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Wie sich der Europa-Park auf internationalem Niveau behauptet | NZZ
Über 5,6 Mio. Personen besuchen den Europapark im Jahr – im Bild: die Achterbahn Silverstar. (Bild: Goran Basic / NZZ)

Über 5,6 Mio. Personen besuchen den Europapark im Jahr – im Bild: die Achterbahn Silverstar. (Bild: Goran Basic / NZZ)

Wie sich der Europa-Park auf internationalem Niveau behauptet

Der Europapark wird seit Generationen mit viel Engagement von der Familie Mack geführt. Es gilt, sich Tag für Tag im harten Wettbewerb zu behaupten.

Zoé Baches, Rust
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«Die Verleihung der Golden Ticket Awards ist für die Vergnügungsparkbranche das, was die Oscars für die Filmbranche sind», sagt Tim Baldwin, Sprecher der Awards aus Arlington, Texas. Die wichtigste Auszeichnung – und der Höhepunkt am Schluss der Verleihung – ist die des «besten Vergnügungsparks der Welt». Am 9. September hat der Europapark in Rust diesen Preis, vergeben im Themenpark Silver Dollar City in Missouri, nun zum fünften Mal in Folge gewonnen.

Jahr für Jahr habe sich Rust immer weiter nach oben gearbeitet, erzählt Baldwin. Im Jahr 2014 löste der Europapark dann Cedar Point in Ohio an der Spitze ab. «Die Achterbahnhauptstadt der Welt» galt bis dahin als unschlagbar. Auf Rang drei verbesserte sich der Nostalgiepark Knoebels Amusement Resort in Pennsylvania, Busch Gardens in Williamsburg platzierte sich auf Rang vier, und der von Countrystar Dolly Parton kreierte Dollywood Park in Tennessee fiel von Rang drei auf Platz fünf, wo er das Original-Disneyland aus Anaheim in Kalifornien verdrängte.

Ende der Achterbahnfahrt Poseidon. (Bild: Goran Basic / NZZ)

Ende der Achterbahnfahrt Poseidon. (Bild: Goran Basic / NZZ)

Wer Juror werden will, bewirbt sich bei Baldwin, rund 500 Auserwählte besuchen dann weltweit eine grosse Zahl von Parks. Subjektiv beurteilen sie diese in 23 Kategorien – vom besten Essen bis zum besten Dark Ride (Fahrt in einem Gebäude). Dass es sich bei der Jury um Fans handle und nicht um Leute aus der Unterhaltungsindustrie, sei der Unterschied zu anderen Preisverleihungen, sagt Baldwin. Die Mehrheit der Juroren lebt in den USA, in den Ranglisten ist die Übermacht der Parks aus Amerika erdrückend. Wie schafft es ein Freizeitpark aus dem südbadischen Hinterland, sich mit den ganz Grossen zu messen?

Als Einzige überlebt

Zahlen publiziert der komplett privat gehaltene Europapark nicht. Über 5,6 Mio. Personen besuchen den Park jährlich. Noch mehr Eintritte verzeichnet in Europa nur das Eurodisney in Paris (13,4 Mio.). Knapp die Hälfte der Besucher des Parks in Rust stammen aus Deutschland, 23% aus Frankreich und 22% aus der Schweiz. Gemessen an der Grösse ist Rust mit 95 Hektaren Fläche weltweit die Nummer zwanzig.

Familie Mack. (Bild: PD)

Familie Mack. (Bild: PD)

Roland Mack, Gründer des Parks und Gesicht des Familienunternehmens, empfängt Besucher gerne in seinem Büro, Circus Macksimus genannt. Dieses befindet sich ausserhalb des Parks im Erdgeschoss des italienischen Themenhotels Colosseo, mit einem grossen Gartensitzplatz in Richtung Piazza. Der Raum ist schummrig und ist mit schweren dunklen Möbeln und einem Karussellpferd vollgestellt. Die Welt der Vergnügungsparks ändere sich sehr rasch, sagt Mack. Noch vor dreissig Jahren habe es in ganz Europa fahrendes Volk und Schausteller gegeben. Deren Fahrzeuge seien fast alle in der Mack-Fabrik in Waldkirch hergestellt worden.

Dieser Markt sei komplett weggebrochen, die Anbieter in diesem Segment seien allesamt pleite: «Wir sind die Einzigen, die überlebt haben», sagt Mack. Vor vierzig Jahren war der Park wenig mehr als ein grosser Rummelplatz, mit einigen Bahnen und Karussellen. Heute ist er ein modernes Unternehmen mit komplexen Abläufen, das sich mit seinen Bahnen, der Hotellerie und einem Zwei-Michelin-Sterne-Restaurant, aber auch mit Kinos, Shows und eigenem Musical zum grössten Arbeitgeber der Region entwickelt hat.

