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Dokumentation: Was kostet die Windkraft? - netzeitung.de
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netzeitung.deDokumentation: Was kostet die Windkraft?

 Herausgeber: netzeitung.de

Gerd Rosenkranz und Harald Schumann hatten zu ihrem Artikel vom Oktober 2003, der im «Spiegel» nicht erscheinen konnte, einen «Kasten» mit Zusatz-Informationen recherchiert, den die Netzeitung zusammen mit dem Artikel dokumentiert. Die Fakten sind auf dem Stand der Recherchezeit im Frühherbst 2003.

Von Gerd Rosenkranz und Harald Schumann

Wenn Wirtschaftsminister Wolfgang Clement gegen die «Überförderung» der Windstromerzeugung raisoniert, dann können die Zahlen gar nicht groß genug sein. Schon in diesem Jahr würden für die Erneuerbaren Energien «über 2,7 Milliarden Euro» fließen, davon gut zwei Milliarden für die Windstromer, erklärte er vor der SPD-Fraktion. Weil diese Kosten auf die Verbraucher umgelegt werden, belaste dies die Stromkunden mit 0,42 Cent pro Kilowattstunde, kalkulierten seine Beamten. Bleibe es bei den bisher vorgesehenen Fördersätzen und Wachstumsraten, würden diese Kosten bis 2010 sogar auf vier Milliarden Euro im Jahr anwachsen.

Doch das stimmt so nicht. Denn anders als die Windkraftkritiker im Amt gerne glauben machen, ist der Ökostrom ja nicht wertlos. Tatsächlich sparen die Versorger die Kosten für den geringeren Bezug konventionell erzeugten Stroms ein. Bei der Berechnung der Umlage für die Endverbraucher müssen sie darum den gängigen Börsenpreis für den vermiedenen Strombezug ansetzen. Darum verteuerte die Windkraft im Jahr 2002 den deutschen Strompreis im Schnitt lediglich um 0,3 Cent. Aber auch diese Berechnung ist nur Theorie. In der Praxis müssen die Regionalverteiler und Stadtwerke, die großteils im Besitz der Verbundunternehmen RWE, E.ON und EnBW sind, an ihre Konzernmütter erheblich mehr für die Kilowattstunde zahlen als den Börsenpreis. So ist der den Stromkunden abverlangte Preisaufschlag fast immer zu hoch kalkuliert. Folge: Die Konzerne streichen Zusatzgewinne ein, während sie in öffentlichen Erklärungen die wachsenden EEG-Belastungen beklagen.

Wie das geht, demonstrierte besonders dreist die E.ON-Tochter Pesag im westfälischen Paderborn. Deren Verkäufer stellten im Jahr 2000 ihren Kunden unter Verweis auf die Kosten der EEG-Umlage kurzerhand eine Preiserhöhung um 0,44 Cent pro Kilowattstunde in Rechnung. Dabei waren die Kosten des Unternehmens für den Ökostrom sogar gesunken, weil die Zahlungen an die Windstromer in diesem Jahr erstmals bundesweit umgelegt wurden, anstatt beim jeweiligen Netzbetreiber zu verbleiben. Zuvor hatte die Pesag fünf Prozent ihrer Stromlieferungen aus den Windanlagen in der Region bezogen, nach der Gesetzesänderung waren es rechnerisch nur noch 3,5 Prozent. Als empörte Kunden auf diesen Umstand hinwiesen, bekamen sie jedoch nur die lapidare Antwort, «dass wir unternehmensinterne Daten nicht mit Ihnen im Detail diskutieren können».

Anders als von Minister Clement befürchtet werden die Kosten der Windstromvergütung auch keineswegs ins Uferlose steigen. Denn die geplante Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energien bis 2010 geht einher mit der gesetzlich festgelegten schrittweisen Absenkung der Vergütung für die Windstromer. Binnen sieben Jahren werden die Auszahlungen für den Strom aus neu errichteten Rotoren um rund 20 Prozent auf knapp sechs Cent pro Kilowattstunde sinken. Anders ausgedrückt: In Zukunft wird immer mehr Windstrom immer weniger gefördert.

Gleichzeitig rechnen auch die Fachleute der Stromkonzerne für die kommenden Jahre mit massiven Preisschüben bei konventionell erzeugtem Strom, weil alte abgeschriebene Meiler durch neue Kraftwerke ersetzt werden müssen. Schon jetzt müssen darum Industriebetriebe oder Stadtwerke, die heute vorsorglich Strom-Kontingente für 2005 oder später ordern, einen Preisaufschlag von 14 bis 20 Prozent zahlen. Dagegen bewegen sich die Kosten für Windstrom auf der «technologischen Lernkurve» mit der Verbesserung und Vergrößerung der Rotoren laufend nach unten. Bereits in den vergangenen zwölf Jahren sanken die Kosten für die Kilowattstunde Windstrom um 55 Prozent.

Die Kostenschere zwischen Ökostrom und dem aus konventionellen Großkraftwerken, «geht nicht auseinander, sondern zusammen», resumiert Johannes Lackmann, Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energien. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) rechnet sogar damit, dass die «Differenz im kommenden Jahrzehnt gegen Null gehen» werde. Damit hätte sich das EEG von selbst erledigt.