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Heiligtumsfahrt
The Wayback Machine - https://web.archive.org/web/20130407232642/http://pilgern.kibac.de:80/heiligtumsfahrt/
Pilgern im Bistum Aachen
http://pilgern.kibac.de/heiligtumsfahrt/index.html

2014 ist es wieder soweit: Aktuelle Informationen zur Heiligtumsfahrt erhalten Sie unter www.heiligtumsfahrt2014.de

 
 
 
Heifa2014
 
 
 

Heiligtumsfahrten im Bistum Aachen

Gedanken und Impulse zu den
Heiligtumsfahrten im Bistum Aachen

von Kurt Josef Wecker,
Beauftragter für Wallfahrtspastoral im Bistum Aachen

Vier Textilien, die dem Glauben Beine machen,
Zeichen, die zu denken und zu beten geben

Aachen strahlt aus und zieht an.
Alle sieben Jahre ist Aachen mehr als nur das Nahziel von Pilgern aus dem Nahbereich.
Für die Diözese Aachen ist es ein geistlicher Höhepunkt, für die Stadt Aachen ein regionales Großereignis. Und für die Ortskirche von Aachen eine besondere Chance der Evangelisierung.
Denn auf eigentümliche Weise wird uns während dieser besonderen Wallfahrtstage in Aachen die Armut Christi, die fast skandalös konkret vor Augen gestellte Fleischwerdung Gottes, nahe gebracht

Was suchen die Pilger? Wen wollen sie sehen? Wem sich annähern?
Nicht die Karlsverehrung und das Gnadenbild in der Pfalzkapelle/ Domkirche machen den Pilgern aus der Ferne Beine. Auch nicht die heißen Quellen und die Printen locken sie an. Heiligtumsfahrt - das ist kein Event! Pilger werden in Aachen keine touristischen Sensationen, Nervenkitzel oder laute Wunder erleben.
Es sind andere, arme Zeichen, Inkarnationszeichen, die eine besondere Aura ausstrahlen und die den Menschen heilig sind. Unspektakuläre Textilen bezeugen auf ihre Weise die „wertlose Wahrheit“ des Evangeliums (Eberhard Jüngel).

Aachen birgt Schätze, die sich rar machen: Sie sind nicht ständig abrufbar und greifbar.
Schätze, die nicht blinken oder uns durch ihre Schönheit in ihren Bann schlagen, sondern so schlicht sind, dass wir (ohne die Augen des Glaubens) fragen würden: Ich das schon alles?

Es sind die vier großen Reliquien ‚vom Ort der Auferstehung des Herrn“, die rituell hervorgeholt werden; es sind diese vier Zeichen, auf die sich die Aachener ‚Weisung’ konzentriert und die zum Mittelpunkt eines uralten Glaubensfestes werden.

Sie werden verehrt,

  • als das Gewand Mariens („Marienkleid“), das sie in der hl. Nacht der Geburt Jesu trug
  • als die Windeln Jesu , auch ‚Josefshosen’, „Strümpfe Josefs“ genannt
  • als das blutbefleckte Lendentuch des gekreuzigten Christus
  • als das blutbefleckte Enthauptungstuch, genauer: Grabtuch des enthaupteten Täufers Johannes.

Sie sind nicht um ihrer selbst willen wichtig, so dass wir an ihnen kleben bleiben wie an magischen Fetischen. Diese textilen ‚Zeichen der Kraft’ weisen über sich hinaus, halten den Glauben also in Bewegung, lassen uns Pilger fragen nach unserer Hoffnung und Ausschau halten nach den Ursprüngen des Heils. Die Tuchreliquien werden ja nie ‚einfach so’ gezeigt. Die Zeigung ist eingebettet in den Kontext von Gottesdienst, Gebet und stiller Betrachtung. Zusammen mit der Zeigung geschieht die ‚Ausrufung’. Im Zeigen der armen Zeichen wird das Evangelium verkündet, werden oft Glaubenslieder gesungen, die zu den Stoffen passen („Maria breit den Mantel aus...“, „Zu Bethlehem geboren...“, „Zu dir schick ich mein Gebet, heiliger Johannes...“, „O Haupt voll Blut und Wunden...“) Diese textilen Zeichen bewahren auf ihre Weise die Kunde vom Fleischgewordenen auf. Sie sind „Erinnerungszeichen an die Menschwerdung Jesu Christi“ (so Aachens früherer Bischof Dr. Klaus Hemmerle) und erinnern an die Geheimnisse des Lebens Jesu: an seine Geburt, an sein öffentliches Wirken, an seinen Heilstod für uns. Sie sind gewissermaßen ‚Berührungsreliquien’ und bezeugen sehr konkret, dass Jesus und Maria angewiesen waren auf schützende einfache Gewänder, die sie über ihrer nackten Haut trugen.