Über die Rentabilität des Europaparks gibt die Familie keine Auskunft – Baustelle eines neuen Projekts. (Bild: PD)

Über die Rentabilität des Europaparks gibt die Familie keine Auskunft – Baustelle eines neuen Projekts. (Bild: PD)

Im Schnitt beschäftigt der Park über 3800 Mitarbeiter. Der jährliche Umsatz wird auf knapp 300 Mio. € geschätzt. Über die Rentabilität gibt die Familie keine Auskunft. 82% der Parkbesucher kommen wieder, und in der Hauptsaison ist es oft schwierig, ein Hotelzimmer zu bekommen. Vor dem Bau des ersten Hotels Anfang der neunziger Jahre hatte Rolands Vater Franz noch gezögert, ein so grosses Gebäude zu erstellen. Er kappte deshalb den ganzen geplanten vierten Stock des «El Andaluz». Die zusätzlichen Zimmer könnte der Park heute gut brauchen.

Alkoholverbot in Frankreich

Roland Mack betont, er sei stets «alert». Für ihn bedeutet das einen Zustand der dauernden Wachsamkeit, gar Alarmbereitschaft. Gibt es neue Trends in der Unterhaltungsindustrie? Welche Fahrerlebnisse können attraktiver gestaltet werden? Eigentlich sollte die angejahrte Flossfahrt im Afrika-Themenbereich neu gestaltet werden: Gezeigt wird eine historisch wohl korrekte, aber aus heutiger Warte rassistische weisse Sichtweise auf Schwarzafrikaner in den Kolonien. Zuerst wird aber wohl die Attraktion «Piraten von Batavia», die im Mai Opfer eines Brandes wurde, wieder aufgebaut.

Jahr für Jahr vermeldet der Europapark Besucherrekorde, die Macks haben fast alle nationalen Auszeichnungen eingeheimst. Damit kann es irgendwann vorbei sein. Um das Niveau des Gesamtpakets Europapark, das Baldwin als aussergewöhnlich lobt, halten zu können, sind die Macks und ihre Manager gezwungen, dauernd darüber nachzudenken, was man noch besser und innovativer gestalten könnte. Dass sich jedes Familienmitglied, aber auch jeder Angestellte mit dem Park identifiziert, setzt Roland Mack voraus. Das ist für die anderen wohl nicht immer ganz leicht zu erfüllen. Doch ist Mack gleichzeitig stets offen für neue Ideen und zudem bereit, seinen Kindern Freiraum für deren Ideen einzuräumen, etwa bei Mackmedia (vgl. Zusatz). Mit Michael und Thomas, die als Geschäftsführer amten, und der Tochter Ann-Kathrin ist nun die achte Generation einer Familie von Ingenieuren und Tüftlern mit am Ruder.

Hotel Santa Isabel. (Bild: PD)

Hotel Santa Isabel. (Bild: PD)

Derzeit ist kein weiterer Ableger des Parks geplant. Exemplarisch zeigen die Anfänge des Eurodisney, des Disneyland-Ablegers in Paris, die Probleme solcher «Kopien» auf. Der Entscheid des US-Managements, mitten in der Gourmetnation Frankreich nur Fast Food und keinen Alkohol anzubieten, entpuppte sich als kapitaler Fehlentscheid, der revidiert werden musste. Die Macks dagegen konzentrieren sich auf einen einzigen Park und haben damit bei allen Geschäften die absolute Kontrolle. Details dazu sind im Familienvertrag geregelt. Dieser sieht auch vor, dass täglich ein Mitglied der Mack-Familie im Park anwesend sein muss. Roland Mack saust dann jeweils im Elektromobil oder mit dem E-Bike umher, notiert Details und befragt Besucher nach ihren Eindrücken.

Nicht infrage kommt ein Börsengang wie bei Disney oder Universal. Er wäre ein schlechter Konzernchef, sagt Mack. Er denke in Generationen und nicht in Quartalen. Es sei zwar wichtig, liquide zu bleiben, doch müsse die Arbeit Freude machen und sinnvoll sein. Unternehmer sei man oder eben nicht, habe ihm sein Vater immer gesagt. Heute wisse er, dass diese Aussage stimme.

Egal, ob man mit Kindern, als Paar oder allein, als Senior oder mit der Firma anreist – es soll im Europapark für jeden etwas haben. (Bild: PD)

Egal, ob man mit Kindern, als Paar oder allein, als Senior oder mit der Firma anreist – es soll im Europapark für jeden etwas haben. (Bild: PD)

Das unbeständige Wetter

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist ausgerechnet das unbeständige mitteleuropäische Wetter. In den Parks in Kalifornien und Mexiko herrscht ewiger Sonnenschein, eigentlich ein unschlagbares Argument. Der Europapark aber nutzt explizit die Jahreszeiten. Park und Hotels präsentieren sich je Saison immer wieder anders.

Schon für Vater Franz Mack war klar: Es muss ein Park sein für alle. Egal, ob man mit Kindern, als Paar oder allein, als Senior oder mit der Firma anreist – es soll für jeden etwas haben: Achterbahnen, Shows, die Fussball-Weltmeisterschaft auf der Grossleinwand oder Wellness in den Hotels. Disney habe sich zu stark auf Familien, Six Flags zu stark auf Teenager ausgerichtet, sagt Mack, diese Parks seien quasi gefangen in ihren Zielgruppen. 2019 kommen zwei weitere Standbeine dazu. In Rufweite zum Park werden die neue Indoor-Wasserwelt «Rulantica» und das Museumshotel «Krønasår» zu Investitionskosten von 150 Mio. € eröffnet (vgl. Zusatztext).

