funktionören ersetzt und dann wieder gelöscht, so daß die Figuren "kopflos" waren. Schliesslich wurde die ganze Ausmalung entfernt.

Nach einer Pause von einigen Jahren war die zweite Gestaltung von Beringer herangereift, die in einer Art von Wandteppichen mit zarten Pastellkreiden das ungeheure Erlebnis des Klosters zu erzählen versucht. In Zusammenarbeit mit Dr. Illert, Worms, wurde eine Folge von Bildern entworfen, die in einer neuen, dem damaligen Zeigeist entsprechenden schlichten, naturalistischen Gestaltung Verwirklichung fanden. Dr. Illert gab während eines Vortrages im Nibelungensaal eine Beschreibung der Wandmalereien:

Die Westwand des Saales dem Eingang gegenüber, zeigt in drei riesigen Wandgemälden die Grosse politische und reichsgeschichtliche Rolle des Klosters. Im Mittelpunkt steht der triumphierende Kaiser, umgeben von seinen Fürsten, als Zielpunkt der von allen vier Weltgegenden herbeströmenden Heere der deutschen Stämme. Im Vordergrund tobt die Hunnenschlacht, die oft in der Landschaft zwischen Lorsch und Worms hin und her wogte, als Sinnbild aller Kämpfe, die ausgefochten werden mussten, bis das mittelalterliche Reich entstehen konnte.

Die Reichstreue der Abtei wird durch die in den beiden Seitenbildern dargestellte Kampf- und Abwehrbereitschaft der Mönche auf der Feste Starkenburg und durch die Erinnerung an den Einzug des Abtes Udalrich mit seinen 1200 Reitern auf dem Reichstag zu trebur deutliche gemacht.

Die östliche Wand zeigt die örtliche Geschichte des Klosters. Die Folge beginnt mit dem linken Bild, das den geheimnisvollen Zauber des Waldes darstelt, der sich im Lorscher Raum zwischen Rhein und Odenwald ausdehnt. seine Fauna und Flora wird in zahlreichen Einzelheiten dargestellt.

Inmitten dieser vielfältigen Natur sehen wir Hagen die Lanze gegen Siegfried schleudern und sehen den toten Helden, wie er auf der Bahre durch den Wald nach der Königsburg zu Worms getragen wird. Wir erinnern uns, daß auch das Nibelungenlied, das ja in der Glanzzeit des Klosters Lorsch entstand, dieses Jagdrevier der Wormser Könige beschreibt. Hierher lud Hagen die Wormser Recken und Siegried zur Jagd. Hier vollzog sich Siegfrieds Schicksal. Hierbei zogen sich Ute und die trauernde Kriemhilde in die Einsamkeit des Klosters zurück, dessen Geschichte sich zusammenwob mit dem Heldenlied unseres Volkes. Einer nennt sogar das Kloster als einen Ort des Siegfriedgrabes.

Das große Mittelbild hat Georg Beringer nicht mehr selbst vollenden können. Er starb im Jahre 1944, ohne daß sich sein sehnlichster Wunsch erfüllt habbe, das Lorscher Werk vollenden zu können. Doch auch für dieses Bild hatte der Künstler den Entwurf mit der gleichen Genauigkeit und Druchzeichnung sschon länst geschaffen, so daß es möglich war, es so ausführen zu lassen, wie Beringer selbst es getan hätte. In dem Mainzer Maler Philipp Preis fand Architekt Dexler den Künstler, der die technische Begabung und den künstlerischen Ernst hatte, um das Werk im Geist Beringers zu vollenden.

Vor unseren Augen steht der Beginn der segensreichen Klosterarbeit: Der Urwald wird gerodet, das gewonnene Ackerland bestellt, Obstbau und Viehzucht betrieben. Die Klosterkirche ist bereits erbaut , aber die Bauarbeiter gehen im Klosterbezirk und in der Nachbarschaft weiter. Baumeister und Handwerker sind am Wirken.

Im Klosterhof wird die Triumphpforte errichtet, die Kaiser Karl dem Großen als Hildigung dienen soll. Werke der christlichen Caritas werden gepflegt. Die Klosterschule ist an der Arbeit der Jugendbildung.

Umgeben von dem Waldgürtel, in dem die Geheimnisse der Natur weiterleben und Pflanzen und Tiere ihren Lebensraum haben, wächst so die Kulturstätte Lorsch als mittelpunkt einer emsigen Tätigkeit, die das Riedgebiet zwischen Rhein und Odenwald erschließt und in die Geschichte der folgenden Jahrhunderte hineistellt.

Im rechten Seitenbild dieser Wand klingt die Lorscher Geschichte in einem Gemälde "Lorscher Feierabend" aus. Bauern und Bäuerinnen kehren vom Feld heim. Obst- und Feldfrüchte und vor allem der Tabak wurden geerntet. Daheim warten, umgeben von den Erinnerungen der Generationen die Alten und Kinder auf die Zurückkehrenden, um den Feierabend gemeinsam zu begehen.

Die Seitenwände mit ihren schmalen Wandflächen zwischen den großen Fensteröffnungen zeigen auf der einen Seite den Aufbruch Siegfrieds vor der Königspfalz in Worms zur Jagd in den Wald - auf der anderen Seite den Einzug Karls des Großen im Kloster Lorsch. Zur Erklärung des Lorscher Geschehens werden Heldenlied und Geschichte zusammengefaßt. Daneben stehen, in die Bildumrahmung ornamental eingefügt, wie Grabornamente, die Gestalten der in Lorsch ruhenden königlichen Männer und Frauen - auch hier die geschichtlichen Könige neben den Gestalten der Sage.




Wandmalereien im Nibelungensaal.

(Ein Klick auf die Bilder zeigt eine Vergrößerung.)

Wandmalerei im Nibelungensaal: Der Einzug Karls des Großen im Kloster Lorsch.
Der Einzug Karls des Großen im Kloster Lorsch.


Wandmalerei im Nibelungensaal: Aufbruch Siegfrieds vor der Königspfalz in Worms

Aufbruch Siegfrieds vor der Königspfalz in Worms zur Jagd in den Wald


Wandmalerei im Nibelungensaal: Hagen schleudert die Lanze gegen Siegfried.
Hagen schleudert die Lanze gegen Siegfried. Der tote Held, wird auf der Bahre durch den Wald nach der Königsburg zu Worms getragen.


Wandmalerei im Nibelungensaal: Die Westwand mit dem Kaiser im Mittelpunkt
Die Westwand mit dem Kaiser
im Mittelpunkt


Wandmalerei im Nibelungensaal: Karl der Große auf dem Bild an der Ostwand

Karl der Große auf dem Bild
an der Ostwand.



 
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