laut.de-Biographie
Yung Hurn
Swag-Rap-Provokation bleichgesichtiger Jünglinge, die x-te: Nachdem MoneyBoy 2010 den postironischen Swag aufdrehte, geht das Rap-Abendland mal wieder vermeintlich vor die Hunde. Um die Kunst des Sprechgesangs geht es nämlich in keinster Weise, wenn Medikamenten Manfred, Hustensaft Jüngling, Crack Ignaz, LGoony oder nun Yung Hurn vortragen.
Ihre Kunst steckt in der Provokation, Rap-Persona und Abschlussklassen-Realität soweit miteinander zu verwischen, bis Identität oder Haltung nicht mehr klar auszumachen sind. Die Kunst auch eines Erwin Wurm alias Yung Hurn besteht in der aus dem amerikanischen Cloud Rap adaptierten Geste, die aber nicht inhaltlich, sondern nur in der Performanz gebrochen wird.
Distinktion gewinnt der ins Deutsche übertragene Swag Rap oder Based Sound (siehe Clams Casino, Lil B), wenn Hustensaft Jüngling bewusst asynchron auf der Imbiss-Terrasse Zeilen über Bitches und Kodein ins Smartphone hustet. Oder wenn der Wiener Hurn vergleichbar nihilistische Tracks wie "Nein" und "Blablablabla" auf YouTube stellt.
Als Hurn 2015 sein Debüt-Mixtape "22" droppt, ist er laut Eigenaussage gerade einmal 15. Für viel älter hält man den Jungen aus dem 22. Wiener Bezirk Donaustadt auch nicht unbedingt: Seine NoBudget-NoFi-Clips wirken wie Momentaufnahmen aus Larry Clarks Skandalfilm "Kids" Mitte der 1990er. Sie porträtieren eine orientierungslose Jugend auf Kodein und Autotune, die dem Kunstideal des Schöpferisch-Authentischen vollkommen entsagt.
Wichtiger als Inhalt oder gekonnte Technik sind die Cloud Rap-Beats. Auch darin unterscheidet sich die lokalisierte Variante vom US-Vorbild in keinster Weise. "Eine einsame Synthiefläche wabert verträumt durch den Raum. Wummernde Kicks setzen behäbig ein und eine 808-Snare beginnt giftig zu zischen", beschreibt ein rap.de-Autor etwas hilflos die Faszination dieser Sounds.
Weniger lustig als Songs über bestimmte Wodka-Marken finden schreibende Kollegen von Noisey oder The Gap wiederum die Auflösung der Unterscheidung zwischen Künstler und Mensch. Als eine Autorin des erstgenannten Magazins im Herbst 2015 unter anderem von Yung Hurn und dessen Bekannten der Berg Money Gang in einem Onlineforum beleidigt und mit Gruppenvergewaltigung bedroht wird, sagt The Gap ein Konzert mit Hurns Beteiligung ab.
Yung Hurn ist nicht die einzige Kunstfigur des jungen Wieners, unter dem Namen K.Ronaldo schlüpft er in die Rolle seines angeblichen Bruders und veröffentlicht Musik, die noch weiter geht als die von Yung Hurn. Wahrscheinlich unter Drogeneinfluss sieht man K.Ronaldo in seinen Videos tanzen wie ein Krebs, während er simple und oft zusammenhangslose Zeilen von sich gibt. Mehr Cringe ist in Deutschland nicht zu finden.
Nach musikalischen Exkursen mit der "Love Hotel EP", einer sehr soften, verträumten Platte voller Liebeslieder, kündigt der Dadaist sein erstes Studioalbum "1220" an. 1220 steht wie schon bei "22" für seinen Wiener Bezirk und erscheint im Mai 2018.
2019 folgt das kommerziell ebenfalls sehr erfolgreiche "Y", daneben veröffentlicht er fleißig Tracks unter seinem Alter Ego K. Ronaldo. Diese für Hurns Verhältnisse recht traditionell am Hip Hop orientierte Schaffensphase endet im Dezember 2022 abrupt mit der Veröffentlichung des in alle Richtung strahlenden und verstrahlten "Crazy Horse Club Mixtape Vol. 1".
1 Kommentar
https://www.youtube.com/watch?v=HeUphUT_ljg