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Porsches eigene Hochleistungszellen aus dem Ländle | AUTO MOTOR UND SPORT

Porsche plant eigene Hochleistungszellen
Porsche steigt beim nächsten Akku-Spezialisten ein

Porsche will selbst Batteriezellen mit Silizium-Anode herstellen. Dafür beteiligt sich der Autohersteller an mehreren Spezial-Unternehmen. Die neuen Akkus bringen mehr Energiedichte, Temperaturfestigkeit und schnelleres Laden.

Porsche Taycan Mission E
Foto: Porsche

Porsche forscht an Hochleistungs-Batterien mit Silizium- statt Graphitanoden, um eine noch höhere Energiedichte und bessere Schnellladefähigkeit zu erzielen. Das erläuterte das Management der Sportwagenmarke erstmals im Rahmen des Power Day des Volkswagen-Konzerns am 15. März 2021. Die neuen Batterien sollen in Europa entstehen und zunächst in Kleinserie in Hochleistungs-Fahrzeugen sowie im Kunden-Motorsport eingesetzt werden, hieß es damals.

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Seit 21. Juni 2021 steht fest, was mit Europa gemeint ist: Porsche gab zusammen mit Joint-Venture-Partner Customcells den Einstieg in die Fertigung von Hochleistungs-Batteriezellen bekannt. Sitz des neuen Joint Ventures namens Cellforce ist Tübingen. Porsche will selbst Batteriezellen mit Silizium-Anode herstellen. Die neuen Akkus bringen mehr Energiedichte, Temperaturfestigkeit und schnelleres Laden.

Produktionsstart 2024

Wie Porsche im Dezember 2021 bestätigte, wird die Entwicklungs- und Produktionsstätte für die Hochleistungs-Batteriezellen im interkommunalen Wirtschaftsgebiet Reutlingen-Nord/Kirchentellinsfurt errichtet. Cellforce erwirbt dazu eine 28.151 Quadratmeter große Fläche, auf der 2022 mit dem Bau der Produktionsanlagen begonnen werden soll. Die geplante Fabrik soll eine Kapazität von 100 Megawattstunden pro Jahr erreichen. Bei der klassischen Akku-Kapazität von 100 kWh entspricht das Batteriezellen für etwa 1.000 Autos. Produktionsstart soll 2024 sein.

Porsche hält eine Mehrheitsbeteiligung von 83,75 Prozent am Joint Venture mit Customcells, für die der Sportwagenbauer einen "hohen zweistelligen Millionenbetrag" investiert hat. Bis 2025 soll die Belegschaft von zunächst 13 gemeinsam gestellten Mitarbeitern auf bis zu 80 Personen anwachsen. Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Baden-Württemberg fördern das Vorhaben mit rund 60 Millionen Euro. "Wir haben Customcells mit dem Ziel gegründet, kundenspezifische Batteriezellen für anspruchsvollste Anwendungen zu entwickeln, und genau das können wir jetzt gemeinsam mit Porsche realisieren", heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.

"Die Batteriezelle ist der Brennraum der Zukunft. Als neue Porsche Tochtergesellschaft wird die Cellforce Group die Forschung, Entwicklung, Fertigung und den Vertrieb von Hochleistungszellen maßgeblich vorantreiben", sagte Porsche-Chef Oliver Blume auf der Pressekonferenz. "Mit dem Joint Venture positionieren wir uns an der Spitze des weltweiten Wettbewerbs um die leistungsstärkste Batteriezelle und machen sie zum Bindeglied zwischen dem unverkennbaren Porsche-Fahrgefühl und der Nachhaltigkeit. So gestalten wir die Zukunft des Sportwagens."

Silizium-Anoden – mehr Energiedichte, schneller laden

Auf dem Battery Day von Volkswagen erklärte Blume: "Unsere elektrifizierten Hochleistungs-Sport- und Rennwagen stellen höchste Anforderungen an die Batterietechnologie. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, benötigt Porsche spezielle Hochleistungszellen. Silizium hat hierfür großes Potenzial". Silizium- statt wie bislang Graphitanoden, neue Elektrolyte und Additive erlauben den Betrieb auch bei Temperaturen über 75 Grad Celsius, so Porsche. Das sei vor allem für Rennstreckeneinsätze wichtig, wo die aktuell möglichen 55 Grad sich in Extremsituationen performancemindernd bemerkbar machen.

