Medizin
Fäkal-Transplantation heilt C. difficile-Infektion
Donnerstag, 17. Januar 2013
Amsterdam – Der Gedanke entsetzt die Patienten und viele Ärzte beurteilen die unkonventionelle Therapie skeptisch oder warnen vor möglichen Gefahren. Doch eine randomisierte Studie im New England Journal of Medicine (2013; doi :10.1056/NEJMoa1205037) belegt, dass eine Transplantation von Faeces gesunder Spender den Darm bei C. difficile-Infektionen sanieren kann und die Diarrhö häufiger zur Ausheilung bringt als eine Vancomycin-Therapie.
Infektionen mit Clostridium difficile sind eine gefürchtete Folge der Antibiotikatherapie. Ursache ist eine Störung der Darmflora. Sie wird nach der Behandlung von einem Bakterium dominiert, das in geringer Konzentration keinen Krankheitswert hat und bei vielen Menschen im Stuhl nachweisbar ist. Bei einer massiven Vermehrung von C. difficile kommt es jedoch zur Diarrhö. Die Toxine des Bakteriums schädigen die Darmwand. Sie können ein lebensgefährliches toxisches Megacolon auslösen, das unter Umständen eine Kolektomie erforderlich macht.
Die Standardtherapie der C. difficile-Diarrhö besteht in einer (erneuten) Antibiotikagabe. Mittel der Wahl ist Vancomycin, das allerdings nur in 60 Prozent der Fälle eine Ausheilung erzielt. Nach einem Rezidiv sinken mit jedem weiteren Versuch die Erfolgschancen, da die Antibiotika jedes Mal erneut zum Zusammenbruch der Darmflora führen. Eine Fäkal-Transplantation ist hier ein biologisch plausiblerer Therapieansatz als der Versuch, den Patienten eine gesunde Darmflora zu übertragen.
Die Idee, den Patienten zu therapeutischen Zwecken eine Faeces-Lösung über eine Magensonde zuzuführen, stößt jedoch nicht nur bei den Patienten auf Widerstand. Auch aus medizinischer Sicht handelt es sich um eine absichtliche Infektion mit einer Vielzahl (zumeist unbekannter) von Bakterien und anderen Mikroorganismen. Die Therapie wurde deshalb in der Vergangenheit nur in Einzelfällen und als Ultima Ratio durchgeführt. Weltweit waren es vielleicht 300 Therapieversuche, schätzt Josbert Keller vom Academic Medical Center in Amsterdam. Die Berichte in der Literatur waren jedoch überwiegend positiv, manchmal regelrecht euphorisch, so dass die Zeit für eine randomisierte Studie reif war.
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Die Gruppe um Keller entwarf eine Studie, an der ursprünglich 120 erwachsene Patienten teilnehmen sollten. Alle litten nach mindestens einer adäquaten Antibiotikatherapie weiter unter einer C. difficile-Infektion mit mehr als drei wässrigen Stühlen pro Tag und einem positiven Stuhltest auf C. difficile-Toxin.
Die Faeces-Spender waren sorgfältig ausgesucht worden. Sie wurden nach übertragbaren Krankheiten befragt, ihr Stuhl wurde auf Parasiten (einschließlich Blastocystis hominis und Dientamoeba fragilis), auf C. difficile und enteropathogene Bakterien untersucht. Blutuntersuchungen schlossen eine Reihe gefährlicher Krankheitserreger wie HIV oder Hepatitis-Viren, aber auch Treponema pallidum aus.
Die Faeces wurden den Spendern am Tag der Transplantation entnommen und in 0,9-prozentiger Kochsalzlösung aufgelöst und innerhalb von 6 Stunden den Patienten über eine nasoduodenale Sonde langsam verabreicht. Diese Fäkal-Transplantation wurde in der Studie mit einer alleinigen Vancomycintherapie oder der Kombination von Vancomycin mit einer Darmlavage verglichen.
Für jede Gruppe waren 40 Patienten vorgesehen. Doch nach einer Zwischenauswertung brach die Gruppe die Studie ab. Bei 13 von 16 Patienten (81 Prozent) war es nach der ersten Fäkal-Transplantation zu einer Ausheilung der Diarrhö gekommen. Bei zwei der übrigen drei Patienten gelang dies nach einer zweiten Fäkal-Transplantation. Unter der Vancomycintherapie erholten sich dagegen nur 4 von 13 Patienten (31 Prozent), und die Kombination von Vancomycin mit einer Darmspülung war nur bei 3 von 13 Patienten (23 Prozent) erfolgreich.
Die Fäkal-Transplantation wurde laut Keller von allen Patienten gut vertragen. Einzige Nebenwirkungen waren eine milde Diarrhö und abdominale Krämpfe am Tag der Infusionen. Stuhluntersuchungen zeigten, dass die Fäkal-Transplantation die normale bakterielle Diversität wiederhergestellt hatte. © rme/aerzteblatt.de