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ESC in Malmö: Wokeismus trifft auf islamischen Judenhass
Kommentar

Woke und antisemitisch – in Malmö haben sich die Grenzen der Toleranz gezeigt

Der Eurovision Song Contest lenkte den Blick auf eine Stadt, wo das dritte Geschlecht willkommen und Israeli unerwünscht sind. Was die Schweiz von Schweden lernen kann.

Christina Neuhaus 476 Kommentare 5 min
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Akademische Mittelstandskinder demonstrieren gemeinsam mit muslimischen Zuwanderern gegen die Teilnahme Israels an einem Musikwettbewerb.

Akademische Mittelstandskinder demonstrieren gemeinsam mit muslimischen Zuwanderern gegen die Teilnahme Israels an einem Musikwettbewerb.

Johan Nilsson / Imago

Malmö, sagt der französische Philosoph Alain Finkielkraut, sei heute eine «judenfreie Stadt». Ein Satz wie ein Schlag. Ein Satz wie aus den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts. Finkielkraut, der die Gründe für den zunehmenden Antisemitismus in Europa in seinem Buch «À la première personne» schonungslos aufzeigt, sagt, was sich viele nicht zu sagen trauen: Der Antisemitismus ist das Resultat eines als Antirassismus verstandenen Israel-Hasses, der wiederum in direktem Zusammenhang mit der Zuwanderung aus islamisch geprägten Ländern steht.

In Malmö, wo Muslime in einigen Vierteln in der Mehrheit sind, zeigt sich täglich, was der 74-jährige Franzose meint. Für Angehörige des Judentums ist es in Europa wieder gefährlich geworden. Aus Angst vor Anschlägen und Übergriffen im Umfeld des Eurovision Song Contest (ESC) forderten einige der wenigen in der Stadt verbliebenen Juden, dass Israel doch auf die Teilnahme verzichte.

Doch Israel blieb standhaft und entsandte eine 20-Jährige, die nur zwischen den Zeilen über das Trauma des 7. Oktober singen durfte. Zu politisch, befanden die Veranstalter und liessen das Lied umschreiben. Der Beitrag der Schweiz hingegen galt als unbedenklich. Dies, obwohl ihn Interpret Nemo mit einer klaren politischen Forderung verknüpfte: der offiziellen Anerkennung eines dritten Geschlechts in der Schweiz.

Tränen, als Israel ins Halbfinale kam

Wie in einem Brennglas zeigte sich am vergangenen Samstag, was Finkielkraut meint, wenn er sagt: «Nach dem Massaker vom 7. Oktober scheint es, als sei der Antisemitismus das höchste Stadium des Wokeismus.» Vor der Malmö-Arena demonstrierten Tausende gegen die Teilnahme Israels am ESC. Die portugiesische Sängerin hatte ihre Fingernägel im Muster einer Kufiya, des sogenannten Palästinensertuchs, lackiert. Die Vertreterin Griechenlands gähnte demonstrativ, als die israelische Sängerin etwas sagte, und die Vertretung Irlands gab zu Protokoll, das Team habe geweint, als es Israel in den Halbfinal geschafft habe. Am perfidesten war jedoch die Frage eines Journalisten an die Israelin, ob sie sich je überlegt habe, dass ihre Teilnahme eine Gefahr für alle anderen Teilnehmer bedeute.

Die 20-Jährige, die ihr Hotel nur unter dem Schutz der schwedischen Polizei und des Mossad verlassen konnte, reagierte souverän. So souverän, wie sie später ihr Land repräsentieren sollte, während die Zuschauer in der Halle buhten und die Israel-Hasser vor der Halle demonstrierten.

