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"Jiggi" von Jigzaw – laut.de – Album

laut.de-Kritik

Da glüht der Lörres.

Review von

Klappern gehört zum Handwerk, schon klar. Das gilt doppelt und dreifach in einem Genre, das zu nicht unerheblichem Teil von gesundem Selbstbewusstsein (lies: von der eigenen Großmäuligkeit) lebt. Wenn allerdings Anspruch und Realität allzu weit auseinanderklaffen, wird es irgendwann lächerlich. Wie bei Alpha Music Empire.

Nee, es läuft nicht wirklich rund, in Kollegahs Klitsche. Den Beweis dafür, dass er keinerlei Näschen für Talente hat, hatte der Boss, der nicht nur "Tuning für Körper und Geist" verhökern, sondern nebenher partout auch noch ein Label kommandieren will, längst geführt. Schlechter als Seyed kann sich Jigzaw kaum anstellen.

Tut er auch nicht. Er demonstriert allerdings höchst eindrucksvoll, dass es noch lange nicht genügt, zwei, drei Flowvarianten draufzuhaben, um ein Album ansatzweise spannend zu machen. Oder interessant. Oder auch nur erträglich. Das einzige, womit "Jiggi" Eindruck schindet, ist das Ausmaß der Langeweile, die es verströmt. "Die Szene wird überrollt"? Wovon denn, bitte? Vom originellen Inhalten sicherlich nicht.

Wie ungezählte andere Kleinganoven beschwört Jigzaw fortwährend die eigene Härte und Straßentauglichkeit. Die Machete, die ihn erst hinter Gitter und dann außer Landes befördert hat, erwähnt er fast so häufig wie seine Lieblingsspirituose (mit deren Hersteller Kollegah hoffentlich einen Sponsoringdeal eingetütet hat, damit sich das gebetsmühlenartige Namedropping wenigstens für irgendjemanden auszahlt).

"Die Bullen an Arsch" haben, abhauen müssen und sich am Ende erwischen und einbuchten lassen: All das hält Jigzaw offensichtlich nicht für deutliche Indizien dafür, dass ihm für eine Kriminellenkarriere eventuell Cleverness, Kontrolle und Weitblick fehlen. Nö, er missinterpretiert den Umstand, verhaftet, verknackt und ausgewiesen worden zu sein, als Anzeichen für besonders ausgeprägte Männlich- und Gefährlichkeit.

"Wir sind ein-ge-fah-ren per Eil-ver-fah-ren." Nun, ja. Wer außer "ich wurd' ohne Rap bekannt" und "ich unterschrieb mein'n Deal im Knast" keine Alleinstellungsmerkmale aufzufahren hat ... der hat halt vielleicht einfach keine. "VDZIDC" steht entsprechend für "Von der Zelle in die Charts". Dazu gibts ein bisschen Materialismus, ein bisschen Drogenverherrlichung, das übliche Geheule über falsche, weil untreue Freunde und ein paar Schablonensexismen, die so zusammenhanglos wie dämlich wirken, dass ich mich noch nicht einmal mehr darüber aufregen mag.

Den Rest der Texte füllt Jigzaw damit, alles und jeden zu ficken, wobei er sich keineswegs von heterosexuellen Normen einschränken lässt: Fick den Wärter, fick den Richter, fick das Zollamt. Fick dich, fick dein' Rücken, fick dein' Bodyguard. Fick dein Butterfly (aua!). Fick auf jedes Interview, fick die ganze Szene. Na, kein Wunder, dass er "Viagra und Red Bull" braucht.

'Ne eigene Frau (oder Freundin oder Schwester oder Mutter) scheint Jiggi nicht zu haben, weswegen er dann schnell auch noch über "deine Frau","deine Freundin", "deine Mutter" und "die Fotze von deiner Schwester" drüberjuckeln muss. Ja, da glüht der Lörres. "Keiner fickt mit unserem Label": Nach diesem Rammelmarathon ja vielleicht ganz gut, hmm? Doch Obacht: "Mein drittes Album ist schon unterwegs, ich ficke jeden."

Zusammen mit Gent demonstriert Jigzaw, dass beide außer "Fotze" wirklich gar kein Schimpfwort kennen. "FDP" steht übrigens - wer hätte das gedacht? - für "Fick dein Plädoyer".

Um keine falschen Hoffnungen zu wecken, sag' ich es sicherheitshalber dazu: "Jiggi" birgt nicht etwa Pornorap. "Jiggi" birgt ... schlicht gar nichts. Die mit Alpha Music Empire-Kapital zusammengekauften Featueregäste liefern jeweils genau das ab, was man erwartet: eine lahme Räuberpistole von Haftbefehl, Fußball-Referenzen von Celo & Abdi, autogetunetes Einerlei und Singsanghooks von Nimo oder Jazn. Am ehesten überrascht noch Alphaalpha Kollegah: Der klingt in seinem Part in "Sprudelwasser" nämlich schlicht dumm, das ist einigermaßen neu.

Gäste lassen sich offenbar kaufen, ordentlich produzierte Beats lassen sich kaufen, Kreativität dagegen nicht. Der Opener "Mindset" (dass dieser Begriff irgendwo fallen muss, stand bestimmt im Vertrag) hört sich an, als habe Jigzaw den Vorspann einer Netflix-Marvelserie, von "Daredevil" oder "Jessica Jones", gemopst und weitgehend unverändert benutzt.

In der Folge tönt dann ein Instrumental wie das andere, jeder brummelnde Bass, jede halbsinister klimpernde Spieluhr und jede orientalisch aromatisierte Melodie wie schon tausendfach anderswo gehört. Darauf, jeder Zeile ein "Rrra!", "Pah!" oder "Huh!" anzuhängen, kann Jigzaw auch kaum das Patent anmelden. "Das ist Alpha, bitch!" Echt jetzt? In dem Fall: MACH DIE TÜR ZU!!!

Trackliste

  1. 1. Mindset
  2. 2. 58069 feat. Haftbefehl
  3. 3. Jiggi
  4. 4. CR7
  5. 5. Street Legend feat. Celo & Abdi
  6. 6. Optimus Prime
  7. 7. Wir Komm' Von Unten
  8. 8. Wer feat. Nimo
  9. 9. Cocaine feat. Jazn
  10. 10. FDP feat. Gent
  11. 11. Drip Drip
  12. 12. Sirius Black
  13. 13. Jeden Tag feat. Hurricane
  14. 14. VDZIDC
  15. 15. Jägermeister
  16. 16. Sprudelwasser feat. Kollegah
  17. 17. Für Die Fam

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