laut.de-Biographie
Roll Deep
Man mische Elemente aus House, Garage und UK-Hip Hop, gestalte die Basslines heftiger, den Gesamteindruck um etliche Klassen dreckiger als üblich und lege das Ganze stärker auf die Bedürfnisse der MCs aus: Das Resultat erhält den Namen "Grime". Die beiden Herren, die als Vorzeigekünstler dieser ur-britischen Musikrichtung gehandelt werden, Wiley Kat und Dizzee Rascal nämlich, entstammen den Reihen derselben Ost-Londoner Crew. Es ist also keine Übertreibung zu sagen: Roll Deep haben's erfunden.
Roll Deep, die 2005 ihr preisgekröntes Debüt-Album "In At The Deep End" vorlegen, sind zu diesem Zeitpunkt bereits seit über zehn Jahren aktiv. Um Frontmann Wiley, geboren als Richard Kylea-Cowie, scharen sich schon früh die Gleichgesinnten. Man kennt sich aus der Schule oder vom Fußball, wohnt in bequemer Laufentfernung voneinander entfernt, wie Riko im Interview zu Protokoll gibt. So war es nur "eine Frage der Zeit, bis wir eine Crew gründen". Gemeinsame musikalische Einflüsse verbinden, Jungle, Hip Hop und Ragga hinterlassen ihre Spuren. Bei Roll Deep schätzt man die Produktionen der Neptunes oder MJ Coles. Von "Vorbildern" ist allerdings keine Rede, Sachverhalte wie "der Zustand der Garage-Szene" stoßen auf herzliche Gleichgültigkeit: "Wir interessieren uns nur für uns selbst und das, das wir tun", so Wiley. Insofern erweist sich Namensgebung als treffend, wird die Phrase "deep roller" doch auf Menschen angewandt, die ohne Rücksicht auf die Meinung anderer ihren eigenen Weg gehen.
Wiley selbst nennt seinen Sound Eski Beat. Seine ganz persönliche Abart des Grime enthält überdurchschnittlich viele Hip Hop-Anteile, dazu verwurstet er ungeachtet seiner Herkunft jedweden Klang, der ihm ins Gehör springt. Seine Produktionen zeigen häufig einen orientalischen Einschlag ("Ich habe eben viele Kung-Fu-Filme gesehen."), die Weltmusikabteilung avanciert zur Sample-Fundgrube.
Dizzee Rascal verlässt Roll Deep und startet eine Solo-Karriere; die Arbeit der Truppe leidet darunter nicht. Neben den DJs Maximum, Karnage und Danny Weed mischen drei Produzenten und ein ganzer Stall voll MCs mit. Der Großteil rappt seit Jahren; der Einstieg über Drum'n'Bass ist dem rasend-rollenden Stil der meisten noch deutlich anzuhören. Eine Zeit lang gibt Dom P, Danny Weeds Bruder, den einzigen richtigen Sänger der Crew. Roll Deep nehmen ihre Tracks zunächst zu Hause auf; mit wachsendem Erfolg ziehen sie schließlich ins eigene Studio um. Bei der Menge der Beteiligten ist klar, dass nie alle zur gleichen Zeit zugange sind: In aller Regel arbeitet jeweils ein Produzent mit zwei bis drei MCs an einem Track.
Die Karriere Roll Deeps ist eng mit der Londoner Radiokultur verbunden: Seit Jahren senden die Herren regelmäßig bei Rinse FM, gelegentlich auch bei Ice 88.4 FM und Flashback; die einen nennen es freies Radio, die anderen Piratensender. Nach der Veröffentlichung von "In At The Deep End" (im Juni 2005 in Großbritannien, bei uns vier Monate später) erfreuen sich die ersten Singleauskopplungen "When I'm 'Ere" und "The Avenue" allerdings auch bei kommerziellen Radio- und Fernsehsendern einer großen Beliebtheit. Roll Deep schicken als dritte Single die Mambo-lastige Nummer "Shake A Leg" ins Rennen; nach dem Cover-Artwork, das die Beteiligten als gehörnte Comic-Figuren zeigt, der letzte Beweis, dass man sich selbst keinesfalls zu ernst nehmen darf.
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