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Bundeswehr-Einsätze: Koalition erwägt erweitertes Afghanistan-Mandat - Ausland - FAZ
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Bundeswehr-Einsätze Koalition erwägt erweitertes Afghanistan-Mandat

 ·  In der großen Koalition gibt es gemeinsame Bestrebungen, die Mission der Bundeswehr in Afghanistan auch auf den unruhigen Süden auszuweiten. Dafür sollen die drei Mandate - Stabilisierungstruppe, Antiterroreinsatz und Tornados - zusammengelegt werden.

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In der großen Koalition gibt es gemeinsame Bemühungen, den Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan auf das ganze Land auszudehnen und dafür ein gänzlich neues Mandat anzustreben. Die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag Guttenberg (CSU) und Klose (SPD) schlagen in einem Gastbeitrag für die F.A.Z. vor, die drei bestehenden Afghanistan-Mandate zu einem zu verschmelzen. Das Mandat für die deutsche Beteiligung an der Antiterror-Operation Enduring Freedom (OEF) sowie jenes zur Entsendung deutscher Tornados sollten in dem Mandat für die Internationale Stabilisierungs- und Unterstützungsmission Isaf aufgehen, schreiben die Außenpolitiker. Das könnte auch zur Folge haben, den Einsatz deutscher Soldaten bis in den als besonders gefährlich geltenden Süden Afghanistans auszudehnen.

Der Isaf-Stabschef, der deutsche Generalmajor Kasdorf, machte am Donnerstag deutlich, dass die Schutztruppe mehr Flexibilität bei den von den Nato-Mitgliedern und Partnern eingesetzten Kontingenten wünscht, aber auch mehr Soldaten und Ausrüstung benötige. Die Stärke von etwa 40.000 Isaf-Truppen, die derzeit in Afghanistan stationiert sind, seien „ganz eng genäht“, sagte Kasdorf in einer Direktschaltung aus Kabul ins Verteidigungsministerium in Berlin. „Einige tausend Soldaten könnten schon einen großen Unterschied machen.“

„Aktiv gegen die Feinde des Friedens vorgehen“

An benötigten Fähigkeiten nannte er Lufttransport mit Flugzeugen und Hubschraubern „in ganz Afghanistan“ oder noch mehr Aufklärungsmittel. Diese Anforderungen richteten sich an das Bündnis insgesamt. Der ranghöchste deutsche Offizier in Afghanistan, der den Stab von Isaf-Kommandeur McNeill leitet, sprach von einer „Notwendigkeit“, dass auch die amerikanisch geführte Antiterroroperation fortgesetzt werde. Er äußerte sich nicht dazu, ob Deutschland dafür weiterhin hundert Mann zur Verfügung stellen müsse, die in den vergangenen Jahren nicht abgerufen wurden.

Guttenberg und Klose schreiben, Isaf sei von den Vereinten Nationen nicht nur zum zivilen Wiederaufbau ermächtigt, sondern auch dazu, „aktiv gegen Feinde des Friedens und des Wiederaufbaus“ vorzugehen. „Der Umfang dieser Anforderungen rechtfertigt unseres Erachtens, dass sich Deutschland mit seinen beschränkten Ressourcen militärisch auf Isaf konzentriert und auch seine bisher für OEF angezeigten Spezialkräfte in den Dienst der Isaf stellt.“ So könnten deutsche Soldaten dazu beitragen, Ausbildungsteams der Bundeswehr, die im Rahmen des Ausbildungskonzepts der Nato afghanische Bataillone betreuen, „in andere Landesteile zu begleiten“.

Guttenberg sagte der F.A.Z., das Konzept stelle den Antiterroreinsatz OEF nicht in Frage. „Es bestärkt ihn, aber unter anderer Flagge. Die deutsche Komponente kann unter Isaf besser dienen.“ Sollte es nicht zu der Bündelung der Mandate kommen, stünde innerhalb der Koalition „eine sehr harte Debatte über die Sinnhaftigkeit des OEF-Einsatzes bevor“, sagte Guttenberg.

„Sehr viele kritische Stimmen“

Die SPD äußert sich über den Antiterroreinsatz der Bundeswehr in Afghanistan zunehmend skeptisch. In der Bundestagsfraktion gebe es „sehr viel kritische Stimmen“ zu dem OEF-Mandat, sagte der Verteidigungspolitiker und stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Kolbow der ARD. Durch den OEF-Einsatz seien viele Zivilisten getötet oder verletzt worden. „Deshalb müssen wir beurteilen: Ist dies noch weiter sinnvoll oder nicht“, sagte Kolbow, der früher Staatssekretär im Verteidigungsministerium war.

Die Jungsozialisten haben schon die Verlängerung des OEF-Mandats in Afghanistan als „nicht mehr sinnvoll“ bezeichnet und die SPD dazu aufgefordert, sie abzulehnen. Zugleich jedoch verlangen sie, die Mandatsverlängerung insgesamt „umfassend zu prüfen“. Eine bloße Koppelung von Isaf- und OEF-Mandat, wie sie bisher besteht, werde der Situation nicht mehr gerecht.

Das ist ein Hinweis darauf, dass auch die Linke innerhalb der SPD das Aufgehen des OEF-Mandats in den Isaf-Einsatz guthieße. Überdies lässt das die Möglichkeit offen, den deutschen Marineeinsatz am Horn von Afrika, der ebenfalls unter dem OEF-Mandat läuft, fortzusetzen. Das würde auch bedeuten, dass der deutsche Verbindungsoffizier in der OEF-Einsatzzentrale in Florida verbleibt.

„Es geht sehr stark um Propaganda“

Die SPD werde bis September die Entscheidung über alle Mandate so vorbereiten, dass „eine verantwortungsbewusste Entscheidung“ getroffen werden könne, kündigte Kolbow an. Lobend äußerte er sich über das Isaf-Mandat. Es müsse weiter unterstützt werden, denn damit ließen sich „die Herzen und Köpfe der Afghanen gewinnen“.

Die Mandate für die Beteiligung an der Nato-Friedenstruppe Isaf und den Einsatz von Aufklärungstornados der Bundeswehr gelten bis Mitte Oktober. Wegen der Spannungen in der SPD und einem zunehmenden Unbehagen in Teilen der Opposition über den OEF-Einsatz am Hindukusch wird mit einer umfassenden Debatte gerechnet, wenn im Herbst die Verlängerung der Mandate ansteht.

Die Taliban kennen nach Einschätzung des Nato-Generals Kasdorf die Diskussionen in den Heimatländern der Truppensteller „sehr genau“. Sie seien in der Lage, sich in ihren Aktionen darauf ebenso einzustellen wie auf die Öffentlichkeit in Afghanistan. „Sie wissen genau, wie sie mit der jeweiligen Zielgruppe umgehen müssen“, sagte Kasdorf. „Es geht hier sehr stark um Propaganda.“

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