Die beiden Christusreliquien im engeren Sinn sind quasi eingerahmt. Die Marien- und Johannesreliquie umgeben die Christuszeichen- wie die Deesis, die fürbittend hinweisenden Gestalten Maria und Johannes auf der ostkirchlichen Ikonostase. Die adventlichen Gestalten Maria (die auch im gotischen Gnadenbild im Mariendom verehrt wird) und der Vorläufer Johannes gehören in die Geschichte des Heils hinein.

Die vier großen Heiltümer sind „Sekundärreliquien“, auch weil es vom erhöhten Christus und von der mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommenen Maria keine ‚Primärreliquien geben kann.

Zu den vier großen Heiltümern treten in Aachen die drei kleinen Heiltümer, die allerdings nicht so in den Focus der Verehrung geraten:
der Gürtel Jesu, der Gürtel Marias und ein Geißelstrick der Passion Christi.

Vier und drei macht sieben.
Sieben Heiligtümer! Sieben ist eine besondere Zahl.
Sieben steht für Fülle, Ganzheit, Vollkommenheit:
sieben Weltwunder, sieben Schöpfungstage, das siebente jüdische „Jubeljahr“ (Lev 25), sieben Werke der Barmherzigkeit, sieben Sakramente, sieben Pilgerkirchen in Rom. ...Siebenfach seien diese Tuchreliquien in Seide eingehüllt.

Auch Kornelimünster und Mönchengladbach sind „heilige Orte“. Das Bistum ist vernetzt, denn die Heiligtümer der dreifältigen Christus-Wallfahrt sind verwandt, sie kommunizieren still und laden die Pilger zum ‚Ortswechsel’ ein.

In Kornelimünster werden während der Heiligtumsfahrt drei weitere Christusreliquien aus dem karolingischen Reliquienschatz verehrt:

  • das Schürztuch (linteum domini), das der Herr trug, als er den Aposteln die Füße wusch
  • das Grabtuch (sindon munda), das von Joseph von Arimathäa bei der Grablegung Jesu genutzt wurde
  • das Schweißtuch (sudarium Domini), mit dem Jesu Kopf im Grab umhüllt wurde.

In Mönchengladbach wird das Tischtuch
vom letzten Abendmahl ausgestellt und verehrt.

Vieles spricht dafür, dass die Aachener Heiligtümer aus dem Reliquienschatz des Kaisers Karl stammen, der sie um 799 aus Jerusalem geschenkt erhielt. Oder hat er sie bei einem legendären Orientfeldzug erworben? Stammen sie teilweise aus Konstantinopel? Hat gar Papst Leo III die Heiligtumsfahrt eingeführt, wie es eine Legende konstruiert? Vieles bleibt im Dunkel der Spekulation.
Die Pfalzkapelle, die Marienkirche wird zum Aufbewahrungsort der kostbaren karolingischen Reliquien. Reliquien waren im Mittelalter Statussymbole, Bedeutungsträger, eine Gewähr für die Legitimität der Herrscher und ihrer Macht.
Bis 1238 wurden die Reliquien in einer karolingischen Reliquienlade aufbewahrt und 1228/39 bei der Translozierung, der Umbettung der Reliquien in den kostbaren Marienschrein erstmalig außerhalb des Schreins sichtbar. Dieser Schrein ist darum auch zwischen den Jahren eine Art „Kleiderkasten des Neuen Testaments“. Seit 1242, sicher aber seit 1312 werden sie gezeigt. Aachen braucht kein ‚Heiliges Jahr’; es hält sich an den Sieben-Jahres-Turnus, der seit dem Pestjahr und Krönungsjahr Karls IV. 1349 durchgehalten wird. Die feierliche Exponierung der Heiligtümer geschah früher im Umfeld des Kirchweihfestes des Domes (17.Juli); anläßlich dieses Festes wurden sie alle sieben Jahre im siebten Monat (10.-24.Juli) gezeigt, an sieben Tagen vor und an sieben Tagen nach dem Kirchweihfest. In der Gegenwart findet die Heiligtumsfahrt, aus Rücksicht auf die Schulferien, oft etwa zehn Tage lang im August, im Umfeld von ‚Mariä Himmelfahrt’ statt.

