laut.de-Biographie
Giant Sand
Wie viele Mitglieder die Band schon gehabt hat, ist kaum nachzuvollziehen. Hunderte. Einer jedoch ist seit der Gründung mit dabei: Gitarrist, Pianist, Songwriter und Sänger Howe Gelb.
1980 tut sich Gelb in Tucson, Arizona mit dem in Ost-Berlin geborenen Gitarristen Rainer Ptacek und dem Bassisten Dave Seeger zusammen. Giant Sandworm, wie sie sich zunächst nennen, ist die Mutter einer ganzen Reihe von Bands, die in den folgenden Jahren unter dem Begriff 'Desert Rock' bekannt werden sollen, darunter Naked Prey, Meat Puppets, Green On Red oder später Calexico.
Nach einigen glücklosen Aufnahmen löst Gelb 1984 seine erste Truppe auf und gründet mit Giant Sand die Band, die mit ständig wechselnder Besetzung und vielen Gastmusikern zu seiner Hauptkreatur anwächst. Das angegrungte, countryeske Debut "Valley of Rain" (1985) ist nur die erste einer wahren Flut an Veröffentlichungen. Zusätzlich zur mal rockigen, mal groovigen, mal akustischen Bandtätigkeit enthüllt Gelb seine melancholische und reflektive Seite unter dem Pseudonym Blacky Ranchette.
1988 stößt der eklektische Schlagzeuger John Convertino zur Gruppe, 1991 der Bassist (und Multi-Instrumentalist) Joey Burns. Beide bilden mit Gelb bis 2002 die Basis von Giant Sand. Die Veröffentlichungen bleiben weiterhin vielseitig. Auf das back-to-the-roots Album "Center Of The Universe" (1992, mit Ex-Bangles-Gitarristin Vickie Peterson) folgt das schattige "Glum" (1994), das einem ersten Major-Vertrag den Garaus macht.
Neben regelmäßigen eigenen Veröffentlichungen beschäftigt sich das Trio auch anderswo. 1997 erscheint das Album "Slush" von OP8 - nichts anderes als Giant Sand plus Sängerin Lisa Germano. Anschließend gründen Convertino und Burns Calexico, während Gelb mit Robert Plant, Ex-Sänger von Led Zeppelin, ein Benefizalbum für seinen langjährigen Freund und Giant Sandworm-Mistreiter Rainer Ptacek produziert, der kurz darauf an einem Gehirntumor stirbt. Das traurige Soloalbum "Hisser" (1998) entsteht aus dem Schmerz dieses Verlustes.
1998 finden die drei wieder zusammen und nehmen mit "Chore Of Enchantment" (2000) die Platte auf, die als ihre reifste gilt. Dank eines neuen Major-Vertrags haben sie die Möglichkeit, sich im Studio zu entfalten, doch die Verantwortlichen erachten das Ergebnis als nicht vermarktbar und verweigern die Veröffentlichung.
2001 erscheint mit "Selections Circa 1990-2000" ein Rückblick, den Gelb ohne Convertino und Burns im Vorfeld zu PJ Harveys Auftritten in Europa vorgestellt. Die Zusammenarbeit mit der englischen Musikerin setzt sich im Studio fort: Auf der eigenwilligen Coversammlung "Cover Magazine" (2002) ist sie auf "Johnny Hit And Run Pauline" zu hören, einer der Höhepunkte der Scheibe, die auch Neil Youngs "Out On The Weekend", Goldfrapps "Human" und Black Sabbaths "Iron Man" enthält.
Es handelt sich um das letzte gemeinsame Album des Trios. Convertino und Burns haben mit Calexico parallel einen Erfolg erreicht, den Giant Sand bisher nicht mal aus der Ferne gesehen haben, und machen selbstständig weiter.
In neuen Jahrtausend lebt Gelb mit seiner dänischen Ehefrau Sofie Albertsen und den gemeinsamen zwei Kindern in Aarhus und Tucson. Seine Kreativität beschneidet das Familienleben nicht, ob unter eigenem Namen, mit Kirchenchor, spanischen Klängen oder als Giant Sand, die Gelb nun mit dänischen und US-amerikanischen Musikern bestückt.
2010 erscheint zum 25. Jubiläum der Band nicht nur ein Album ("Blurry Blue Mountain"), sondern auch der gesamte Backkatalog in neu abgemischter Form. Zu der stattlichen Sammlung von 50 Platten kommen ständig neue hinzu. Es folgen ein Gipsy-Album, eine 'Country Rock Oper' namens "Tucson", für die Gelb seine Band zu 'Giant Giant Sand' aufbläst, und natürlich auch Soloalben.
Langweilig wird es Gelb offenbar nicht. Was auch für seine Auftritte gilt, ob solo oder in Begleitung. Eine Setlist ist dabei ebenso überflüssig wie eine Best Of-Zusammenstellung: er lässt sich treiben, während sein Publikum andächtig seiner tiefen Stimme und seinen schrägen Improvisationen lauscht.
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