Der Antisemitismus, von dem Finkielkraut redet, zeigt sich nicht darin, dass Menschen gegen das Vorgehen der israelischen Armee in Gaza protestieren. Er zeigt sich im Umgang mit einer jungen Frau, deren Verbrechen es war, ihr Land an einem Musikwettbewerb zu vertreten. Menschen, die der Meinung sind, man spreche einer nichtbinären Person die Existenz ab, wenn man ihr gegenüber nicht die gewünschten Pronomen verwendet; Menschen, die nie eine junge Muslimin ausbuhen würden, begehen ohne Skrupel ein Hassverbrechen gegen eine Jüdin.

Schweden verfolgte jahrelang die liberalste Einwanderungspolitik Europas. Mittlerweile hat das Land eine der höchsten Mordraten Europas. Unter dem Druck der starken Zuwanderung – oft aus muslimischen Ländern – haben sich nicht nur Parallelgesellschaften gebildet, in Stockholm, Göteborg und Malmö haben kriminelle Banden und Islamisten ganze Viertel übernommen.

Auf diesem Nährboden gedieh, was man vor der Malmö-Arena beobachten konnte. Akademische Mittelstandskinder demonstrieren gemeinsam mit muslimischen Zuwanderern gegen die Teilnahme Israels an einem Musikwettbewerb. Die eine Hälfte der Demonstranten unterstützt die nonbinären Manifestationen in der Halle, die andere trägt Kopftuch. Der bereits im Koran angelegte Judenhass des Islam vereint sich mit dem als Antizionismus getarnten Antisemitismus der linksideologisch geprägten westlichen Empörungsgesellschaft.

Schweden hat mittlerweile aus seinen Fehlern gelernt. Der Wendepunkt kam 2016. Innert zwölf Monaten hatte das Land 160 000 Asylgesuche verzeichnet. Die damals regierenden Sozialdemokraten leiteten darauf einen Kurswechsel ein. Seit 2021 bekommen Asylsuchende nicht mehr automatisch eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Wer bleiben will, muss sich integrieren.

In der Schweiz wurden im vergangenen Jahr 30 000 Asylgesuche gestellt. Das entspricht etwa einem Drittel der Arbeitszuwanderung aus EU- und Efta-Ländern. Die meisten Menschen, die in die Schweiz ziehen, sind vom direktdemokratischen System überzeugt und wollen es in der helvetischen Leistungsgesellschaft zu etwas bringen. Niemand protestiert in Basel oder Zürich für die Einführung eines Kalifats, und kein Regierungsrat warnt davor, dass der Islamismus auf dem Vormarsch sei, wie dies der Innenminister von Nordrhein-Westfalen kürzlich tat.

Singt nicht mit Juden. Forscht nicht mit Juden. Kauft nicht bei Juden

Doch die Schweiz ist keine Insel. Der 15-Jährige, der Anfang April einen orthodoxen Juden mit einem Messer niederstach, wurde in den sozialen Netzwerken von Menschenfängern des IS radikalisiert. In den Schulen mehren sich Vorfälle mit Buben, die «Allahu akbar» schreien, und in Basel und Bern demonstrieren Studierende mittlerweile auch vor der Synagoge und dem Jüdischen Museum.

Protest gegen das Vorgehen Israels in Gaza ist nicht automatisch antisemitisch. Es ist ein demokratisches Recht, für einen Waffenstillstand auf die Strasse zu gehen oder vor den Toren der Universitäten gegen das Töten zu demonstrieren. Doch wer vor einer Synagoge «Kindermörder» schreit, weiss, was er tut. Auch wenn er nachher behauptet, das Ziel des Protestzugs sei die nahe gelegene US-Botschaft gewesen.

Laut Natan Scharanski, dem ehemaligen israelischen Minister für soziale Fragen, ist die Grenze zwischen legitimer Kritik und Antisemitismus dann überschritten, wenn drei Kriterien erfüllt sind: Israel wird dämonisiert, delegitimiert, oder es werden Doppel-Standards angelegt. Bei den meisten Anti-Israel-Kundgebungen fällt Scharanskis sogenannter 3-D-Test für Antisemitismus positiv aus.

