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Die "Schornsteine" der Milchstraße rauchen - Erster Beleg für ausströmende Gase in einem der zylindrischen Schlote unserer Galaxie - scinexx.de
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Astronomie

Die „Schornsteine“ der Milchstraße rauchen

Erster Beleg für ausströmende Gase in einem der zylindrischen Schlote unserer Galaxie

"Rauchfahne" unserer Galaxie
Diese Röntgen-Streifen zeigen an, dass hier, am oberen Ende eines der "Schornsteine " der Milchstraße, tatsächlich schnelle, heiße Gase ausströmen.© X-ray: NASA/CXC/Univ. of Chicago/S.C. Mackey et al.; Radio: NRF/SARAO/MeerKAT; Image Processing: NASA/CXC/SAO/N. Wolk

Galaktische Schlote: Erst vor wenigen Jahren haben Astronomen zwei Schornstein-ähnliche Plasmagebilde im Zentrum der Milchstraße entdeckt – jetzt belegen neue Beobachtungen, dass diese Schlote tatsächlich aktiv sind. Streifenförmige Röntgen-Emissionen zeigen, dass dort heißes Gas aus dem Umfeld des Schwarzen Lochs nach außen strömt. Dieser Ausstrom könnte erklären, wie die rätselhaften Fermiblasen entstanden sind – er könnte aber auch eine verborgene Aktivität unseres Schwarzen Lochs enthüllen.

Für unsere Augen unsichtbar, ragen gleich mehrere unsichtbare Strukturen senkrecht aus dem Zentrum unserer Galaxie ins All hinaus. Die größten sind Fermiblasen, jeweils 50.000 Lichtjahre große Blasen aus energiereicher Gamma- und Röntgenstrahlung. In ihnen rast Plasma mit der enormen Geschwindigkeit von drei Millionen Kilometern pro Stunde nach außen. Weiter innen entdeckten Astronomen im Jahr 2019 zwei rund 500 Lichtjahre hohe Zylinder, die zwei von Magnetfeldern umschlossenen Schornsteinen ähnelten.

Allerdings: „Belege für eine tatsächliche Bewegung von Plasma durch diese Schornsteine fehlten bisher“, erklären Scott Mackey von der University of Chicago und seine Kollegen. Dadurch blieb unklar, ob diese Schlote die gesuchte Verbindung zwischen dem Galaxienzentrum und den Fermiblasen bilden.

Röntgenemission im Milchstraßen-Schornstein
In der Vergrößerung sind mehrere nahezu parallel laufende Streifen verstärkter Röntgenemission zu erkennen. © NASA/CXC, Univ. of Chicago/ S.C. Mackey et al.;

Parallele Röntgenstreifen an der Schornsteinspitze

Jetzt liefert eine neue Beobachtung Klarheit: Mithilfe des NASA-Röntgenteleskops Chandra ist es Mackey und seinem Team gelungen, die Schornsteine der Milchstraße gewissermaßen „auf frischer Tat“ zu ertappen. Die Aufnahmen zeigten eine Reihe von helleren und dunkleren Röntgenstreifen, die im Inneren des südlichen Milchstraßen-Schornsteins liegen. Dabei rahmen die schmalen helleren Streifen einen breiten, wenig leuchtenden Bereich ein.

„Daraus schließen wir, dass diese Strukturen einen zylindrischen, an den Rändern hellen Tunnel markieren, der in der zentralen Achse des südlichen Schornsteins liegt“, berichten die Astronomen. Sie führen die schwächere Röntgenemission im Zentrum dieses Zylinders auf die dort geringere Plasmadichte zurück. Die hellen Streifen markiere dagegen die Ränder dieses Zylinders.

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Schneller Ausstrom und komprimierte Wände

Das Entscheidende jedoch: Die Röntgenmerkmale deuten darauf hin, dass in diesem schlotartigen Zylinder heißes Plasmagas mit hoher Geschwindigkeit nach außen rast. „Die starke Röntgenemission der Tunnelwände lässt sich auf die Schocks zurückführen, die entstehen, wenn das ausströmende Plasma auf das umgebende Gas trifft und dieses komprimiert“, erklären Mackey und sein Team. Ihren Schätzungen zufolge muss das Plasma im Schornstein mit mindestens 1.000 Kilometer pro Sekunde nach außen rasen.

Die Entdeckung im Kontext
Die neu entdeckten Röntgenstrukturen liegen an der Spitze des südlichen Milchstraßen-Schornsteins, der vom Schwarzen Loch Sagittarius A* senkrecht nach außen zu den Fermiblasen führt. © X-ray: NASA/CXC, Univ. of Chicago/S.C. Mackey et al.; Radio: NRF/SARAO/MeerKAT; Image Processing: NASA/CXC/SAO/N. Wolk

„Wir haben schon vermutet, dass heißes Gas ähnlich wie Rauch durch diese Schornsteine strömt und dass Magnetfelder als Wände fungieren“, sagt Mackey. „Jetzt haben wir eine solche Rauchfahne nahe der Spitze des Schornsteines entdeckt.“ Nach Angaben der Astronomen könnten die dabei ausströmenden Gase die Quelle der Fermiblasen und des galaktischen Windes sein: Sie leiten das bei Ausbrüchen des zentralen Schwarzen Lochs der Milchstraße freiwerdende Plasma nach außen ab, wo sich das Material dann in den beiden gigantischen Blasen sammelt.

Rauchen die galaktischen Schlote immer oder nur manchmal?

Allerdings ist noch unklar, wie stetig und oft energiereiches Plasma durch diese galaktischen Schornsteine strömt: „Wir sind uns nicht sicher, ob diese Energie und Hitze von Material stammt, das auf einmal von Sagittarius A* angesaugt wurde – ähnlich als wenn jemand einen ganzen Haufen Brennholz auf einmal ins Feuer wirft“, sagt Koautor Mark Morris von der University of California in Los Angeles. Ein solcher größerer Ausbruch fand bei Sagittarius A* zuletzt vor rund 200 Jahren statt.

Denkbar wäre aber auch, dass das energiereiche Plasma von vielen kleinen „Snacks“ des Schwarzen Lochs stammt. „Es könnte von vielen kleinen Portionen kommen, die nach und nach vom Schwarzen Loch vertilgt wurden – ähnlich wie regelmäßig nachgelegtes Brennholz“, so Morris. Das würde darauf hindeuten, dass unser zentrales Schwarzen Loch ständig aktiv ist – wenn auch in geringem Maße.

Mehr Aufschluss über die Plasmaströme in den Milchstraßen-Schornsteinen und ihre Herkunft könnten Untersuchungen mit hochauflösenden Röntgenspektrometern liefern, wie das Team erklärt. Sie könnten klären, wie schnell und stetig sich das Gas in diesen galaktischen Schloten bewegt. (The Astrophysical Journal, 2024; in press; doi: 10.48550/arXiv.2310.02892)

Quelle: Chandra X-ray Center

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