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Ein Mann, zwei Frauen – ungewöhnlicher Familienstreit in Weiden vor Gericht | Onetz


Weiden in der Oberpfalz
18.06.2024 - 18:02 Uhr
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Ein Mann, zwei Frauen – ungewöhnlicher Familienstreit in Weiden vor Gericht

Es geht um Scheinehen, Drohungen und ausgerissene Haare: Ein ebenso ungewöhnlicher wie verworrener Familienstreit beschäftigt das Landgericht Weiden. Angeklagt ist eine 37-jährige Weidenerin – die am Ende freigesprochen wird.

Die Angeklagte (links) mit ihrer Anwältin Monika Sehmsdorf im großen Sitzungssaal des Landgerichts Weiden.

Die zwei Frauen und der eine Mann. Die eine, 38 Jahre alt, ist mit ihm verheiratet. Die andere, 37 Jahre alt, war mit ihm offenbar davor zusammen, hat zwei Kinder mit ihm und war nebenbei zehn Jahre lang mit seinem Bruder – offenbar in einer Scheinehe – verheiratet. Am Dienstag sitzen sich die zwei Frauen im großen Sitzungssaal des Landgerichts Weiden gegenüber. Die 38-Jährige als Geschädigte, die 37-Jährige als Angeklagte.

Es ist ein ungewöhnlicher und auch verworrener Familienstreit, der im April 2022 ausartete und der nun vor Gericht unter Vorsitz von Richter Peter Werner verhandelt wird. Ein Polizist wird später im Zeugenstand von einem "Familienkrieg" sprechen. Der 37-Jährigen werden laut Anklage Bedrohung, fahrlässige Gefährdung im Straßenverkehr, Nötigung und Körperverletzung vorgeworfen.

Es war Gründonnerstag vor zwei Jahren, als die deutsche Angeklagte plötzlich bei der Weidener Wohnung der 38-Jährigen und des Mannes, der aus dem Kosovo stammt, auftauchte. Das Paar saß dabei im Auto, erzählt die Zeugin auf Albanisch, während der Dolmetscher übersetzt. Die Angeklagte habe mehrmals gegen das Fahrzeug geschlagen und gedroht, sie zu schlagen. Sie, die Zeugin, sei dann zur Polizei gefahren, um dort eine Anzeige aufzugeben.

"Purer Hass" in den Augen

Die Angeklagte fuhr ihr hinterher und legte dabei eine "wilde Autofahrt durch Weiden" hin, wie Oberstaatsanwalt Peter Frischholz sagt. Zeugen berichten von "riskanten Überholmanövern" – bei etwa 30 bis 40 km/h. Unter anderem habe sie ein Fahrschulauto geschnitten. Nur durch Ausweichen und Abbremsen der anderen Fahrer habe man Kollisionen verhindert. Beim Weidener Polizeigebäude kam es zu einem tätlichen Angriff. Die Angeklagte packte die 38-Jährige an den Haaren und riss einen Büschel heraus, wie ein Polizist erzählt. Der Beamte spricht auch von "purem Hass", den er im Blick der Angeklagten an diesem Tag gesehen habe.

Wie das Beziehungsdreieck der zwei Frauen und des Mannes, die alle in Weiden leben, genau ausschaut, darüber wollte keine der beiden Frauen vor Gericht sprechen. Die Angeklagte –also die Frau, die zwei Kinder mit dem Mann hat, aber mit dessen Bruder verheiratet war – äußerte sich nicht. Die Geschädigte – also die Frau, die jetzt mit dem Mann verheiratet ist – wirkte im Zeugenstand genervt, wenn es um das Thema ging. Sie wisse nicht, wo sich ihr Mann mit den zwei Kindern jeden zweiten Tag trifft, erklärt sie kurz und knapp. Sie wisse nicht, warum ihr Mann mit der Angeklagten Schluss gemacht habe. Sie wisse auch nicht, warum sie die Ex-Freundin ihres Mannes bedroht und angegriffen hat. "Das interessiert mich nicht", meint sie, um dann auf Nachfrage zu sagen, dass es vermutlich aus Eifersucht gewesen sei. Vor und nach der Tat habe es jedoch nie Probleme mit der anderen Frau gegeben. Sie möchte nur, dass die Angeklagte sie in Ruhe lässt.

Paranoide Psychose

Die Angeklagte – seit Jahren Hausfrau, davor aber Jahre als Beamte tätig – ist "seit geraumer Zeit psychisch auffällig", sagt Gutachter Dr. Bruno Rieder. Der Gerichtsarzt berichtet von mehreren Vorfällen, die auf Verfolgungswahn schließen lassen. Er diagnostiziert eine "paranoide Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis". Zum Tatzeitpunkt vor zwei Jahren sei es eine "akute Psychose" gewesen. Sie habe aus "wahnhafter Motivation, aus einer partnerschaftlichen Fehleinschätzung" gehandelt. "Die neue Partnerin des Vaters ihrer Kinder war das Feindbild", erklärt der Psychiater, der auch von einem "Feldzug gegen die Nebenbuhlerin" spricht.

Obwohl das Gericht die Anklage weitestgehend bestätigt sieht und obwohl die Angeklagte an dem Tag "außer Rand und Band" war, wie Richter Peter Werner sagt, wird die 37-jährige Weidenerin freigesprochen. Das hatten zuvor auch der Staatsanwalt und Verteidigerin Monika Sehmsdorf gefordert.

"Sie ist möglicherweise nicht schuldfähig", erklärt der Richter. Auch eine dauerhafte Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik komme nicht infrage – die Voraussetzungen seien in mehrerer Hinsicht nicht gegeben: Es habe sich weder um eine schwere Tat gehandelt, noch gebe es eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass die Angeklagte künftig schwere Taten begeht. Letzteres prognostiziert Gutachter Rieder, der aber einschränkt, dass es trotzdem denkbar sei. Die Angeklagte müsse seiner Meinung nach behandelt werden. Auch der Richter appelliert deswegen an die 37-Jährige. Bisher zeigte sie da offenbar keine Einsicht.

 

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