Die Heiligtumsfahrt ist Feier festlicher Zeigungen.

Wem ‚gehören’ die Aachener Heiligtümer? Die Stadt Aachen hat ein Mitbewahrungsrecht. Aber, streng genommen, ‚gehören’ diese Reliquien den Augen der Pilgerinnen und Pilger, die im Anblick der Tücher ins Nachdenken und Fragen, ins Staunen und Beten kommen.
Aachen zeigt heilige Tuchreste, heilbringende Zeichen.
Die Kirche zeigt Stoffreste, die man nicht einfach unkritisch mit den Windeln Jesu, dem Kleid Marias usw. identifiziert, sondern hält uns Zeichen vor Augen, die ‚verehrt werden als’....
Natürlich sind Aachen und die Ortskirche stolz auf das, was sie zeigen dürfen. Das Aussehen der gegenwärtigen Domkirche (gotische Domhalle, Kapellenkranz, Galerie) verdankt sich ja der Tradition der Heiligtumsfahrt. Die Zeichen wurden vom Turm aus gezeigt. Auch die Infrastruktur und die Zugangswege waren auf dieses geistliche Großereignis abgestimmt. Für kurze Zeit waren große Volksmassen in der Stadt der Königskrönungen. Die Zeit der Gotik, das Schauverlangen, kam diesem Massenauflauf des Volkes Gottes entgegen. So wird Aachen während dieser begrenzten Zeit der Zeigungen zum bedeutensten Pilgerort nördlich der Alpen.

Grenzüberschreitendes Pilgern

Die Heiligtumsfahrt sprengt den Rahmen eines bloß lokalen Brauchtums. Sie ist mehr als eine Nah- oder Territorialwallfahrt. Sie war und ist eine internationale und darum völkerverbindende, grenzüberschreitende Wallfahrt.
Im Mittelalter war die Heiligtumsfahrt für manche eine Art Ersatz-Rompilgerfahrt.

Seit 1349 gibt es die Tradition der siebenjährig gestalteten Heiligtumsfahrt, auch Heiltumsfahrt, Betefahrt (bedevart, ein Bittgang), Achfahrt, Aachenfahrt, Heilfahrt, Jubelfahrt genannt.

Ja, der Glaube gerät buchstäblich ‚in Fahrt’, in Wallung. „In Gottes Namen fahren wir“, heißt es im alten Pilgerlied (GL 303,1 nach der alten Kreuzfahrerleise „in gotes namen fara wir“). Den Glauben packt eine tiefe ‚Seh-Sucht’, von Zeit zu Zeit den unfaßbaren Gott in armen faßbaren Zeichen seiner Menschwerdung zu ahnen, Unterpfänder des Heils zu ertasten und als Communio die Nähe Gottes eucharistisch zu feiern. In den vier Tuchreliquien wird das Heil veranschaulicht.
Kommt und seht! Hört und staunt! Wachet und betet!

Fast 150.000 Pilger täglich machten die Kaiserstadt mit ihren kaum mehr als 10.000 Einwohnern im 15. Jahrhundert zu einem Pilgerziel, das in Europa mit Rom und Santiago de Compostela mithalten konnte. Die Teilnahme an der Wallfahrt verheißt Ablaßgewinnung! Aachen ist eine wichtige Etappe und Haltestation für Jakobspilger vor allem aus dem slavisch-ungarischen Bereich. Und manchen wurde die ‚Achfahrt’ zur Buße nach dem Totschlag-Delikt ,also als Sühnewallfahrt auferlegt
Immer gab es in der Geschichte dieser Wallfahrt ein Auf und Ab:
Reformation und Seuchen, die Verlegung der Stätte der Königskrönung von Aachen nach Frankfurt 1531, aufgeklärter Absolutismus (Josephinismus) und Französische Revolution (während dieser Zeit befanden sich die Heiligtümer in Paderborn), innerkatholische Wallfahrts- und Reliquienkritik und Preußentum des 19.Jahrhunderts, die Weltkriege und die Glaubenskrisen der Gegenwart....
Aber immer gibt es Orientierung suchende Menschen, die aufbrechen, den ‚Tapetenwechsel’ wagen und Orte er Kraft suchen und die Aachen als geistlichen Treffpunkt und als Andachtsstätte entdecken. Immer wieder gibt es Suchende, die religiös mobil werden ‚alle Jubeljahre’ein Glaubensfest gemeinsam und öffentlich begehen wollen.
Menschen wallen aus vielen Teilen Europas als Pilger zu den vier großen biblischen ‚evangelischen’ Reliquien, einem Schatz, der zwischen den sieben Jahren seit 1238 im Dunkel des Marienschreins schlummert.
Seit dem 17. Jahrhundert werden diese Reliquien im Freien gezeigt. Ursprünglich wurden sie auch entfaltet. Heute werden die meisten der Heiligtümer (mit Ausnahme der als Marienkleid verehrten und entfalteten Reliquie), in Seide gepackt, als ‚Päckchen’ exponiert.

