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Arzneimittel: Neue Präparate treiben die Preise
ArchivDeutsches Ärzteblatt9/2024Arzneimittel: Neue Präparate treiben die Preise

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Arzneimittel: Neue Präparate treiben die Preise

Osterloh, Falk

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Aufgrund staatlicher Regulierungen können Pharmaunternehmen Preissteigerungen in Deutschland nur bei neuen Arzneimitteln umsetzen. Auch 2022 machten sie davon konsequent Gebrauch. Dabei ist oft nicht klar, ob diese vielfach beschleunigt zugelassenen Präparate einen Zusatznutzen haben.

Patentgeschützte Arzneimittel sind seit vielen Jahren Hauptursache der steigenden GKV-Medikamentenausgaben.

Die Arzneimittelausgaben in Deutschland sind im Jahr 2022 weiter gestiegen: um 5,2 Prozent auf 52,9 Milliarden Euro. Grund dafür ist der weiterhin anhaltende Anstieg der Preise für neue patentgeschützte Arzneimittel. Das geht aus dem Arzneiverordnungs-Report (AVR) 2023 hervor, der vor Kurzem erschienen ist. Der AVR basiert auf den Verordnungsdaten des GKV-Arzneimittelindex für ambulante Patienten, der vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) erstellt wird.

„Patentgeschützte Arzneimittel sind seit vielen Jahren Hauptursache der steigenden GKV-Medikamentenausgaben“, heißt es im AVR. „Ihre Gesamtumsätze sind von neun Milliarden Euro im Jahre 2001 auf 29 Milliarden Euro im Jahre 2022 gestiegen. Sie erreichen somit inzwischen einen Umsatzanteil am Gesamtmarkt von 51,7 Prozent.“

Bei den verordneten definierten Tagesdosen (Defined Daily Dose, DDD) nähmen die Patentarzneimittel dabei gerade einmal einen Anteil von 6,7 Prozent am Gesamtvolumen ein. „Dementsprechend liegen die durchschnittlichen DDD-Kosten 16-fach höher für die unter Patentschutz stehenden Arzneimittel im Vergleich zu den patentfreien Arzneimitteln“, so die Autoren des AVR. Die Gesamtzahl ärztlicher Verordnungen lag im Jahr 2022 bei 726 Millionen. Patentgeschützte Arzneimittel machten weniger als 50 Millionen Verordnungen aus.

„Seit dem Inkrafttreten des Preismoratoriums von 2010 sind Umsatzsteigerungen durch höhere Preise allein bei neu eingeführten Produkten möglich“, heißt es zur Erklärung. „Die pharmazeutischen Unternehmer haben auch 2022 diese Strategie konsequent verfolgt.“ Allerdings sei mit Steigerung des Umsatzes um 1,5 Milliarden Euro (plus fünf Prozent) im Vergleich zum drastischen Anstieg von zwölf Prozent im Vorjahr die Teuerung 2022 geringer ausgefallen.

An der Spitze der umsatzstärksten Arzneimittelgruppen stehen wie in den Vorjahren mit deutlichem Abstand die Onkologika, deren Nettokosten 2022 wie im Vorjahr 10,6 Milliarden Euro betrugen. Innerhalb der Onkologika hatten monoklonale Antikörper einen Umsatz von 4,7 und Proteinkinase-Inhibitoren einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro.

„Die hohen Preise neuer Arzneimittel sind kein deutsches Phänomen, sondern werden in vielen Ländern als Belastung für die Patienten und die Gesundheitssysteme angesehen“, heißt es im AVR. Auch in den USA waren dem Report zufolge die Ausgaben für neue Produkte der wesentliche kostentreibende Faktor für die gestiegenen Arzneimittelausgaben im Jahre 2019. Insbesondere kritisiert würden die immens gestiegenen Kosten neuer Onkologika, weil sie nicht nur sehr teuer seien, sondern ihr (Zusatz)Nutzen vielfach unsicher sei, da vor der häufig beschleunigten Zulassung lediglich eine Beeinflussung von Surrogatendpunkten – zum Beispiel Ansprechrate der Tumorerkrankung, progressionsfreies Überleben) hätte gezeigt werden können, heißt es. „Aktuelle Untersuchungen aus den USA belegen zudem, dass die von der FDA beschleunigt zugelassenen Onkologika trotz negativer Ergebnisse in Studien nach der Zulassung häufig über mehrere Jahre ihre formale Zulassung behalten und auch in Leitlinien trotz der nicht erbrachten Nutzenbelege oft weiterhin empfohlen werden“, so der AVR.

Der Trend der vergangenen Jahre zeigt sich dabei auch bei den Arzneimitteln, die 2022 in Deutschland neu auf den Markt gekommen sind. Von den 46 Präparaten nahmen die Onkologika mit 18 Arzneimitteln die größte Gruppe ein. Bei elf von 17 bewerteten Onkologika konnte der Gemeinsame Bundesausschuss im Rahmen der frühen Nutzenbewertung allerdings nur einen nicht belegten oder nicht quantifizierbaren Zusatznutzen feststellen. Insgesamt konnte bei weniger als 50 Prozent der neuen Arzneimittel (21 von 46) ein Zusatznutzen festgestellt werden. Falk Osterloh

Info

Der Arzneiverordnungs-Report 2023 wurde herausgegeben von Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Prof. Dr. med. Bernd Mühlbauer, stellvertretender Vorsitzender der AkdÄ, und Prof. Dr. med. Roland Seifert, Direktor des Instituts für Pharmakologie an der Medizinischen Hochschule Hannover.

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