(Bild: Goran Basic / NZZ)

(Bild: Goran Basic / NZZ)

Von Beginn weg setzten die Macks auf einen hohen künstlerischen Anspruch in der Gestaltung der Erlebnisse. Für die Hotels suchen Teams Antiquitäten und Originale aus der jeweiligen Region wie Gemälde, Dachschindeln oder Möbel. So hängt im Speisesaal des neuenglischen Themenhotels «Bell Rock» eine Original-Bordkarte der Titanic. Auch wurden nie einfach Kulissen geschaffen, jedes Gebäude erfüllt eine Funktion. Wegen der vielen «verwöhnten» französischen und Schweizer Gäste sei die Qualität beim Essen hoch, sagt eine Servicemitarbeiterin. Mack sorgt sich am meisten, wo die zusätzlichen fünfhundert Mitarbeiter für «Rulantica» und «Krønasår» rekrutiert werden sollen. Viele Schweizer dürften es nicht sein, sagt Mack mit Augenzwinkern: Der Schweizer diene nicht gern. Das für Familienfirmen grösste Problem, die Übergabe an die nächste Generation, sei für ihn hingegen keins: «Meine Kinder brennen genauso für den Park wie ich.»

Mit Mackmedia, Krønasår und Rulantica in ein neues Zeitalter

Z. B. Kein Vergnügungspark ohne Maskottchen, das war den Macks von Anfang an klar. Inspiriert von der berühmtesten Maus der Welt, wurde bald nach der Eröffnung des Parks im Jahr 1975 Ed Euromaus geboren. Die Disney-World-Betreiber zitierten Roland Mack nach Los Angeles. Ein Jurist von Disney schaute sich die Euromaus genau an und entschied, dass Ed Micky Maus nicht ähnlich sehe: Macks Maus durfte bleiben.

Wie jede ernstzunehmende Comicfigur hat sich Micky nun aber in den letzten neunzig Jahren charakterlich stark entwickelt: Aus einem ziemlich albernen Luftibus wurde ein seriöser Detektiv. Die Geschichten von ihm und seinen Freunden ziehen Kinder und Erwachsene weltweit in ihren Bann. Betritt ein Besucher irgendwo auf der Welt einen Disney-Park, wird er sofort Teil des weltbekannten Universums – ein unschätzbarer Vorteil der Marke Disney.

Noch hat Ed keine allzu ausgeprägten Charaktereigenschaften. Das dürfte sich ändern. Um die eigene Marke zu stärken und den Einstieg des Parks in die digitale Welt einzuleiten, gründete Michael Mack 2002 Mackmedia. Diese Firma dreht Image- und Werbefilme, produziert Musikvideos, Games und Spezialfilme. Konzipiert wurde aber auch die Weltneuheit Virtual-Reality-Rides. Durch das Aufsetzen von Virtual-Reality-Brillen entsteht ein neues Fahrerlebnis auf bestehenden Bahnen.

2017 brachte Mackmedia mit «Happy Family» erstmals einen Kinofilm heraus, seit kurzem gibt es nun zudem 4D-Kurzfilme mit Ed und seinen Freunden. Die Filme sind kurzweilig und gut gemacht. Es bietet sich die Chance, die noch in hölzernen Charakteren gefangenen Figuren wie den stets ängstlichen Geissbock Böckli, der in furchtbarem Schweizer-Hochdeutsch radebrecht, spannender zu gestalten.

Der Bedeutung eines ganz auf den Park zugeschnittenen eigenen Kosmos trägt das Team um Michael Mack bereits Rechnung. Es erschuf eine fiktive Welt mit den Gebrüdern Eulenstein, die sich an den Luftpionieren Wright orientieren, und dem «Adventure Club of Europe», wo Entdecker, ebenfalls an realen Ereignissen angelehnt, Geheimnisse aller Art lüften. Deren Erlebnisse werden in die Attraktionen eingebettet.

Diese Mischung aus Fiktion und Realität wird auch bei den von nordischen Sagen inspirierten Grossprojekten für 2019, dem Museumshotel Krønasår und der Wasserwelt Rulantica, umgesetzt. Laut Thomas Renner-Boh, Projektleiter Rulantica, wurde im Hotelrestaurant die reale «Wiking-Saga», das Schiff des Weltumseglers Burghard Pieske, aufgehängt. Matthias Altmann, Pre-Opening-Manager Krønasår, betont, man habe viel aus den bisherigen Erfahrungen mit Hotels gelernt. So verfügt Krønasår nur noch über ganz grosse Suiten und nicht mehr über die weniger beliebten Junior-Suiten. Sämtliche Konferenzräume sind so eingerichtet, dass Showelemente gezeigt werden können. Es gibt mehr, dafür aber kleinere Küchen als in den anderen Hotels, und die Kinderspielbereiche befinden sich allesamt innerhalb der Restaurants.