(Translated by https://www.hiragana.jp/)
Xi Jinpings Staatsbesuch in Frankreich: Eine Bilanz der Differenzen

Trotz Armagnac und Höhenluft, zwischen Frankreich und China überwiegen die Differenzen

Xi Jinping besuchte während seiner Europa-Reise Emmanuel Macron. Beide Präsidenten mussten mit ihren politischen und geostrategischen Bemühungen scheitern.

Rudolf Balmer 4 min
Drucken
Beim chinesischen Staatsbesuch in Frankreich konnten Xi Jinping und Emmanuel Macron ihre Differenzen nicht überwinden.

Beim chinesischen Staatsbesuch in Frankreich konnten Xi Jinping und Emmanuel Macron ihre Differenzen nicht überwinden.

Aurelien Morissard / Reuters

Gleich nach der Weiterreise des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping nach Belgrad und Budapest wurde in Paris Bilanz gezogen. Wie immer hatte Emmanuel Macron auf die Macht seines freundschaftlichen Charmes und seiner verbalen Überzeugungskraft vertraut, doch hatte der französische Staatspräsident nicht zu viel erwartet vom Dialog mit Xi?

Am Ende des Spitzentreffens fehlen die grossen Ankündigungen. Sowohl zur Ukraine als auch in der Streitfrage der Handelsbeziehungen machte Xi nur unverbindliche Versprechen. Macron kann wie bei früheren Treffen mit Donald Trump oder Wladimir Putin immerhin sagen, er habe es wenigstens versucht – für ein geringes Entgegenkommen habe er sein Bestes getan.

An Mahnungen und Tipps von China-Experten hatte es vor der Ankunft des von seiner Gattin Peng Liyuan begleiteten chinesischen Staatspräsidenten nicht gemangelt. In einem Punkt waren sich die Ratgeber einig: Trotz den krassen Menschenrechtsverletzungen in der Volksrepublik muss man mit dem Machthaber in Peking reden. Zum ersten Mal seit der Corona-Pandemie kam dieser nach Europa.

Xi wählte Frankreich strategisch aus

Warum hat Xi eigentlich Paris als erste Destination auf seiner Europareise gewählt? Frankreich kann mehr als alle anderen EU-Staaten als Grossmacht durchgehen. Es ist ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, besitzt eigene Atomwaffen und beansprucht für sich eine Führungsrolle in Westeuropa.

Doch die Tatsache, dass als Anlass der Visite die offizielle Anerkennung der Volksrepublik durch General de Gaulle vor sechzig Jahren genannt wurde, lässt etwas anderes vermuten: Peking setzt darauf, dass Frankreich auch weiterhin einen «dritten Weg» zwischen den Blöcken geht, statt eine uneingeschränkte Allianz mit den USA einzugehen.

Chinas strategisches Kalkül ist durchsichtig: Wegen der möglichen Wiederwahl Donald Trumps sinkt das europäische Vertrauen auf den Nato-Schutzschirm, Macron plädiert daher für eine «europäische Souveränität» in der Verteidigung und der Rüstungsindustrie. Das mag den chinesischen Staatschef hoffen lassen, dass die Distanz in den transatlantischen Beziehungen wächst und dies den Westen insgesamt schwächt. Das würde China ebenso nützen wie dessen Partner Russland.

Macron war sich dieser Interessenlage zweifellos bewusst, er hatte die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen zu einer Dreierrunde mit Xi eingeladen. Dies sollte Xi deutlich machen, dass Frankreich nicht zu irgendwelchen Separatabmachungen zu haben sei.

Eine Armagnac-Flasche gegen den Handelsstreit

Frankreich hat, der Bedeutung seines Besuchers angemessen, den roten Teppich ausgerollt: von allfälligen Demonstranten leergefegte Strassen für einen Tross mit achtzig Fahrzeugen, militärische Ehren vor dem Invalidendom, Galadiner im Élysée-Palast und ein (nicht weniger protokollarisch bis ins Detail abgestimmter) Abstecher in die Pyrenäen, wo Geschenke und ein Besuch im Bergrestaurant eines mit Macron befreundeten Wirts die Stimmung lockern sollten.

Obwohl die Präsidentengattin Peng zu den baskischen Folkloretänzen netterweise den Takt mitklopfte, blieb die Atmosphäre so kühl wie das Wetter auf dem Col du Tourmalet. Auf mehr als 2000 Metern Höhe fiel dort zur Begrüssung der Schnee. Neben sinnigerweise Wolldecken und Baskenmützen als Geschenk erhielt das Gästepaar auch eine Flasche Armagnac, die sich als Anspielung auf mögliche chinesische Strafzölle auf französische Spirituosen lesen lässt.

Ein Regenschirm gegen den Schnee: Xi besucht die Pyrenäen bei Temperaturen, die so eisig sind wie das diplomatische Klima zwischen China und Frankreich.

Ein Regenschirm gegen den Schnee: Xi besucht die Pyrenäen bei Temperaturen, die so eisig sind wie das diplomatische Klima zwischen China und Frankreich.

Aurelien Morissard / EPA

China wirft der EU vor, dass ihre Mitgliedsländer zu Dumpingpreisen Spirituosen exportierten, und hat eine Untersuchung eingeleitet. Dies wird als Antwort auf das Vorgehen der EU gesehen. Wegen der staatlichen Subventionierung von E-Autos und anderen exportstarken Industrien in China, die den europäischen Markt fluten, hatte die EU Untersuchungen gegen China aufgenommen und mit Strafzöllen und anderen Sanktionen gedroht.

Eine diplomatische Erwärmung blieb in Frankreich aus. Weder in der eisigen Höhenluft der Pyrenäen noch am Montag bei der Pressekonferenz in Paris hat Xi die Absicht erkennen lassen, seine Haltung zu Wettbewerbsfragen zu ändern.

So versicherte der Staatspräsident, es gebe in China keine industriellen «Überkapazitäten», wie die EU behaupte. Xi sagte, er wisse schlicht nicht, wovon die Rede sei. Im Gegenzug beklagte er sich über mangelnde westliche Investitionen in seinem Land, in dem das Wirtschaftswachstum erlahmt.

China bleibt an der Seite Russlands

Auch Xis Haltung zur Ukraine bleibt gleich. Zusammen mit von der Leyen hatte sich Macron gleich zu Beginn der Konferenz gewünscht, dass China in Moskau die verfügbaren «Hebel» in Bewegung setze, um den Krieg zu beenden. Xi erwiderte, China sei in diesem bedauerlichen Konflikt «neutral» und liefere dem verbündeten Russland keine Waffen. Im Übrigen wünsche er, dass man nicht wegen der Ukraine sein Land «beschmutze» oder einen «neuen kalten Krieg beginne».

China werde nicht an der von der Schweiz auf dem Bürgenstock organisierten Friedenskonferenz im Juni teilnehmen, solange der russische Machthaber nicht eingeladen sei. Gegen einen von Macron vorgeschlagenen «olympischen Waffenstillstand» im russisch-ukrainischen Konflikt für die Dauer der Sommerspiele in Paris hätte Xi immerhin nichts.

Der Besuch des chinesischen Präsidenten in Frankreich endete so illusionslos, wie er angekündigt worden war. Es wurden weder bedeutende Verträge unterzeichnet noch wirkliche Fortschritte erzielt. Auf der mageren Liste der Ergebnisse konnte Macron notieren, dass Chinas Anti-Dumping-Untersuchung gegen französische Cognac-Importe für 14 Tage ausgesetzt werde.

Mehr von Rudolf Balmer (rbp)

Weitere Themen