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Tagebuch: Schauspielerin Ypsilanti - FOCUS online
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FOCUS Magazin | Nr. 10 (2008)
Tagebuch: Schauspielerin Ypsilanti
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Mittwoch, 13.11.2013, 18:33

MONTAG

Ich habe Andrea Ypsilanti wirklich geglaubt. Sie schien so ernsthaft entrüstet und empörte sich vor vielen Augen- und Ohrenzeugen so beleidigt, dass ich damals nicht für möglich hielt, sie würde sich von den Linken im hessischen Landtag zur Ministerpräsidentin wählen lassen.



Obwohl ich die Szene noch gut im Gedächtnis hatte, habe ich heute den Tonbandmitschnitt noch einmal abgehört, um mich zu vergewissern. Es ist schließlich ein intensiveres Erlebnis, direkt und persönlich angelogen zu werden, als von einem Wortbruch in der Zeitung zu lesen. Deshalb eine Rekapitulation für alle, die unsere Diskussion nicht im Radio gehört oder im Studio gesehen haben.

Am Dienstag, den 22. Januar, also exakt fünf Tage vor der Hessen-Wahl, moderierte ich für den Radiosender FFH in Bad Vilbel eine Diskussion zwischen den Spitzenkandidaten Roland Koch (CDU), Andrea Ypsilanti (SPD), Jörg-Uwe Hahn (FDP) und Tarek Al-Wazir (Grüne).


Nach der Debatte über Sachthemen fragte ich nach Koalitionsmöglichkeiten. Für die Zuhörer und Wähler wollte ich wissen, wie Andrea Ypsilanti sich verhalten würde angesichts einer Chance, zur Ministerpräsidentin gewählt zu werden. Ich unterstellte die Situation, die nach der Wahl tatsächlich eingetreten ist, und fragte laut Tonprotokoll wörtlich: „Wie verhalten Sie sich, wenn es so kommt? Ist Ihnen lieber der Roland Koch in der Staatskanzlei oder eine Tolerierung durch Die Linke?“ Andrea Ypsilanti reagierte heftig, fast wütend: „Wie oft soll ich es denn noch sagen, Herr Markwort? Sie kriegen von mir heute Abend keine andere Antwort mehr, als ich die letzten Wochen und Monate immer gesagt habe: Es gibt keine irgendwie geartete Zusammenarbeit mit den Linken.“ Damals habe ich ihr geglaubt. Als Schauspielerin ist sie erstklassig.

MITTWOCH

Zusammen mit ihrer Chefin Ypsilanti haben alle führenden hessischen Sozialdemokraten den Wählern immer wieder versprochen, sich nicht mit den Linken einzulassen. Einer äußert sich auch jetzt noch aufrecht.

Jürgen Walter, der stellvertretende Fraktionschef, sagt im ZDF-„Morgenmagazin“ über eine Tolerierung durch die SED-Nachfolger: „Ich persönlich halte diesen Weg für falsch und ausgesprochen gefährlich.“ So weit Respekt. Aber anschließend erklärt der Abgeordnete Walter, wenn die SPD beschließe, Andrea Ypsilanti mit Hilfe der Linken wählen zu lassen, werde er selbstverständlich mitstimmen. Der Volksvertreter Walter, nur seinem Gewissen verpflichtet, will also seine Stimme geben für eine Entscheidung, die er „für falsch und ausgesprochen gefährlich“ hält.

Gestern hat das Allensbacher Meinungsforschungsinstitut eine Liste ver-öffentlicht, wonach nur noch sechs Prozent der Bevölkerung vor Politikern viel Achtung haben.

Auf der permanent fortgeführten Berufsprestige-Skala sinken die Politiker seit Jahren. 1972 wurden sie noch von 27 Prozent der Bevölkerung hoch geschätzt, 1991 immerhin noch von 14. Die sechs Prozent – vor dem Wortbruch der SPD erhoben – sind der bisherige Tiefpunkt.
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