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Wer ist hier das Einhorn?
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Wer ist hier das Einhorn?

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"Womöglich war das reale Vorbild eine Oryxantilope."
"Womöglich war das reale Vorbild eine Oryxantilope." © Getty

Fans des Fabelpferdes wären gerne selber eines ? mit Glitzer, Plüsch und heiler Welt.

„Bin ich ein Einhorn?“ Um diesen Internet-Test zu bestehen, muss man zum Beispiel „Einhorn-Hobbies“ erraten. Was macht das Einhorn in seiner Freizeit? „Schwimmen? Shoppen? Lernen?“ Knifflige Fragen also, weshalb das Ergebnis dann eher mäßig ausfällt: „Ok schön, du weißt, was ein Einhorn ist, und hast ganz gut abgeschnitten.“ Gibt es etwa jemanden, der nicht weiß, was ein Einhorn ist? Das inflationäre Auftreten des einst als selten geltenden Fabelwesens macht es nahezu unmöglich. Das Einhorn lauert heutzutage hinter jeder Ecke. Eine Frage ist jedoch bislang ungeklärt: Stirbt tatsächlich jedes Mal ein Einhorn, wenn ein Kind in Deutschland sich nicht anschnallt? Bis zum Beweis des Gegenteils müssen wir wohl vom Schlimmsten ausgehen.

Selbst Hildegard von Bingen, eine ausgewiesene Einhorn-Expertin, hilft in dieser Hinsicht nicht weiter. Die Universalgelehrte lebte im frühen Mittelalter. Eines jedoch wusste sie genau: „Den Mann fürchtet das Einhorn und flieht ihn (...) es folgt aber den Frauen. Daher kann es so schwer eingefangen werden.“ Klingt logisch. Frauen rennen ja auch selten mit einem Lasso durch die Gegend. Das ein oder andere Exemplar dürfte Hildegard von Bingen trotzdem untergekommen sein. In ihrem Werk „Physica. De Animalibus“ veröffentlichte sie nützliche Rezepte: „Die pulverisierte Leber ergibt mit Eigelb versehen eine Salbe, die bei regelmäßigem Gebrauch jede Art von Aussatz heilt, es sei denn, der Kranke ist für den Tod bestimmt, und Gott will nicht, dass er geheilt wird. Ein Gürtel aus der Haut des Einhorns ist Schutz gegen Pest und Fieber. Schuhe aus dem Leder des Einhorns verleihen gesunde Füße, Unterschenkel und Gelenke.“

Bereits im vierten Jahrhundert vor Christus hat Aristoteles das Einhorn beschrieben. Populär wurde es aber erst durch den „Physiologus“, ein Buch aus der Spätantike über Wundertiere. Womöglich war das reale Vorbild eine Oryxantilope, die besonders lange Hörner hat. Vielleicht war es aber auch ein Nashorn oder ein Narwal.

Heute gelten Einhörner als kitschige Sinnbilder für Toleranz, was womöglich am Regenbogen liegt, der dem Einhorn mittlerweile anhängt wie ein viel zu schwülstiges Parfüm. Einhorn-Fans verstehen sich als liebe Menschen, die ihre Heile-Welt-Fantasien mit ganz viel Glitzer ausleben wollen. Sie horten Einhorn-Plüschtiere, waschen sich mit Einhorn-Duschgel, essen Einhorn-Schokolade, und sie verwenden womöglich auch – jetzt neu bei Edeka – Einhorn-Toilettenpapier mit Zuckerwatteduft. Auch Einhorn-Pupssprays werden gern gekauft. Bei Starbucks gibt es mittlerweile einen Einhorn-Frappuccino, er ist pink, glitzert und schmeckt nach Mango. Bisher ist er jedoch nur in den USA, Kanada und Mexico erhältlich.

Doch der Zenit der Einhorn-Hysterie scheint erreicht. Kürzlich machte sich Einhorn-Kenner und Unterhaltungsforscher Sacha Szabo in einem Interview für ein neues Trendtier stark: das Faultier. „Es verkörpert ein Aufbegehren gegen die vollkommene Inanspruchnahme des Einzelnen durch eine kapitalistische Leistungsgesellschaft.“ Einhörner, zieht euch warm an!

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