In Malmö warfen die Demonstranten den ESC-Veranstaltern vor, den «israelischen Genozid zu feiern». In Lausanne wollten «Studierende und Lehrende» den Abbruch aller Zusammenarbeits- und Forschungsprojekte mit israelischen Universitäten erreichen. An der Universität Bern forderten die Organisatoren der Proteste Gleichgesinnte auf, «alle Beziehungen zu israelischen Wirtschaftsakteuren zu beenden». Singt nicht mit Juden. Forscht nicht mit Juden. Kauft nicht bei Juden.

Antisemitischer Wokeismus trifft islamischen Judenhass

Noch sind das Randerscheinungen. Gefährlich wird es dann, wenn wohlmeinende Korrekte dem Extremismus mit Verständnis begegnen. Das Schweizer Portal «Baba News», das ursprünglich Migrantinnen und Migranten eine Stimme geben wollte, ist innert weniger Wochen zu einer Drehscheibe für Israel-Hasser geworden. Die Betreiberinnen verbreiten nicht nur aggressive israelkritische Beiträge, sondern glauben offenbar an die abstrusesten Verschwörungstheorien. Dennoch gilt die Organisation als Anlaufstelle in Sachen Toleranz. Unter dem Namen Baba Academy besuchen Mitarbeiterinnen Schulen, um die Kinder für Rassismus und Hate-Speech zu sensibilisieren. Der Kanton Bern hat die Zusammenarbeit mit der Organisation mittlerweile beendet. Die Eidgenössische Fachstelle für Rassismusbekämpfung wird immer noch als Referenz angegeben.

Nicht nur Islamisten verachten aufklärerische Werte wie Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz. Auch Imperialisten, selbsternannte Antikolonialisten und verbissene Moralisten, die nur ihre eigene Meinung akzeptieren, untergraben das Fundament, auf dem die westliche Kultur steht.

In Malmö, wo antisemitischer Wokeismus auf islamischen Judenhass traf, hat man gesehen, was passiert, wenn die Vertreter des Rechtsstaats extremistischen und radikalen Entwicklungen nicht schnell und entschieden genug entgegentreten. Wer auf der falschen Seite steht oder der falschen Seite nur schon angehört, kann ohne Polizeischutz nicht mehr auf die Strasse.

476 Kommentare
B. S.

Ja, die Entwicklung ist äusserst bedenklich. Aber diese antiisraelische Stimmung ist nur die Spitze des Eisbergs. Schon Jahre zuvor gab es mehr als genügend Anlass zur Sorge, die durch verwaltungs- und justizbehördlich legalisierte illegale Immigration regelrecht befeuert wird. Ein Mix aus falsch verstandener Gutmenschhaltung und Arbeitsverweigerung. Bis anhin wollten Medien die Sorge wirklich trivial-primitiv in die rechte Ecke stellen. Die Medien haben 20 Jahre lange ihre Rolle falsch verstanden und gespielt, allen voran die von den Steuerzahlern bezahlten Staatmedien. Die treiben weiterhin ihr unheilvolles Spiel.

Wolfgang Krug

Hut ab vor dem Mut der israelischen Sängerin, Hut ab vor der Entscheidung, gegen den Widerstand der Verhetzten am Wettbewerb teilzunehmen. Wir sind nicht weit von den dreissiger Jahren in Deutschland entfernt. Aber dass sogenannte aufgeklärte Menschen sich ausgerechnet von gewalttätigen, hassgesättigten Scheinreligiösen instrumentieren lassen, ist nicht zu fassen. Natürlich ist es der alte Antisemitismus, der anscheinend immer unter der Oberfläche droht. Kläglich an den Schreiern ist, dass sie nicht einmal den Mut haben, es zuzugeben. Jetzt müssen wir Demokraten zeigen, dass unsere Humanität nicht nur Firnis ist. Den Juden unter uns müssen wir zeigen, dass wir für ihre Sicherheit einstehen. Alles andere wäre ein Armutszeugnis.