Aachen (erst seit 1930 Bischofssitz) ist während dieser etwa zehntägigen Festzeit der wichtigste Wallfahrtsort der Diözese Aachen. Aus vielen Diözesen Deutschlands, aus den benachbarten Niederlanden, aus Belgien, auch aus Ungarn (die Ungarnkapelle von 1367 im Aachener Dom erinnert an die Fernwallfahrt aus dem Balkan, der sich auch Menschen aus Böhmen und Slawonien anschlossen), Polen, Slowenien, Rumänien und der Tschechischen Republik machen sich Pilger auf die geistliche Reise in die Karlsstadt. Aachen strahlt ja auch sonst aufgrund seiner Euregio-Lage und wegen der hier ansässigen kirchlichen Hilfswerke (Missio, Misereor, Kindermissionswerk) ein internationales Flair aus. Auch evangelische Christen schließen sich oft zu Fuß der Aachen-Fahrt an und unterstreichen die ökumenische Dimension dieses Glaubensfestes. Diese Wallfahrt ist ein „Handlungsspiel“ (Baumer), Ausdruck einer öffentlich gelebten Religiosität.
Etwa 80 000 bis 100 000 Pilgerinnen und Pilger, auch viele Kinder und Jugendliche, machten sich während der letzten Heiligtumsfahrten 2000 und 2007 auf den Weg und spürten die einladende Atmosphäre am Gnadenort.
Sie wollen Besonderes sehen, Heiliges er-fahren. Sie hatten unzählige Vor-Läufer. Denn das Phänomen ‚Heiligtumsfahrt’, eine ‚heilige Zeit’ an einem besonderen Ort, der Aufstieg zu einem besonderen ‚Aussichtspunkt’ und einem nicht alltäglichen, ‚anderen’ Ziel, gibt es seit Jahrhunderten! Ein uraltes mittelalterliches Reliquienfest hat hier Gegenwart und Zukunft.

Immer war die Heiligtumsfahrt
ein Fest der Volksfrömmigkeit.
Die Stadt lebte davon.

Immer hat eine Wallfahrt, die Andacht zu den unscheinbaren Tüchern, ein „Drumherum“, ein Rahmenprogramm, ein festes Ritual, festgelegte Abläufe, Prozessionen, tägliche Eucharistiefeiern, Krankengottesdienste, Predigtreihen, Andachten, Räume der Stille und des Gesprächs, Beichtmöglichkeiten und alte wie neue, auch jugendgemäße liturgische Formen. 1986 wurde die Aachenfahrt mit dem Deutschen Katholikentag verknüpft.
Das pilgernde Volk Gottes freut sich darauf, dass sich ein Schatz auftut und fand phantasievoll Wege, um das Erlebte zu materialisieren, die Erinnerung ‚mitzunehmen’. Dies geschieht in Gestalt von Devotionalien: Pilgerzeichen, Achhörnern, Medaillons, Pilgerfahnen, Pilgerblätter, Stoffetzen des Seidenstoffs, in die die Textilien eingehüllt waren, die Aachen-Spiegel, drehbare Spiegelchen, die die Pilger hochhalten, um das Bild und die Aura der gezeigten Reliquien ‚mitzunehmen’.

