laut.de-Biographie
Kaiser Chiefs
"Everyday I love you less and less / It's good to see that you've become obsessed / I got to get this message to the press / That Everyday I love you less and less." Hört sich irgendwie an, als rede da jemand über den medial begleiteten Split der Libertines. Auch der Name klingt verdächtig nach einer jungen, erfolgreichen Band aus dem britischen Kaiserreich: Kaiser? Franz? Ferdinand? Nein! Es geht hier um eine andere Band, die die Presse auf der Insel natürlich auch als das 'Next Big Thing' handelt. Und das nicht zu Unrecht.
Die Kaiser Chiefs stammen aus Leeds. Bei der Gründung im Sommer 2003 sei das erklärte Ziel gewesen, einmal beim Leeds-Festival (das nördliche Pendant zum bekannteren Reading-Festival) einen der frühen Slots zu ergattern. Darüber sind sie nicht mal zwei Jahre später mehr als hinausgewachsen.
Seit sie 15 sind, versuchen sich die Schulfreunde Nick Hodgson (Drums und Vocals), Simon Rix (Bass) und Nick "Peanut" Baines (Keyboards) gemeinsam in verschiedenen Schülerband-Konstellationen. Ricky vergnügt sich zur selben Zeit als Sänger einer Rolling Stones-Coverband. Die Jungs überlegen, ihn zu engagieren, befinden den Sänger jedoch zunächst für uncool.
Im Move On Up, dem 60s-Club in Leeds, laufen sich die vier immer wieder über den Weg. Ricky und Nick battlen sich dort in Sachen Dance-Skills. Obwohl sie später singen, "I was born to be a dancer", merken sie, dass ihre Freundschaft mehr hergibt als ihre eher schlechten Dance-Moves. Gemeinsam mit dem Gitarristen Andrew "Whitey" White gründen sie die Band Prava.
Angeblich orientieren sie sich am gerade angesagten Indie-Zeug wie Jet, den Kings Of Leon oder den Hives. Liegt ihnen dann aber doch nicht so. Als ein schon versprochener Plattenvertrag platzt, besinnen sie sich darauf, über das zu singen, was ihnen am meisten liegt: Ihren eigenen Alltag mit Geld- und Frauen-Problemen. Als musikalische Vorbilder stehen nun eher klassische Brit-Popper wie die Beatles und die Kinks bis hin zu Blur Pate. Auch der Name ändert sich: Kaiser Chiefs - nach einem südafrikanischen Fußballteam (das sich allerdings mit z im Kaizer schreibt).
Der neue Sound steht ihnen gut. Das in Nicks Zimmer produzierte "Oh My God" gelangt in die Finger der Drowned In Sound-Labels. Das bringt die Single auf den Markt und in die britischen Charts. Der nächste Output "I Predict A Riot" auf B-Unique schafft es sogar in die Top 20. Steve Lamacq, der Indie-Fritze bei Radio 1, spielt die Chiefs, der NME nimmt sie u.a. mit Bloc Party auf Tour.
Auch in den USA bekommt man Wind von den neuen britischen Hipstern. Die Alternative-Radiostationen spielen ihre Hits. Nachdem die Chiefs in England zunächst keiner haben wollte, kämpfen nun plötzlich die amerikanischen Labels um den Hot Shit. Universal hat die Nase vorne. Produzent Stephen Street (u.a. Smiths, Blur) nimmt sich der vielversprechenden Schäfchen an. Heraus kommt "Employment": Ein Album, das Hit an Hit reiht und die Insel Kopf stehen lässt.
Spätestens als Bob Geldof im Sommer 2005 an die Chiefs-Pforten klopft und die Band einlädt das Live-8-Festival in Philadelphia zu eröffnen, wird auch der Rest der Welt hellhörig.
Es folgen Ruhm, Ehre, diverse Awards und mit "Yours Truly, Angry Mob" (2007) und "Off With Their Heads" (2008) zwei weitere Alben, die den erfolgreichen Status der Combo festigen.
Nach beeindruckenden Auftritten beim Leeds- und Reading-Festival geht den Briten erstmals die Luft aus: "Wir nahmen uns ein gutes Jahr lang eine Auszeit, um den Akku wieder aufzuladen und mit frischen Ideen und Eindrücken wieder an die Arbeit mit der Band zu gehen", erinnert sich Keyboarder Nick Baines.
Das Tüfteln am neuen Album beschränkt sich nicht nur auf das Schreiben von neuen Songs, denn es geht der Band beim "Off With Their Heads"-Nachfolger um mehr, als nur um ein weiteres Album. Es dauert fast drei Jahre bis die Katze endlich aus dem Sack ist.
20 brandneue Songs stellen die Mannen um Sänger Ricky Wilson Anfang Juni 2011 auf die bandeigene Homepage, aus denen sich Fans ihre eigene 10-Track-Version des vierten Albums "The Future Is Medieval" zusammenstellen können. Das individuelle zusammengebastelte Album kann der Fan zu einem fairen Preis erwerben und sogar online weiterverkaufen. Der offzielle Handel wird mit der Standard-Version erst einige Wochen später versorgt.
Der innovative Marketing-Schachzug erntet zwar nicht überall Applaus, der Band ist das jedoch völlig egal: "Wir stehen voll und ganz hinter dem ganzen Prozess. Uns war wichtig, herauszufinden, was im Internet-Zeitalter möglich ist; und das ist beileibe noch nicht das Ende der Fahnenstange." Bei den 2012 stattfindenden Olympischen Sommerspielen treten die Chiefs während der Abschlusszeremonie in London auf. Wenig später erscheint die Compilation "Souvenir: The Singles 2004-2012", auf der auch zwei neue Songs enthalten sind.
Völlig überraschend verkündet Ende des Jahres Drummer und Hauptsongwriter Nick Hodgson seinen Ausstieg. Fortan widmet er sich verstärkt der Arbeit an den beiden Plattenlabels Chewing Gum Records sowie Birthday Records. Statt ein neues Vollmitglied einzustellen, macht die Band zunächst als Quartett weiter. Für die 2013 anstehenden Konzerte springt Club Smith-Schlagzeuger Vijay Mistry ein.
Mistry ist auch auf dem im April 2014 erscheinenden fünften Studioalbum "Education, Education, Education & War" zu hören. Dem Albumrelease folgt eine ausgedehnte Tour, inklusive mehrerer Festivaltermine. In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht die Band weitere Alben, zuletzt "Stay Together" (2016) und "Duck" (2019). Die Anzahl der Ohrwürmer sinkt, die Qualität ebenso.
Im März 2024 überrascht die Band mit "Kaiser Chiefs' Easy Eighth Album" positiv: Nicht nur die Ohrwurmrate wird wieder kräftig erhöht, auch die lyrische Britishness ganz früher Tage kehrt partiell zurück. Die Kaiser Chiefs haben wieder hörbar Lust auf die großen Festivalbühnen. Und sie sind einfach froh, noch dabei zu sein, wie Simon im laut.de-Interview ausführt: "Wenn du 20 Jahre lang in einer Band bist, gibt es auch mal schlechte Zeiten. Manchmal will man die Band verlassen. Es ist ziemlich bemerkenswert, dass wir zusammengeblieben sind, so lange schon zusammen Musik aufnehmen und veröffentlichen, die Gesellschaft der anderen genießen. Und dann realisiert man, dass man das, was man tut, liebt – und dass man weitermachen will."
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