Lutherkirche

Der neoromanische Zentralbau der Lutherkirche mit seinem 58 Meter hohem Turm auf kreuzförmigen Grundriss verfügte über 1.200 Sitzplätze (nach der Restaurierung ca. 1.100).

Aus der Baugeschichte

Bereits während der Gewerbe- und Industrieausstellung für die Oberlausitz, die 1885 rund um den Dresdner Platz (heute Lutherplatz) stattfand, erfolgt die erste Anfrage durch Superintendent Siegmund Schultze an den Magistrat der Stadt zur Überlassung von Bauland für einen Kirchenneubau. Es sollte jedoch noch 13 Jahre lang dauern, ehe unter seinem Nachfolger Superintendent Schönwälder am 10. November 1898 (Geburtstag Martin Luthers) der Grundstein gelegt wurde. Der Bau nach Plänen des Architekten Fritsche-Elberfeld ging zügig voran. Bereits am 06. Juli 1900 konnte Richtfest gefeiert werden und nur ein Jahr später am 06. Mai 1901 war der Kirchenbau aus rund 1,4 Mio Ziegelsteinen vollendet. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 362.718,00 Mark.

Die schweren, die Welt verändernden Jahre der Weltwirtschaftskriese und der beiden Weltkriege, überstand die Lutherkirche ohne nennenswerte Schäden. Erst nach 1950 traten verstärkt Bauschäden auf. Mit erheblicher Unterstützung der Evangelischen Kirche der Bundesrepublik konnte am 25. Oktober 1976 mit der Sanierung der Lutherkirche begonnen werden. Die Bauarbeiten dauerten rund 4 Jahre. Am 03. Mai 1981 fand schließlich die neue Einweihung statt.

Die Innenausstattung

Der neoromanische Zentralbau mit seinem 58 Meter hohem Turm auf kreuzförmigen Grundriss verfügte über 1.200 Sitzplätze (nach der Restaurierung ca. 1.100). In dessen Zentrum erleuchtet ein mächtiger, rosettenähnlicher Kronleuchter, mit ca. 5 Meter Durchmesser, den Raum.

Der Altarraum, Fenster und Gewölberippen sind mit verschiedenen Ornamentbänder aus Wein- u. Eichenlaub, Palmzweige, Efeu, Sonnenblumen, ... geschmückt, die Anklänge an den Jugendstil beinhalten.

In der Mitte des aus Terrakotten ( gebrannte, unglasierte Tonsteine) errichteten Altares befindet sich eine als Kalksteinrelief gestaltete Abendmahlsszene. Rechts und Links wird diese von zwei Spruchwänden, unter einem reich verzierten Doppelgiebel, begrenzt. Über dem Kalksteinrelief erhebt sich ein Kruzifix zu dessen Füßen zwei Engel sitzen.

An der Wand links und rechts vom Altar befinden sich in ca. 3 Meter Höhe die überlebensgroßen Kalksteinstatuen der Evangelisten (v.l.n.r. Johannes, Matthäus, Lucas, Marcus) des Berliner Bildhauers Haverkamp.

Die Altarwand wird von drei reich mit Pflanzenornamentik gestalteten Rundglasfenstern als Symbol der Dreifaltigkeit abgeschlossen. Ein sie untereinander verbindendes schmiedeeisernes Dreieck betont diese Aussage zusätzlich.

Ebenfalls aus Terrakotten bzw. Kalkstein gestaltet wurden die Kanzel und der Taufstein. Für den Schalldeckel der Kanzel (eine Arbeit des Görlitzer Tischlermeisters Foerster), der an einem sehr schön gearbeiteten schmiedeeisernen Träger aufgehängt ist, wurde Eichenholz verwendet. Ein zum 50. Kirchenjubiläum am 06. Mai 1951 gestiftetes holzgeschnitztes Lesepult in Gestalt eines Engels vervollständigt die Ausstattung des Altarraumes.

Die strenge Gliederung der Vierungspfeiler wird durch je zwei Wandbilder aufgelockert: An der Altarseite links „Lasset die Kindlein zu mir kommen“, rechts „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seit“ - beide Bilder sind Werke des Kirchenmalers Barg. An den schrägen Seitenwänden der Orgelempore schuf 1906 der Künstler Oskar Popp aus Dresden die Wandgemälde mit Szenen aus dem Leben Luthers, links „Luther auf dem Reichstag in Worms“ und rechts „Luther verbrennt die Bannandrohungsbulle“ (in Wittenberg).