Heiligtumsfahrt ist ‚Ausnahmezustand’
- Andacht zum Gewöhnlichen

Denn die Reliquien sind nicht allgegenwärtig, nicht einfach und bequem jedermann und jederzeit zugänglich. Sie werden nach den wenigen Tagen der Zeigung, der ‚Weisung’ wieder weggepackt, weggeschlossen. Kirche und Stadt, Dompropst und Oberbürgermeister haben das ‚Kustodienrecht’; beide Seiten sind verantwortliche ‚Hüter des Heiligen’. Die Heiltumsweisungen erfolgen im Rhythmus der Zeit. Nur alle sieben Jahre wird das Schloß am Marienschrein feierlich aufgebrochen und das kostbare Depot geöffnet. Die Schätze werden ans Licht geholt , sie werden ‚veröffentlicht’. Textile Schätze bitten für eine begrenzte Zeit um unsere Aufmerksamkeit, „arme, kleine Tüchlein“, ‚letzte Reste’, ‚Kleinigkeiten’ laden wortlos ein, im Glauben auf Spurensuche zu gehen und den Zipfel des Mantels Jesu zu fassen (Lk 8,46 und 19,11f), sich in Gottes Liebe einzuwickeln und an ihm zu wärmen. Wie der geteilte Mantel des hl. Martin, der ja eigentlich nur ein ‚Lumpenrest’ ist, üben diese Zeichen eine gewaltige Faszination und Attraktion aus. Bischof Klaus Hemmerle hat es unnachahmlich und richtungweisend formuliert: Laßt uns „auf Tuchfühlung mit dem Glauben“ gehen! Denn Gott „will sich anfassen lassen, sich kompromittieren lassen, verkannt werden, leer werden, sich in einem Fetzen Stoff bekleiden lassen, damit wir Menschen ihn anrühren können“(so Hemmerle 1979).
Diese Reliquien - das ist kein Kuriositätenkabinett, sondern eine Weise, dem berührbaren Christus nahe zu kommen, so wie Jesus selbst den Kranken im Evangelium begegnete (vgl. Lk 8,46 und 19,11f; Mt 9,21) und der Apostel Paulus es ihm nachmachte (vgl. Apg 19,11f).

Womit lassen wir uns sehen

Womit zeigen wir uns? Als Christen zeigen wir uns mit dem, was uns lieb und teuer ist. Wir stellen ohne großes Getöse unseren Glauben in solchen Zeichen zur Schau. Wir entrollen nicht demonstrativ Transparente. Wir erinnern an den ‚armen, winzigen Jesus’.
Die Kirche ist ‚Heiltumszeigerin’. Sie spielt das Spiel von Verhüllung und Enthüllung, von Distanz und Nähe, von Verbergen und Offenbaren. Sie setzt sich der Zumutung aus, einen so gekleideten Gott zu glauben!
Pilger sind keine nur verkopften Existenzen. Siezerbrechen sich nicht den Kopf über die akademische archäologische Frage der Echtheit der Reliquien! Für sie sind diese Zeichen transparent auf den je Größeren, auf Christus, der sich nicht scheute, sich in irdische Gewänder zu hüllen.
Aachen zeigt sich an diesen besonderen Tagen also mit Stoffen, die alle eine Geschichte erzählen und zu Gebet und Liedruf anregen. An diesen Reliquien ‚kleben’ also Glaubensgeschichten. Die Zeichen verlangen keine theoretische Erklärung, aber Verkündigung und Zeugnis. Der Glaube webt mit an ihnen, der Text der Hl. Schrift gehört zu den Textilien dazu.
Sie sind „Ikonen des Glaubens, die uns auf die Spur der Nachfolge Jesu weisen“ (so der jetzige Bischof von Aachen, Dr. Heinrich Mussinghoff).

Es sind bloße Textilien und ‚mehr’! Sie regen den Glauben an. Der Geweberest weist auf die kleinen Anfänge Gottes in dieser Welt. Die Spur Gottes steckt oft im Detail, im Winzigen, Unscheinbaren. Diese Zeichen bannen nicht unsere Aufmerksamkeit, sondern laden ein, suchend und fragend darüber hinweg zu sehen und den zu suchen, der schutzlos seine ‚nackte Haut’ für uns in das Holz der Krippe und auf das Holz des Kreuzes gelegt hat.

Bischof Dr. Klaus Hemmerle sagte einmal:

„Der Aufbruch der Menschen zu einem letzten Sinn ist zugleich Aufbruch zu konkreten Gestalten, in denen dieser Sinn anschaubar, berührbar sich uns darbietet.“
(in: Ders., Aufbruch in den Ursprung - Aufbruch in die Zukunft. Zur Aktualität der Wallfahrt in: Wallfahrt im Rheinland, Köln 1981, S.9)
(Kurt Josef Wecker, Pfarrer)