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Nach Rücktritt von Benny Gantz: Netanyahu löst Kriegskabinett auf

Nach dem Austritt von Benny Gantz: Netanyahu löst das Kriegskabinett auf

Künftig will der israelische Ministerpräsident für kriegswichtige Entscheidungen «Ad-hoc-Konsulationen» in kleinem Rahmen durchführen. Dabei geht es ihm auch darum, den Einfluss seiner rechtsextremen Koalitionspartner zu begrenzen.

Jonas Roth 3 min
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Hier war das Kriegskabinett noch intakt: Benjamin Netanyahu, der Verteidigungsminister Yoav Gallant und Benny Gantz (von links) treten am 28. Oktober 2023 gemeinsam an einer Pressekonferenz auf.

Hier war das Kriegskabinett noch intakt: Benjamin Netanyahu, der Verteidigungsminister Yoav Gallant und Benny Gantz (von links) treten am 28. Oktober 2023 gemeinsam an einer Pressekonferenz auf.

Abir Sultan / AP

Nach acht Monaten ist Schluss: Am Sonntagabend hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu das sogenannte Kriegskabinett aufgelöst, wie mehrere israelische Medien am Montag übereinstimmend berichteten. In dem kleinen Gremium, dem zuvor neben Netanyahu der Verteidigungsminister Yoav Gallant sowie der Oppositionspolitiker Benny Gantz angehört hatten, wurden seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober die wichtigsten Entscheidungen im Krieg getroffen – wobei das Kabinett in jüngerer Zeit nicht mehr durch grosse Entscheidungsfreudigkeit aufgefallen war.

Die Schaffung eines solchen Kriegskabinetts war im vergangenen Oktober eine der zentralen Bedingungen von Benny Gantz gewesen, um der Einheitsregierung beizutreten und seinen politischen Rivalen Netanyahu zu unterstützen. Die taktische Führung des Krieges sollte in einem kleinen Forum stattfinden, forderte Gantz – und nicht im erweiterten Sicherheitskabinett, in dem jeweils bis zu fünfzig Minister, Militärs und Berater mitreden. Der Ministerpräsident willigte ein.

Am 9. Juni jedoch hatte Benny Gantz nach langem Zögern seinen Austritt aus dem Kriegskabinett bekanntgegeben und damit auch die Einheitsregierung platzen lassen. Seither regiert wieder jene rechts-religiöse Koalition, die sich am 29. Dezember 2022 formiert hatte. Insofern ist die Auflösung des Kriegskabinetts ein logischer Schritt, zumal nur Netanyahu und sein Verteidigungsminister darin verbleiben. Viele Beobachter hatten mit diesem Entscheid gerechnet.

Die Entscheidungsprozesse bleiben gleich

Für Netanyahu spielen dabei nicht zuletzt innenpolitische Gründe eine Rolle. So will er den bereits grossen Einfluss seiner hitzköpfigen Koalitionspartner möglichst begrenzen, die offen für eine Besetzung des Gazastreifens und die Vertreibung seiner Bewohner plädieren. Kurz nach Gantz’ Rücktritt hatte etwa der rechtsextreme Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, einen Sitz in dem Gremium gefordert. Wäre Netanyahu darauf eingegangen, hätte er seinen eigenen Handlungsspielraum wohl stark eingeschränkt und gleichzeitig die Beziehung zu den USA weiter belastet.

Der Ministerpräsident ist einerseits auf die Unterstützung der Rechtsextremen angewiesen, um seine Koalition am Leben zu erhalten. Andererseits möchte er diese, so gut es geht, von den Schalthebeln der Macht fernhalten. Indem Netanyahu nun das Kriegskabinett auflöst, kann und muss er folglich auch Ben-Gvirs Forderung keine Folge leisten.

Dennoch ist der Schritt weitgehend symbolisch, konkrete Veränderungen im Entscheidungsprozess wird es vorerst wohl nicht geben. Laut israelischen Medienberichten werden Netanyahu und Gallant für kriegswichtige Entscheidungen künftig «Ad-hoc-Konsultationen mit anderen relevanten Beamten» im kleinen Rahmen – also ohne Ben-Gvir – abhalten, um sie danach wie bisher dem erweiterten Sicherheitskabinett vorzulegen. Das Vorgehen bleibt demnach gleich, einfach ohne ein formelles Kriegskabinett.

Taktische Pausen für Hilfslieferungen

Gleichzeitig scheint es in der israelischen Führung weiterhin gewisse Abstimmungsprobleme zu geben. So gab die israelische Armee am Sonntag bekannt, fortan täglich zwischen 8 und 19 Uhr eine «taktische Pause der militärischen Aktivitäten» entlang einer wichtigen Strasse im südlichen Gazastreifen einzulegen, um die Verteilung von Hilfsgütern an die palästinensische Bevölkerung zu erleichtern. Umgehend polterte Ben-Gvir, wer auch immer dies entschieden habe, sei ein Dummkopf und solle seinen Posten abgeben.

Netanyahu, der angeblich von diesen Pausen nicht gewusst hatte, soll daraufhin laut Berichten seinem Militärberater ausgerichtet haben, dies sei für ihn inakzeptabel. In der Folge habe die Armee ihm versichert, dass es keine strategischen Änderungen gegeben habe und die Kämpfe wie geplant weitergehen würden. Später teilte die Armee mit, der Entscheid stehe im Einklang mit Netanyahus Anweisung, die Hilfslieferungen für den Gazastreifen zu verbessern.

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