Im Chiemgau gesehen Priener
Rarität: die Pfarrgemeinde „Maria Himmelfahrt“ hat mit Bartholomäus Kink
noch einen Kirchenschweizer Prien
(hö) 27.3.02 – Die Pfarrgemeinde „Maria Himmelfahrt“ in Prien a. Chiemsee
hat noch eine Einrichtung, wie sie sonst in den Pfarreien der Diözese München-Freising
nicht mehr bekannt ist: einen sogenannten Kirchen-Schweizer, der vielleicht der
letzte seiner Zunft in ganz Oberbayern ist. Ganz genau wissen
die Priener dies auch nicht, aber verschiedene Nachfragen und Veröffentlichungen
haben keine positiven Ergebnisse gebracht. Demnach befindet sich Bartholomäus
Kink aus Prien in einsamer Gesellschaft, aber beileibe nicht in trauriger. Ganz
im Gegenteil: der pensionierte Postler geht ganz in seinem vor 13 Jahren
angetretenen Dienst zu Ehren des Herrgottes auf. Und langweilig wird ihm schon
aufgrund der Aufgaben und Erlebnisse nicht. Kirchenschweizer
hat in Prien Tradition Die
seltsame Bezeichnung hat mit dem Nachbarland Schweiz eine direkte Verbindung.
Vor vielen Jahren in kargen Arbeitszeiten gingen nämlich viele Schweizer außer
Landes und sie verdienten sich unter anderem als Soldaten oder als Wachpersonal
ihr Einkommen. Auch im Vatikan benötigte man solche Aufsichtskräfte und schon
bald entstand dort aufgrund der guten Erfahrungen
mit den eidgenössischen Männern die Schweizer Garde. So wie in Rom ist es auch
in Prien wichtig, dass bei besonderen kirchlichen Anlässen der Kirchenschweizer
mit seiner festlichen Gewandung für Ordnung und Ratschläge bei der Platzsuche
sorgt. Gerne erinnert sich Bartholomäus Kink an den Anfang seiner Tätigkeit,
die inzwischen zur Berufung geworden ist. „Das Amt des Kirchenschweizers war
in Prien 36 Jahre lang in bewährten Händen von Josef Standl. Er erlebte
insgesamt zehn Pfarrer und zehn Primizen, er verstarb am 11. Dezember 1984 und
er ist noch vielen Priener Gläubigen in bester Erinnerung“ sagt Kink mit dem
Hinweis, dass nach dem Tod von Josef Standl die Pfarrei fünf Jahre ohne
Kirchenschweizer war. Sein damaliger Postamts-Chef Franz Eisenrichter, der
zugleich Pfarrgemeinderatsvorsitzender war, bat Kink mit sanften und fast schon
bestimmenden Worten um die Übernahme dieses Amtes. Eisenrichter sagte:
„Lieber Barthl, Du gehst regelmäßig in die Kirche und Du bist auch sonst
verlässlich. Es wäre schön, wenn Du uns
den Kirchenschweizer-Dienst übernehmen könntest!“. Nach kurzer Beratung mit
der Familie entschloss sich Kink, die Aufgabe anzunehmen. Für ihn und die
Familie bedeutete die Entscheidung, dass fortan an Sonntagen zwei Gottesdienste
zu besuchen sind und dass an Sonn- und Feiertagen zumindest der halbe Tag schon
vorprogrammiert ist. Außergewöhnliche Anstrengungen gibt es vor allem zu
Ostern und an Weihnachten. Da kommt es aufgrund der Liturgiefolge schon vor,
dass Bartholomäus Kink nachts bei der Christmette oder frühmorgens bei der
Osternachtfeier, vormittags bei den Festgottesdiensten und am späten Nachmittag
in der Vesper mehr in der Kirche als daheim ist. Die
Aufgaben eines Kirchenschweizers Als
Kirchenschweizer schreitet Bartholomäus voran, wenn ein festlicher Einzug in
die Kirche oder ein feierlicher Umzug wie an Fronleichnam durch die
Marktgemeinde Prien ansteht. In der Kirche selbst sorgt er dafür, dass möglichst
alle Leute einen Sitzplatz bekommen, dass die Kommunion-Austeilung würdevoll
und geordnet verläuft und dass auch der Auszug wieder passend ist. Sozusagen
Hochsaison hat Bartholomäus Kink, wenn zu Weihnachten, zu Ostern
oder an den Tagen des 40-stündigen Gebetes viele Gottesdienste und
Festlichkeiten hintereinander gefeiert werden. Sein bestimmtes und sicheres
Auftreten hat ihm mittlerweile viel Respekt und Anerkennung eingebracht.