Die großen runden Farbglasfenster über den nördlichen und südlichen Emporen der Kirche beeindrucken durch ihr prächtiges Spiel mit dem Licht. „Moses mit der Gesetzestafel“ ist eine Stiftung des Lutherkirchenbezirksvereins, „Jeremias“ wurde von der Görlitzer Tuchmacherinnung gestiftet.

Die Orgel

Die Ursprüngliche Orgel mit ihren 33 Registern fügte sich harmonisch in den Kirchenraum ein und brachte das Rundfester der Westseite voll zur Geltung. Gebaut wurde sie von der Firma Schlag und Söhne aus dem schlesischen Schweidnitz. Im Zuge der Sanierungsarbeiten musste sie jedoch 1975 abgerissen werden. Die heutige Orgel der Firma Jehmlich aus Dresden wurde am 06. April 1986 eingeweiht. Sie verfügt über 28 Register und 1.928 Pfeifen. Leider wird durch sie das Westfenster in großen Teilen verdeckt. Die Entwürfe zur neuen Orgel stammen von Doris Kohla (Amt für Denkmalpflege Görlitz) und Orgelbaumeister Rentzsch aus Dresden. Die Ausführung des Prospektes oblag Tischlermeister Bertram Püschner aus Görlitz.

Die Glocken

Das erste Geläut bestand aus drei Bronzeglocken (Des-Moll-Klang), gegossen aus über drei Tonnen Geschützbronze von der Firma Franz Schilling aus Apolda. Nach dem Verlust von zwei Glocken im Ersten Weltkrieg, erfolgte 1926 die Erneuerung des Geläuts durch drei Gussstahlglocken (D-Dur-Klang) des Bochumer Vereins für Bergbau- und Gussstahlfabrikation. Zur Begrüßungsfeier der neuen Glocken am 08. Mai 1926 läutete die kleine alte (3.) Glocke. Nach der Feier sollte sie noch einmal läuten, aber sie schwieg. Ein Bote brachte die Nachricht vom Turm : „...dass der alten Glocke beim letzten Geläut vorhin der Klöppel herausgesprungen sei“.

Inschriften in Anlehnung an die Vorgänger:
Große Glocke: „Eine feste Burg ist unser Gott“
Mittlere Glocke: „Mit unsrer Macht ist nichts getan“
Kleine Glocke: „Das Wort sie sollen lassen stahn“

Das Lutherdenkmal

Bereits 1899 erfolgte die Gründung eines Fonds für die Schaffung eines Lutherdenkmals durch die Lehrer Paul Viehweg und Siegbert Schäfer. Als Ende 1903 das notwendige Kapital bereit stand, erfolgten die weiteren Schritte sehr schnell hintereinander. Im Februar 1904 entschied man sich, nach einer Modellausstellung, für den Wormser Lutherentwurf von Professor Ernst Rietschel. Der Guss erfolgte kurze Zeit später in Lauchhammer. Aus Bronze gefertigt, 3,40 Meter hoch, 1 ½ Tonnen schwer, kostete die Statue damals 6.700 Mark. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung fiel dann am 21. Juni 1904 die Hülle des Denkmals.

1942 wurde es für Kriegszwecke mit anderen Denkmälern der Stadt Görlitz demontiert. Seitdem war der leere Platz vor der Kirche eine stete Mahnung.

1981 wurde in Aumühle bei Hamburg der Förderverein zur Wiederbeschaffung des Lutherdenkmals durch ehemalige Görlitzer gegründet. Mit der frohen Botschaft aus Lauchhammer, dass die alten Gussformen wiedergefunden wurden, erhielt das Ansinnen einen weitern Anschub. Görlitzer Bürger, auf fünf Kontinenten der Welt lebend, brachten durch Spenden für den Neuguss ihre andauernde Verbundenheit zur Heimatstadt zum Ausdruck. Nach der Restaurierung der Gussform durch Volker Beier, Chemnitz, erfolgte der spektakuläre Neuguss. Die Kosten dafür beliefen sich auf rund 70.000 Mark.
Am 30. Oktober 1983 erfolgte anlässlich des 500. Geburtstages des Reformators die feierliche Enthüllung des neuen Denkmals.

Quellen:
Text nach Veröffentlichungen von Horst Wenzel
bearbeitet von Detlef Stahr

 

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