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Mit immer drastischeren Maßnahmen geht die Polizei im konservativsten Teil Indonesiens gegen die Jugendkultur vor: Jetzt müssen 65 Punks an einer "Umerziehungsmaßnahme" teilnehmen, um - wie es von der Polizei hieß - auf den rechten muslimischen Pfad zurückzukehren.
Die 60 Männer und fünf Frauen waren am Wochenende bei einem Benefiz-Punk-Rock-Konzert in der besonders streng muslimischen Provinz Banda Aceh festgenommen worden, bei dem Geld für Waisenkinder gesammelt werden sollte. Mit Schlagstöcken war die Polizei gegen die Konzertbesucher vorgegangen - wegen möglicher Verstöße gegen die Scharia.
In Polizeitransportern wurden die Festgenommenen dann in ein Gefängnis etwa 60 Kilometer von der Provinzhauptstadt Banda Aceh entfernt gebracht. Den Jugendlichen wurden die Haare geschoren und Piercings entfernt. Sie mussten ihre alten Kleider, darunter T-Shirts mit der Aufschrift "Anarchie", abgeben und sich in einem See "reinwaschen". Mit neuer Kleidung ausgestattet mussten sie anschließend an einem Gebet teilnehmen.
Die Jugendlichen sollen von ihrem "abweichenden Verhalten" abgebracht werden, sagte Iskander Hasan, Polizeichef der Provinz im Norden der Insel Sumatra. "Eine strenge Behandlung ist notwendig. Die Bevölkerung findet ihr Benehmen abartig, und wir wollen ihren Lebensstil verbessern", fügte er hinzu. Hasan sagte weiter, dass die Festgenommen nun für mindestens zehn Tage in militärischer Disziplin und Religion unterrichtet werden. Auch Lesungen aus dem Koran seien geplant. Anschließend sollten die Jugendlichen wieder an ihre Eltern zurückgeschickt werden.
"Wir hoffen, dass sie es bereuen werden", sagte Illiza Sa'aduddin Dschamal, die stellvertretende Bürgermeisterin der Provinzhauptstadt Banda Aceh.
Seit Monaten beschweren sich Punks über die Schikanen durch Polizisten. Einer von ihnen sagte, die Polizei habe keinen Grund für die Festnahmen genannt. Menschenrechtler betonten, die Festnahmen verletzten die Menschenrechte. Der Aktivist Evi Narti Zain aus Banda Aceh sagte, Punk zu sein sei ein Lebensstil, den es überall auf der Welt gebe.
Polizeichef Hasan wies die Vorwürfe zurück: "Wir foltern niemanden, wir verletzen keine Menschenrechte. Wir versuchen nur, sie auf den rechten moralischen Pfad zurückzubringen. Dies ist ein freies Land, aber es gibt Grenzen."
Die Aktion am vergangenen Wochenende war der jüngste Versuch der Behörden, strengere moralische Werte in der Region durchzusetzen. Die Provinz Banda Aceh ist im säkularen, aber mehrheitlich muslimischen Indonesien die einzige, die islamische Gesetze eingeführt hat. Hier steht auf Ehebruch die Steinigung, Homosexuelle werden ins Gefängnis geworfen oder öffentlich mit Stöcken ausgepeitscht. Der Genuss von Alkohol ist verboten, ebenso das Küssen in der Öffentlichkeit.
Indonesien ist mit rund 240 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt. Während die Menschen überwiegend einem moderaten Islam anhängen, gilt in der Provinz Aceh seit 2001 die Scharia. Als Teil eines Friedensabkommens mit der Zentralregierung zur Beendigung der Separatistenkämpfe in der Provinz erhielt Aceh 2005 einen halbautonomen Status.
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