Trotzdem kommt es manchmal zu Überraschungen. So zum Beispiel einmal, als ihn
ein kleines Mädchen am Fußbein zwickte, ihn anlächelte und dann in ihre Bank
ging. Oder einmal, als ein Penner bei der Predigt immer wieder dazwischen rief:
„Das is net wahr!“. Nach mehrmaliger, allerdings vergeblicher Ermahnung
musste der unpassende Christ aus der Kirche hinausgebeten werden. Dieser folgte
dem Ansinnen des Kirchenschweizers mit einer Bierdose in der Hand und mit einem
nicht zu überhörenden „Prost“. Doch diese Situationen sind eher die
Ausnahme. Überrascht zeigen sich besonders auswärtige Kirchenbesucher und wie
Kink sagt die Sommerfrischler. Diese erkundigen
sich gerne nach dem Gottesdienst über die Bedeutung und Geschichte des
Kirchenschweizers. Dann kann dieser wiederum erzählen, dass er nach dem
Gemeindebediensteten Kreil und seinem Vorgänger Standl der nunmehr dritte
Kirchenschweizer von Prien ist. An
Ostern und Weihnachten ist Hauptsaison Besonders
wohl fühlt sich Bartholomäus Kink innerhalb der zahlreichen Haupt- und
Ehrenamtlichen in der Priener Pfarrei „Maria Himmelfahrt“. Ein ausgesprochen
sympathisches Verhältnis verbindet ihn mit Pfarrer Bruno Fink, der erst vor
wenigen Wochen zum Dekan des Dekanates Chiemsee gewählt worden ist. Pfarrer
Fink wiederum ist recht dankbar für die Dienste des Kirchenschweizers. „In
meiner früheren Zeit vor rund 20 Jahren weiß ich in der Erdinger Pfarrei
St. Johann noch einen Kirchenschweizer. Ich selbst habe die sogenannten Niederen
Weihen eines Ostarier, was der Aufgabe eines Türstehers gleichkommt. Heute
freut es mich, dass wir Jemand haben, der für Ordnung, würdige Kleidung und
Verlässlichkeit gerade steht!“ – sagt Pfarrer Fink zu seinem Vertreter
einer rar gewordenen Zunft. Anzutreffen ist der Kirchenschweizer wie gesagt bei
allen Haupt- und Festtags-Gottesdiensten in der Priener Pfarrkirche. Wenn der
Anlass besonders festlich ist, dann erkennt man den Barthl an seiner eigenen
Tracht und am Stab. Mit Stolz erwähnt er, dass diese „Ausrüstung“ vor
vielen Jahren ein Geschenk von Prinzessin Helmtrud von Bayern aus dem Hause
Wittelsbach an die Priener Kirche war. Die Prinzessin wohnte bekanntlich im
nahen Schloß Wildenwart und sie war ein gerne gesehener und stets gerne
gekommener Kirchengast von Prien. Ein besonderes Markenzeichen des kirchlichen
Ordnungshüters ist sein schwarzer Dreispitz. Dazu passend trägt er ein blaues
Revers mit Ärmel, die mit silbernen Borken eingefasst sind. Eine blaue
Krawatte, ein schwarzes Leibl und die weißen Handschuhe sind weitere markante
Bestandteile seiner Tracht, die einmal einen Urlaubsgast zu der Frage
veranlasste, ob es sich denn um eine Napoleon-Uniform handele. „Dies zwar
nicht, aber in gewisser Weise bin ich mit meiner Aufgabe und innerhalb der
Kirche auch ein kleiner Herrscher!“ – so die schlaue Antwort von Bartholomäus
Kink, dem wohl einzigen Kirchenschweizer in Oberbayern. Anton
Hötzelsperger Fotos: Berger |
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werberingreport Stand: 26. September 2002 |