Mit Silizium als Anoden-Material ist es möglich, die Energiedichte gegenüber aktuellen Serienbatterien erheblich zu steigern. Die Batterie kann bei gleichem Energieinhalt kompakter ausfallen. Die neue Chemie verringert zudem den Innenwiderstand des Akkus. Dadurch kann diese mehr Energie bei der Rekuperation aufnehmen und ist zugleich beim Schnellladen leistungsfähiger. In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" sagte Blume, die Energiedichte der neuen Batteriezelle werde rund 40 Prozent über der des aktuellen Taycan liegen. Die neue Zellchemie verkürze zudem die Ladezeit deutlich. "Heute ist der Taycan in 22,5 Minuten von fünf auf 80 Prozent geladen. Die Hochleistungszellen wird man in weniger als 15 Minuten laden können", sagte Blume. Damit nähere man sich der Dauer eines traditionellen Tankvorgangs. Die Reichweite steige bei gleichem Gewicht um gut 100 Kilometer.

Hitzebeständigkeit ist im Motorsport wichtig. Andererseits verlangt die Rennstrecke nicht unbedingt, dass die Batterie auch bei Minusgraden funktioniert und jahrelang über viele Ladezyklen hinweg stabil bleibt – Ziele, die die neue Zelltechnologie aber ebenfalls gewährleisten soll.

Einstieg bei Group14 Technologies

Auf der Suche nach einem Entwicklungs- und Produktionspartner für Silizium-Anoden ist Porsche in den USA fündig geworden. Im Rahmen einer Finanzierungsrunde sind die Schwaben über ihre Investment-Einheit Porsche Ventures mit 100 Millionen Dollar (knapp 95 Millionen Euro) beim Unternehmen Group14 Technologies eingestiegen. Die Firma betreibt im US-Bundesstaat Washington bereits eine Produktionsstätte des "Battery Active Materials" (BAM). Es will aber noch in diesem Jahr eine weitere Fabrik in Südkorea eröffnen sowie mit dem Bau eines zusätzlichen Werks in den USA beginnen. Damit will Group14 Technologies zum weltweit agierenden Anbieter von Anoden mit Silizium-Kohlenstoff-Technologie aufsteigen. Diese sollen dann nach Tübingen geliefert und dort in die Cellforce-Batteriezellen eingebaut werden. "Das Anodenmaterial von Group14 hat Gamechanger-Potenzial auf dem Weg zu kürzeren Ladezeiten", sagt Markus Gräf, Geschäftsführer der Cellforce Group.

Als Zellentwicklungspartner für die nächste Generation der Lithium-Ionen-Batterie wurde zuvor bereits BASF gewonnen. Das Chemieunternehmen stelle exklusiv hochenergetische HEDTM NCM-Kathodenmaterialien für die Hochleistungszellen zur Verfügung, die eben das schnelle Laden und eine hohe Energiedichte ermöglichen. In den BASF-Produktionsanlagen für Vorprodukte von Kathodenmaterialien in Harjavalta (Finnland) und für Kathodenmaterialien in Schwarzheide, Brandenburg, kann BASF ab 2022 Batteriematerialien mit einem branchenführend niedrigen CO2-Fußabdruck herstellen.

Die innovativen Batterien auf Silizium-Basis sollen zunächst in Kleinserien in Hochleistungs-Fahrzeugen und im Kunden-Motorsport eingesetzt werden. Von der Technologieerfahrung sollen aber auch die Volumen- und Leistungszellen profitieren. Zur Herstellung der Akkus will Porsche eine komplett europäische Produktionskette aufbauen – dabei hilft dem Sportwagenbauer, dass er keine großen Stückzahlen braucht und bei den Kosten nicht auf den letzten Euro schauen muss.

Schneller Laden statt weiter schleichen

Leistungsfähige Batterien passen zur Porsche-Philosophie, weite Reisen eher durch schnelles Laden denn durch Batterien mit besonders hoher Kapazität und entsprechend hohem Gewicht zu ermöglichen – Letzteres passt nicht zu einem besonders dynamischen Fahrerlebnis auch auf Rennstrecken. Wie weit man mit schnellem Laden kommt, zeigt auch der jüngste Rekord, den auto motor und sport sowie Porsche gemeinsam mit einem Taycan aufgestellt haben.

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Fazit

Mit der Einschätzung, dass die Batteriezelle der Brennraum von morgen ist, ist Porsche-Chef Blume nicht allein. Der Sportwagenhersteller tut gut daran, sich Kompetenz für Hochleistungsbatterien aufzubauen, auch wenn im Konzern jede Menge Batterieentwicklung stattfindet. Denn früher haben die Zuffenhausener ja auch nicht den EA888 aus dem Konzernregal genommen, sondern ihren Sechszylinder-Boxer selbst weiterentwickelt.

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