ROM 11. April 2008 (ZENIT.org).- Es gibt einen neuen Trend zur Nachfolge und Lebensweihe, dies stellen kirchliche Beobachter derzeit fest. Junge Menschen binden sich privat oder öffentlich, um Gott ihr Ja zu geben.
Auslöser für diese Entwicklung war die Feststellung des II. Vatikanischen Konzils: „Zur Heiligkeit sind alle Christen berufen“. Dieser Bezug zum ganzen Gottesvolk durch die Konzilsväter wird in der Kirchenkonstitution „Lumen Gentium“ betont. Die christliche Berufung aller Getauften ist für alle die gleiche, heißt es da, es gälte nämlich die „vollkommene Liebe“ (perfecta caritatis) zu leben.
Mit der Taufe ist es allen Christen aufgegeben, als seine Jünger die evangelischen Räte umzusetzen (LG 42). Sie sind Gaben Gottes, die nicht einem bestimmten Stand vorbehalten sind, sondern in der Taufe gründen. Armut, Keuschheit und Gehorsam sind Wege, um Christus in dieser Welt sichtbar zu machen und die wahre Identität gelungenen Menschseins, die Entfaltung der Person, zu verwirklichen.
Wenn wir am kommenden Sonntag, der traditionell der Sonntag vom Guten Hirten den „Weltgebetstag für Berufungen“ feiern, beten wir grundsätzlich für diesen Nachfolgeweg, den Jesus allen vorschlägt, die als Getaufte und Christen wahrhaft seine Jünger werden wollen.
Aber jede Berufung lebt von dem Grad und der Form von Bindung, den Gott in seinem Heilsplan für jeden Menschen individuell vorgesehen hat.
Im Geist der Jünger Jesu, der Männer und Frauen um sich sammelte, die für ihn alles verlassen hatten gab es in den Urzeiten der Kirche neben den ehelos lebenden Männern, wie dem hl. Paulus die gottgeweihten Jungfrauen die heute im Kirchenrecht als „virgines consecratae“, (vgl. can. 604) bezeichnet werden.
Geweihte Jungfrauen leben unter den gewöhnlichen Bedingungen der Welt entweder allein, in der Familie oder in freier Gemeinschaft und gehen ihren beruflichen Tätigkeiten nach. Herzstück ihres spezifischen Charismas ist die jungfräuliche Bindung und Lebenshingabe an Jesus Christus.
Gerade diese älteste Form einer Lebensweise nach den evangelischen Räten bekommt in diesen Tagen einen neuen Aufschwung, bestätigte Maria Luisa Öfele, Ordensreferentin im Bistum Regensburg gegenüber ZENIT. „In Deutschland gibt es derzeit rund 150 Frauen im Stand einer „Geweihten Jungfrau“ in Frankreich sind es 500. Acht Frauen bereiten sich in Deutschland derzeit darauf vor. Weltweit sind es 3000 Frauen, die diese Berufung leben“.
Vom 14. bis 20. Mai findet in Rom der erste Kongress des „Ordo Virginum“ statt, der Frauen, die als geweihte Jungfrauen leben, erklärt Öfele. Das Motto: „Geweihte Jungfräulichkeit: ein Gabe in der Kirche und für die Kirche“ (vgl. Zenit vom 28. August 2007); es stammt aus einer Homilie des Papstes zur Spendung einer Jungfrauenweihe in Italien. Eingeladen hat die Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und der Gesellschaften Apostolischen Lebens.
„Auch die Mitglieder geistlicher Gemeinschaft antworten auf den Ruf Gottes zu einer speziellen Weise christlichen Lebens“ so die Ordensreferentin, „durch eine konkrete Bindung an Christus in einer Gemeinschaft“.
„Diese kann durch ein Gelübde, ein Versprechen oder eine andere Form der Zugehörigkeit bestehen“, erklärt Öfele. „Im Unterschied zu den geistlichen Gemeinschaften, wird die Mitgliedschaft in einer kirchlichen Bewegung ohne formale Mitgliedschaft gelebt. In vielen Bewegungen gibt es aber meistens einen Kernkreis, der die Gläubigen in ihrer Spiritualität trägt“.
Auch hier gibt es einen Trend zum Geweihten Leben. Im Schoss von Bewegungen wie Totus Tuus, Regnum Christi, Verbum Dei, Communione e Liberazione und Säkularinstituten wie den Cruzadas de Santa Maria, dem Institute Notre Dame usf. gibt es in Deutschland ständig Zuwachs an jungen Menschen, die ihr Leben Jesus privat und öffentlich gemäß den evangelischen Räten ganz weihen.
Zu den ältesten Formen des geweihten Lebens gehören auch die Eremiten oder Anachoreten, die in Deutschland meist im Verborgenen in Absprache mit ihrem Ortsbischof leben. Eine Lebensform, die auch immer mehr entdeckt wird.
Maria Anna Leenen, Eremitin in der Diözese Osnabrück, lebt in Bippen in ihrer einfachen Klause. Über ihre Erfahrungen mit der „Faszination Stille“, die ihr radikales Leben in der Nachfolge prägt, wird sie, die als Buchautorin mit der Außenwelt Kontakt hat, auf dem kommenden Katholikentag in Osnabrück sprechen.
Mit dreißig Jahren fiel ihr zufällig ein Buch über religiöse Phänomene, über Marienerscheinungen in die Hand. „Eine Form von Literatur, die ich früher freiwillig wohl nie gelesen hätte“, bekennt sie. „Irgendwo dort stand der Satz: Jesus Christus ist das Wort; er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Die vier Sekunden, die ich brauchte, um den Satz zu lesen, haben blitzartig mein Leben von Grund auf verändert“.
Anna Maria Leenen: „Die vier Sekunden rissen eine Mauer nieder. Der Satz öffnete Wege zu Bereichen in mir und in der Welt, von denen ich früher nicht einmal den Hauch einer Ahnung hatte. Allenfalls eine Sehnsucht“.
“So wurde das WORT zum Weg, das Buch der Bücher, die Bibel, die Heilige Schrift zum Wegweiser in ein Leben in Fülle. Diese umwandelnde, ja umwerfende Erfahrung drängt bis heute danach wiederum ins Wort gebracht zu werden“.
Von Angela Reddemann